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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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sich auf dem Weg zur Schüdt befand. Sie lenkte ihre Schritte zu dem Abhang bei den Weiden, und als sie dort angekommen war, zögerte sie. Doch dann stieg sie hinab und blieb am Ufer der Pegnitz stehen.
    Das Wasser schimmerte golden im Licht der letzten Strahlen, die durch eine Lücke zwischen den Häusern hindurchschienen.
    Weit draußen, auf dem leise dahinfließenden Fluss, zogen Schwäne ihre Runden. Katharina musste sie nicht zählen.
    Es waren nur noch zwei.

28. Kapitel
    Jörg Zeuners Hand streckte sich aus und berührte die kleine Seitentür von St. Sebald, die mit einem leisen Quietschen aufschwang.
    Im Licht einer abgeschirmten Kerze betrat er das Innere des Gotteshauses. Der Geruch von Weihrauch umfing ihn. Mondlicht fiel silbern durch die oberen Fenster aus weißem Glas und tauchte den Katharinenaltar in ein unwirkliches Licht.
    Zeuner wusste, dass er unbeobachtet war. Um diese nächtliche Stunde befand sich niemand in der Kirche, das war ihm versichert worden, und dennoch zog er die Kapuze tiefer ins Gesicht. Ihm war, als blickten die Gesichter der Heiligen von ihren Altären vorwurfsvoll auf ihn herab. Er wappnete sich gegen das Gefühl von Schuld, das sie in ihm wachriefen. Der letzte Ausbruch des Wahnsinns hatte auch ihn befallen, nachdem er aus einem Brunnen am Alten Milchmarkt getrunken hatte. Als er wieder zu sich gekommen war, war er halb nackt durch die Wälder gerannt, hatte Stimmen in seinem Kopf gehört und sich weder daran erinnern können, wie er hieß, noch, wie er in die Wildnis gelangt war. Es hatte Tage gedauert – Tage, während denen er Aufnahme bei einer freundlichen Bauernfamilie gefunden hatte –, bis die Erinnerung langsam zurückgekehrt war. Und danach hatte er mehrere Wochen gebraucht, um genug Mut zu sammeln, hierherzukommen. Wochen, in denen er aus einer unheiligen Scheu heraus Nürnberg – und vor allem diese Kirche – gemieden hatte.
    Jetzt krampfte Zeuners Hand sich um den Schwertgriff, der an seiner Seite baumelte.
    Hastig schlich er an dem Taufbecken vorbei, hin zu der Tür, die hinauf in den rechten Turm über dem Westchor führte. Auch diese war offen, wie stets. Als würde eine dunkle Macht dort oben wissen, wann er kam.
    Er eilte die Stufen hinauf und erreichte atemlos eine Empore, die vor Taubendreck starrte.
    »Jörg?« Diesmal ertönte die Stimme nicht in seinem Kopf, sondern in der Dunkelheit des Turmes. Und diese Stimme kannte er nur allzu gut. Er hatte gelernt, ihr zu gehorchen.
    »Ich bin es!«, flüsterte Zeuner.
    »Hast du es dabei?« Die Gestalt des Mannes war in der Dunkelheit kaum zu erkennen.
    »Natürlich. Hier ist es.« Jörg Zeuner klopfte auf einen Beutel, der ihm von der Schulter hing. »Es war nicht ganz leicht, es zu beschaffen, aber es ist mir gelungen.«
    »Hol es hervor.«
    Zeuner griff in den Beutel und nahm ein Buch daraus hervor. »Die Schrift von Ibn an-Nafis. Pömer wird sie nicht mehr vermissen.«
    »Leg sie auf die erste Stufe.«
    Zeuner gehorchte.
    Der Mann kam ein paar Schritte herunter, und der Anblick seiner von der Finsternis halb verhüllten Gestalt ließ Zeuner an die Ereignissen in den Gängen unter der Stadt denken.
    »Gut. Und nun stell die Fragen, die dir auf der Zunge brennen.«
    Zeuner zögerte. Er konnte die Hände des Mannes sehen. Sie waren waffenlos. »Warum verbergt Ihr Euch hier oben?«, fragte er.
    »Nun, sagen wir, es ist angenehm, etwas Abstand zwischen mir und dem Irrsinn dort unten zu haben. Und die Menschen fürchten die Türmer. Hier oben bin ich ungestört.«
    »Verratet Ihr mir, was die ganzen Aufträge, die Ihr mir gabt, für eine Bewandtnis haben?« Zeuner schluckte.
    Der Mann schnaubte leise, aber er schien nicht gewillt, ihm diese Frage zu beantworten. Er schwieg.
    In Zeuner regte sich Widerspruch. »Ich denke, ich habe ein Recht darauf, es zu wissen! Schließlich habe ich Euch stets treulich geholfen!«
    »Deine Hilfe war nicht immer von Nutzen!«, schnappte der Mann. »Im Gegenteil!«
    »Von der kaputten Winde wusste ich nichts«, beeilte sich Zeuner zu versichern. »Nach meiner Kenntnis war sie repariert worden.«
    »Schon gut. Ich vergebe dir. Schließlich war ich es, der sie kaputt gemacht hat.«
    Zeuner holte tief Luft. »Ihr?«
    »Nun, irgendwie musste ich diesen aufdringlichen kleinen Kerl loswerden.« Jetzt klang der Mann fast fröhlich. »Nachdem ich seinen Herrn getötet hatte.«
    »Get...« Zeuner blieb das Wort im Hals stecken.
    Der Mann lachte. »Ich sagte doch, es ist angenehm, etwas

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