Setz dich über alles weg
Bersten
gefüllt war, kam ein langer ungelenker Herr auf das Podium gewackelt und lächelte
verlegen. Dann fragte er über den ganzen Saal weg seinen Kollegen im
Hintergrund, ob die Diapositive zur Hand seien. Es gab einen lauten Krach, dann
hörte man ein leises Fluchen, und dann sagte eine leise Stimme: »Ich glaube
schon. Ich habe sie fallen lassen, aber — «
Maggie kicherte. »Jetzt paß mal auf!
Wenn nicht seine Schwester um ihn herumflattert, ist er total hilflos.«
Auf der Leinwand erschien ein Bild:
elläF 005 — .suahneknarK seniemegllA
Der Vortragende sagte: »Dieses Bild
scheint verkehrt zu sein, Doktor!« Wieder ließ sich ein leises Fluchen
vernehmen und dann las man auf der Leinwand: Allgemeines Krankenhaus. — 500
Fälle.«
Dr. Hanson sprach in wohlgewählten
Worten und mit großer Autorität über Beckenbrüche bei alten Leuten — wie der
Schock sehr oft einen tödlichen Ausgang herbeiführe und wie sich eine solche
Wendung verhindern lasse. Wir sahen eine kleine, alte Dame mit einem
Hanson-Verband im Bett liegen, und dann hing sie drei Wochen später in einem
Rollstuhl von der Decke herab. »Dieses Bild scheint verkehrt zu sein, Doktor!«
Man sah einen alten Mann mit einem
Hanson-Verband im Bett liegen, und zwei Wochen später war der Heilungsprozeß so
weit vorgeschritten, daß er sich in einen kleinen Negerknaben verwandelt hatte.
»Das scheint ein falsches Bild zu sein, Doktor!«
Maggie und ich mußten uns anstrengen,
um nicht loszuplatzen, aber die Hunderte von Ärzten im Saal saßen auf den
Kanten ihrer Stühle und hörten hingerissen zu.
Dr. Hanson verzichtete auf weitere
Demonstrationen und schilderte die Tausende von Arbeitsstunden, die er mit
unermüdlicher Geduld auf die Heilung von Knochenbrüchen verwendet hatte. Als
wir den Saal verließen, hieß es von allen Seiten: »Das war bei Gott der beste
Vortrag, den ich seit Jahren gehört habe!«
»Warum hat dann nicht seine Frau oder
eine Schwester die Dias zurechtgelegt, damit er sie ordentlich zur Hand hat?
Eine Schweinerei, ihn gerade in einer solchen Situation im Stich zu lassen!«
Maggie schnaubte verächtlich. »Komm, mein Schatz, ich bin hungrig. Nach dem Lunch
schauen wir uns den Hirnchirurgiefilm an. Das ist doch viel aufregender als
eine Stadtrundfahrt mit den Weibern, findest du nicht auch?«
Während des Lunches plauderte sie
munter über die schöne Zeit im Krankenhaus - ja, so ein Gehirntumor, der
überrascht, einen hinterrücks wie ein Defizit im Haushaltsbudget. Sie könne
sich an eine Patientin erinnern — sie habe mir ähnlich gesehen, nur das Haar
sei röter gewesen sie sei immer nervöser geworden, und als man sie schließlich
operierte, habe man ein apfelgroßes Hemangioma gefunden. Sie würde froh sein,
wenn man endlich einmal so weit käme, daß nicht die meisten Patienten
wegblieben. Für einen Hirnchirurgen sei es schon bitter, wenn ihm so gut wie
alle Patienten stürben.
Ich wagte schüchtern zu bemerken, daß
es auch für die Patienten bitter sei, besonders wenn der Gehirntumor mit so
schrecklichen Kopfschmerzen anfange, wie sie mich gerade plagten — und sollten
wir nicht ein Stündchen an die frische Luft gehen, bevor wir uns den Film zu
Gemüte führten? Maggie machte mich energisch darauf aufmerksam, wir könnten von
Glück sagen, daß es uns gestattet sei, die wissenschaftliche Ausstellung zu
besichtigen, die meisten Nichtfachleute dürften sich nicht in die Nähe wagen.
Ich erwiderte etwas schnippisch, daß ich allmählich verstünde, warum.
Das Kämmerchen, in dem der Gehirnfilm
vorgeführt wurde, war gesteckt voll, und wir mußten uns in dem äußersten Winkel
an die Wand lehnen. Wir hatten den Anfang versäumt, in dem mitgeteilt wurde,
wer die Operation vornahm und in welchem Krankenhaus sie stattfand, und kamen
gerade dazu, als der Patient hereingefahren wurde. Es wurde bekanntgegeben, daß
er an einem Gehirntumor in der Gegend des temperosphenoiden Lobus leide und als
Folge davon seine rechte Hand gelähmt sei. Als der Chirurg die Lokalbetäubung
vornahm, rückten die chirurgischen Assistenten näher heran und sahen aufmerksam
zu. Es wurde gesagt, die Operation würde dreieinhalb bis vier Stunden dauern,
und der Patient würde die meiste Zeit schlafen. Während die Operation langsam und
behutsam vor sich ging, die Löcher in den Schädel gebohrt, der Knochen mit
einer Säge aufgeschnitten und der Tumor trockengelegt wurde, erläuterte der
Sprecher die einzelnen Phasen. Als die
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