Sexpertin in Mord
die es mir eiskalt über
den Rücken rieseln ließ. »Sie geben kein einziges Tönchen von sich, dann dürfen Sie auch weiter atmen. Ordnung?«
Ich nickte nur vorsichtig, weil
ich Angst hatte, wenn ich spräche, könnte sich dem Kloß in meinem Hals auch
noch ein Messer zugesellen. Der Italiener schloß die Tür und sah sich gründlich
um. Dann kniete er und guckte unters Bett, anschließend durchforschte er
systematisch Schrank und Badezimmer.
»Nicht hier ?« fragte der kleine Dicke.
»Nein«, meinte der Italiener.
Dann blickte er auf die Holzladentür, und mein Herz sank etwas tiefer. »Aber da
wäre ja noch der Balkon .« Seine Hand schlüpfte unters
Revers und förderte einen Revolver zutage. »Ich will mal nachschauen .«
»Keinen Ton«, sagte der Kleine
namens Marty mit seinem sanften Stimmchen. »Vergessen Sie nicht: dies ist eine
reine Privatangelegenheit .«
Der Italiener schien die
Bemerkung ulkig zu finden, denn er kicherte noch vor sich hin, als er die
Balkontür öffnete und hinaustrat. Ich wartete auf einen Schrei oder einen Schuß
oder etwas ähnlich Schreckliches, aber nichts geschah. Nach ein paar Sekunden
kam der Italiener wieder herein und schüttelte bedächtig den Kopf.
»Also«, sagte Marty und zuckte
die Schultern, »haben wir uns geirrt .« Er
konzentrierte sich wieder auf mich. »Was haben Sie vor etwa einer Viertelstunde
auf Ihrem Balkon gesucht ?«
»Ich habe frische Luft
geschnappt .« Ich schluckte krampfhaft, weil mich die
Messerspitze noch immer am Hals kitzelte. »Was hat denn das überhaupt zu
bedeuten ?«
»Nichts von Belang.« Seine
babyblauen Augen musterten mich eine Weile von oben bis unten und blieben dabei
selbst dann völlig ungerührt, als sie meine weißen Spitzen durchbohrten. »Sie
sind Touristin ?«
»Heute ist mein allererster
Urlaubstag«, beschwerte ich mich, »und wenn es überall in Rom so zugeht wie
hier, dann reise ich morgen früh mit dem ersten Flugzeug wieder ab. Erst
zwicken mich diese unflätigen Kerle den ganzen Tag, dann dringen Sie in mein
Zimmer ein und setzen mir ein Messer an die Kehle und...« Ich schwieg und
blökte nur noch ein bißchen, weil die Messerspitze etwas tiefer in meine Haut
sank.
»Sie haben uns nie im Leben
gesehen, Mädchen«, sagte er leise. »Wir waren niemals hier. Sie haben nur
schlecht geträumt, das ist alles. Merken Sie sich das, dann werden Sie am Rest
Ihres Urlaubs noch viel Spaß haben. Gönnen Sie sich jedes Vergnügen und
genießen Sie alle Freuden der Via Veneto. Aber verraten Sie irgendwem, daß wir
hier waren, dann landen Sie in einem Kanalloch .«
Ich nickte eilends. »Gern,
sicher! Ich habe nur schlecht geträumt, und wenn ich mich an Ihr Gesicht
erinnere, kann ich mir leicht ausmalen, daß es ein Alptraum war .«
»Okay.« Er klappte das Messer
so geschwind zusammen, daß es sich in Luft aufzulösen schien. »Los, Tino.«
Der Italiener öffnete die Tür,
und die beiden gingen in den Flur hinaus. Sobald sie draußen waren, schloß ich
hinter ihnen ab und rannte auf den Balkon. Mein dunkler trauriger Großer war
ganz einfach verschwunden, nirgends war eine Spur von ihm zu entdecken. Ich
brachte es über mich, hinabzublicken — schließlich konnte er ja
hinuntergesprungen sein, aber drunten auf dem Platz war alles ruhig, und aus
den Hotelfenstern im Erdgeschoß fiel Licht genug, um mir zu beweisen, daß kein
verstümmelter Leichnam auf dem Kopfsteinpflaster lag. Und dann passierte wieder
etwas ganz Verrücktes: Frank Jordans Stimme sprach zu mir, und ich dachte
schon, sie komme aus einer anderen Welt.
»Nehmen Sie Ihren
gottverdammten Absatz von meiner Hand !« sagte die
Stimme.
»Frank?« Ich sah mich nervös
um, aber ich war noch immer ganz allein auf dem Balkon. »Na denn, guten Abend
auch«, sagte ich zaghaft, »wo immer Sie sein mögen .«
»Ich stürze mich gleich vier
Stockwerke tief in diesen Brunnen«, schnarrte seine Stimme, »wenn Sie diesen
verdammten Absatz nicht von meiner Hand nehmen !«
Ich blickte abwärts und erlitt
einen fürchterlichen Schock, denn da klammerten sich weiß Gott doch zwei Hände
um die Balkonkante, und mein Absatz stand fest auf dem Rücken der einen, die
unter der Geländerquerstange herausguckte. Rasch hob ich den Fuß, und ein
tiefer Seufzer der Erleichterung war aus dem Dunkel zu vernehmen. Während ich
noch ganz zu durchschauen suchte, was eigentlich vorging, wuchs ein schwarzer
Schatten vor mir in die Höhe, im nächsten Moment schwang sich Frank Jordan
übers
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