Sexpertin in Mord
1
Ich merkte sofort, daß Rom ganz
anders war als Los Angeles, aber schließlich lag es ja in Europa, die Einwohner
waren vornehmlich Italiener und redeten alle eine fremde Sprache, die einem
jedoch recht angenehm in den Ohren klang. Ich war kaum angekommen, da begannen
mir auch schon die verrücktesten Dinge zu passieren; den ersten Schock erlitt
ich bei der Entdeckung, daß ich in Rom eine lebende Doppelgängerin besaß, und
diese Dame schien sehr weit herumgekommen zu sein. Ich konnte durch keine
Straße bummeln, ohne daß sich mindestens fünf Mann an meine Fersen hefteten,
mich in den rückwärtigsten Teil zwickten und »Bella !« sagten. Es hatte gar keinen Zweck, ihnen zu erklären: »Sie irren, mein Name ist
Mavis«, denn dann grinsten sie nur dumm — und sobald ich ihnen den Rücken
kehrte, zwickten sie schon wieder.
Nach einer Weile empfand ich
das nicht nur als störend, sondern auch als schmerzhaft. Wenn man rundherum so
gebaut ist wie ich, dann bleibt schnell keine Stelle mehr ungezwickt, und
außerdem trage ich nie einen Hüftgürtel. Und diese Entdeckung — daß ich eine
Doppelgängerin besaß, was die Straßen gefährlich für eine Dame machte, die im
Hinterkopf keine Augen hat — war wohl der Grund, daß ich mich für den Herrn zu
interessieren begann, der in meinem Hotel im Nebenzimmer wohnte.
Er war ebenfalls Amerikaner.
Das merkte ich, als wir gleichzeitig unsere Zimmer verließen und dabei
zusammenprallten: da entschuldigte er sich nämlich noch kein bißchen. Er
starrte mich nur an und ging weiter, aber mir genügte ein Blick auf ihn, und
schon spürte ich wieder jenes Zittern in den Kniekehlen. Groß war er und
schwarzhaarig und gutaussehend, und der Ausdruck seiner dunkelbraunen Augen
erinnerte an einen Cocker-Spaniel, der die Bäume vor lauter Wald nicht sieht.
Der Mann paßte genau in meine Vorstellung von einem romantischen Urlaub in
Europa, und selbst wenn sich herausgestellt hätte, daß auch er zu den Zwickern
zählte, so blieb er doch wenigstens Amerikaner, und wir konnten uns ein wenig
unterhalten, während er sich der Zwickerei hingab.
Als wir im Flur
aufeinanderprallten, war ich gerade unterwegs zu einer Tagestour, deshalb hatte
ich bis zum Abend keine Gelegenheit, ihn wiederzutreffen. Der Ausflug war recht
stumpfsinnig, weil nämlich unser Fremdenführer den ganzen heißen Tag lang
darauf bestand, uns einen Haufen alter Gebäude zu zeigen, die entweder am
Einstürzen oder schon völlige Ruinen waren. Die Italiener haben wohl keine
Ahnung, wie man Häuser baut. So ziemlich das einzige, was nicht zusammenfiel,
war eine breite Treppe, und die — na, was denken Sie wohl? — war von Spaniern
erbaut worden. Als wir wieder im Hotel anlangten, war ich ziemlich erschöpft.
Der Fremdenführer war nicht nur stumpfsinnig gewesen, sondern obendrein noch
ein Gründungsmitglied der »Vereinigten Römischen Zwicker e. V«.
Ich begab mich geradenwegs in
mein Zimmer und erholte mich in einem schönen warmen Bad. Danach zerwedelte ich
Puder und bedachte mich mit einem Tropfen meines Lieblingsparfüms Countdown, schlüpfte in BH und Höschen und zog dann mein neues Negligé an, das ganz aus
feingewebter weißer Spitze besteht und zehn Zentimeter überm Knie endet. Es war
jetzt kurz nach acht, aber ich hatte keinen Appetit aufs Dinner, weil ich zum
Lunch eine Unmenge Spaghetti vertilgt hatte, samt den üblichen Zutaten, und
viel von diesem ausländischen Wein, den sie hier Chianti nennen. Von meinem
Zimmer führten hölzerne Klapptüren auf einen winzigen Balkon; ich ging hinaus,
um die abendliche Brise mitzukriegen — und vielleicht etwas von dem Herrn
nebenan, falls er zufällig zu Hause war.
Auf dem Balkon war’s wirklich
nett. Das Hotel lag an einem quadratischen Platz, in dessen Mitte eine Fontäne
sprudelte, gegenüber befand sich eine Reihe kleiner Läden mit Wohnungen
darüber. Im Nebenzimmer brannte Licht, auch die Tür stand offen, trotzdem
konnte ich nicht hineinblicken, weil nämlich die Vorhänge fest zugezogen waren.
Während der nächsten zehn Minuten tat sich überhaupt nichts, und langsam war
ich schon enttäuscht, aber dann schob sich plötzlich etwas zwischen den
Vorhängen heraus.
Einen Augenblick lang dachte
ich, jetzt seien die Marsmenschen eingetroffen. Aber dann sah ich, daß es nur
irgend so ein komisches Teleskop war. Komisch deshalb, weil es am Ende kein
gläsernes Objektiv besaß, sondern eine Art Metallgitter.
Ein paar Sekunden später fiel
mir ein, daß
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