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Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -

Titel: Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Bernstein
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Reisen in seine Heimat Italien. Sein Foto zeigte einen sehr gut aussehenden, leicht eitel, aber freundlich dreinblickenden Mann Ende fünfzig, der irgendwo im Süden vor Weinranken saß.
    Wahrscheinlich sein kleiner Palazzo in Siena, fantasierte ich.
    Ich komme aus der Generation, für die Italiener Sonne, überschäumende Lebensfreude, Eis, Pizza und Spaghetti repräsentierten. Sie waren die ersten Gastarbeiter, die in den Fünfzigerjahren mit amore , O Sole Mio und geölten schwarzen
Locken so manchem deutschen Fräulein mit Bienenkorbfrisur und spitz gestepptem Büstenhalter unterm engen Orlonpulli den Kopf verdrehten, weil sie ihr nachpfiffen und sie so unverhohlen lüstern anstarrten, wie es kein deutscher Mann gewagt hätte.
    Wir fanden sie als Kinder faszinierend, ein bisschen wie Zigeuner oder Zirkusartisten. Jede Eisdiele, die irgendwie alle Venezia hießen, gehörte Italienern, und da ich Eisversessen war wie jedes kleine Mädchen damals, liebte ich eine Kugel Stracciatella - kein Deutscher konnte es aussprechen (und kann es immer noch nicht, wenn man genau hinhört) - mehr als jedes doofe Fürst-Pückler-Eis.
    Oh ja, ich kann mir einen Lebensabend in Italien wunderbar mit einem Mario oder Giuseppe vorstellen, wo die alte, schwarz gekleidete Großmutter Pasta kocht, wenn seine Kinder mit den Enkel-Bambini zu Besuch kommen.
    Perfekt, solange ich sonntags nicht in die Kirche muss, denke ich.
    Mit diesem nostalgischen Bonus im Hintergrund hatte ich Mario angemailt, er hatte sofort mit einer charmanten Mail geantwortet, die ein klein wenig radebrechend klang. Aber das war amüsant. Man hängt ja am Italo-Klischee. Unser Flirtprogramm hatte also offiziell begonnen.
    Mario gehören zwei Pizzerias, und er hat scheinbar viel Zeit - und verlässliche Angestellte, denn er ist viel online, wie ich sehe. Bald wagen wir den Vorstoß zum Chatten.
    »Für was interessierst du dich, Mario?«, tippe ich ein, nachdem geklärt ist, dass er als Junge mit der Familie aus Neapel nach Berlin gekommen und geblieben war. »Sex«, ist die Antwort.
    »Wer nicht?«, antworte ich.
    »Dann wir sollten uns schnell treffen«, meint er.

    »Ein bisschen zu schnell, das Ganze«, finde ich.
    »Wir nicht mehr so jung«, antwortet er nicht ohne Scharfsinn.
    Dann will er noch nebenher wissen, wie ich zu oralem Sex stünde. Ich probiere es mit dem Witz, dass ich lieber an einer Tüte italienischem Eis lecken würde.
    Er sei in der glücklichen Lage, mich mit beiden Lutschobjekten beglücken zu können, bemerkt er.
    Nach einigem Geplänkel hin und her wagen wir den nächsten Schritt.
    Telefon.
    Vorher fragte ich meine Freundin Sarah, ob man seine Handynummer denn an Fremde, die Sex wollen, herausgeben darf. Könnte theoretisch zu Problemen führen, meinte sie.
    Ich will es riskieren. Ich bin Stimmenmensch. Fiepsige, grelle und nölende Stimmen bereiten mir Pein. Mario hat eine wunderbare Stimme: laut, aber enthusiastisch, italienisch mit allem Drum und Dran, auch ein bisschen rollendes R.
    Wir verabreden uns.
     
    Wenn Frauen Männer treffen, sitzen gleich Genetik und Chemie uneingeladen mit am Tisch und entscheiden in Sekunden, ob man sich küssen und sofort ins Bett stürzen und unglaublich wilden Sex haben will und ob der Mann die richtige Veranlagung hat, gesunde Kinder zu zeugen, oder ob es ganz einfach bei einem freundlichen Glas Pino Grigio und einem Gespräch über die vielen Tiersendungen im Fernsehen bleibt. Und das Gesetz der Attraktion gilt ebenso für ältere Menschen - auch wenn die Schmetterlinge im Bauch angeblich weniger werden sollen.

    Ich bin zuerst da und sitze schon draußen mit der Straße im Auge, weil ich überpünktlich bin und es gern mag, wenn der Mann auf mich zugeht, denn dann kann ich gleich seinen Gang sehen. Er geht schnell, ist etwa einen Meter siebzig groß, eher rundlich - oder soll ich sagen kompakt? -, dabei aber nicht schwabbelig. Sein Haar ist dunkel, von Grau durchzogen und zurückgekämmt, wie es sich für einen Italiener gehört. Seine Designerjeans mit Bügelfalte sitzen unterm Bauch, sein weißes Hemd ist immerhin aus Leinen und sein knautschiges hellgelbes Jackett auch.
    »Ciao«, sagt er lässig und nimmt meine Hand, »ich bin Mario.«
    Ich mag ihn.
    Ich gucke ihn mir verstohlen an, als er mit dem Kellner ein paar Brocken Italienisch redet. Sein Hemd ist ziemlich weit geöffnet, perlgraue Haare kringeln sich auf seiner Brust. Ein Blick auf die Füße, und ich muss grinsen. Nach Playboy-Manier trägt

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