Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
Orts, und so schlenderte ich mit meiner Freundin Hannelore öfter daran vorbei.
Schon mittags hingen dort interessante, dunkelhäutige junge Männer mit hungrigen Augen herum und sippten an Camparis, während sie die vorbeigehenden Mädchen mit Brigitte-Bardot-Frisuren beobachteten.
Während deutsche Jungmänner sauber gescheitelt und solide aussahen, trugen die Südländer lässig um die Schultern geschlungene, pastellfarbige Pullover, enge schwarze Hosen und dünnsohlige schnürsenkellose Schuhe, die ganz eindeutig italienischer Herkunft waren.
Und keine Socken! War es denn möglich?
Das Campari galt als »Abschlepplatz«, aber das war mir nicht klar. Meine Naivität war vergleichbar mit der von Rotkäppchen. Ich war eine wohlerzogene Tochter aus gutem Hause, rauchte nicht und trank weder Espresso noch Campari, die zwei coolen Hauptgetränke dort. Und eines Tages wagte ich es. Ich setzte mich mit einem Glas Selters dort an einen Tisch.
Ich wollte lediglich die Atmosphäre der Freiheit atmen, in dem italienischen Café mit Terazzofußboden an einem runden
kleinen Tisch mit Metallstühlen sitzen und nicht wie eine blöde Schülerin wirken, sondern wie eine heiße Braut.
Nichts Schreckliches passierte, außer dass ich ein wenig angemacht wurde und natürlich so tat, als würde ich das nicht bemerken. Das übliche Spiel junger Mädchen damals.
Und nun sitzen hier Mario und ich, zwei ältere Menschen, gespickt mit Leben, Lieben und Erfahrungen, und holen den verlorenen Flirt der frühen Jahre nach.
Mario betrachtet geringschätzig den Latte macchiato - der Zimt, den ich draufstreue, verursacht ihm ein Schaudern.
»Wir nicht trinken in Italien so eine Zeugs.«
Ein typisch deutsches »Wir sind hier aber nicht in Italien« drängt sich auf meine Lippen, doch ich sage nur: »Ich mag’s aber.« Ich will als Frau der eigenen Entscheidungen dastehen. Er trinkt schon den zweiten Espresso, natürlich. Es ist sehr warm, die Nachmittagssonne scheint auf uns, und ich langweile mich ein bisschen. Wo ist das stimulierende sexuelle Geplänkel der Online-Unterhaltungen geblieben?
Er nimmt meine Hand.
»Hoffentlich zählt er jetzt nicht meine Altersflecke«, denke ich. Gut, dass ich wenigstens den schönen alten Brillantring meiner Oma am Finger habe, vielleicht lenkt der ab.
»Du hast schöne Hände«, bemerkt er.
Er wächst mir immer mehr ans Herz, auch wenn er vielleicht nur nicht seine Brille aufsetzen mag.
»Die könne zupacken, oder?«
Es klingt etwas anzüglich, na endlich.
»Oh ja, besonders wenn es etwas gibt, was sich zu greifen lohnt«, sage ich so neckisch wie möglich.
Meine Güte, was für ein Niveau!
Ihm gefällt’s, das spüre ich.
Er taxiert mich aus den Augenwinkeln, während ich in dem Latte rühre.
Was machst du denn so, wenn du nicht die Pizzerias beaufsichtigst?, will ich gerade fragen, denn in seinem Profil stand als Hobby: Kunst, Musik, Sport. Also da Vinci, La Traviata und Fußballgucken wahrscheinlich.
Aber sein Handy klingelt und vibriert gleichzeitig auf dem Tisch. Er macht mir ein Zeichen und nimmt den Anruf an. Ein Schwall Italienisch ergießt sich.
Mario blüht auf. Er lacht laut, mit zurückgelegtem Kopf, sein Backenzahn ist aus Gold, er wippt mit dem Stuhl, er gestikuliert mit den Händen, er haut auf den Tisch, sodass meine Tasse klappert, er fährt sich durchs Haar.
Endlich wird es italienisch! Hier ist er, mein Klischee-Italiener. Er erzählt hoffentlich nicht gerade von mir.
Ich könnte natürlich jetzt Sarah anrufen und ihr in unserem Code erzählen, wo ich bin und wie es läuft. Aber ich muss auf die Toilette und entschuldige mich.
Ich liebe bei Dates das Aufstehen und Weggehen, denn dann gucken einem die Männer ungeniert hinterher und checken alles ab, den Hintern, den Gang, die Beine. Meine lassen sich sehen, deshalb habe ich auch einen schmalen Rock an. Er sieht jetzt allerdings auch, dass ich relativ groß bin. Ich glaube, Italiener mögen keine großen Frauen, oder ist das nur Blödsinn? Sophia Loren ist nicht gerade klein und ihr Carlo Ponti war praktisch ein Zwerg, also es geht doch.
Als ich zurückkomme, unterhält er sich mit einer jüngeren Frau, die am Nebentisch sitzt und die er vorher schon angeguckt hat, wie mir einfällt. Hat er die etwa angebaggert?
Sie guckt mich an, als wüsste sie, dass Mario und ich uns online kennengelernt haben.
»Wie bist du in die Liebe?«, fragt er unvermittelt, als ich wieder sitze.
»Was?« Ich blicke ihn überrascht
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