SGK306 - Dr. Tschang Fu - Der Unheimliche kehrt zurück
Dach aber lag auf einem Querbalken ein Schlüssel. Das
wußten nur Eingeweihte. Kawasako hatte für seine Freunde und Freundinnen ein
offenes Haus. Wenn einer nachts ein Dach über dem Kopf brauchte, mußte er nur
das Versteck dieses Schlüssels kennen, und er war seiner Sorgen enthoben.
Suki holte den Schlüssel und steckte ihn ins Schloß.
Da knackte es leise, und die Tür wich quietschend zurück, noch ehe
die junge Frau den Schlüssel umgedreht hatte.
Einen Herzschlag lang stand Suki Yama wie vom Donner gerührt.
Die Tür war gar nicht abgeschlossen!
Seltsam...
Das war ihr, als sie die Klinke herabdrückte, gar nicht
aufgefallen.
Sie legte den Schlüssel wieder an Ort und Stelle zurück und ging
dann durch die Tür in den düsteren Korridor. Allerlei alte Möbel standen darin.
Kawasako hatte sie von dem Professor übernommen. Der war ein Freund von allem
gewesen, was unter den Begriff >antik< eingereiht werden konnte. Nur eine
sehr junge Freundin hatte er gehabt, wie Toshio Kawasako sie wissen ließ. Was
aus ihr geworden war, wußte kein Mensch. Seltsamerweise hatte Suki sich für das
Schicksal dieser Freundin interessiert. Sie war nach dem Tod des alten Mannes
einfach fortgegangen, und kein Mensch wußte wohin ...
Lautlos drückte die heimliche Besucherin die Tür wieder ins
Schloß.
Hier unten waren alle Zimmer dunkel.
Eine Holztreppe führte in die nächste Etage.
Obwohl Suki Yama sich äußerst vorsichtig verhielt, konnte sie das
Knacken der Stufen unter ihren Tritten nicht völlig verhindern.
Toshio Kawasako aber schien nichts zu hören. Er war sicher in eine
Arbeit derart vertieft, daß die Geräusche im Haus ihm gar nicht bewußt wurden.
Oder er hatte sich schon daran gewöhnt. In dem alten Gebälk knisterte und
knackte es gelegentlich, ohne daß es einen besonderen Grund dafür gab.
Mehr als einmal blieb Suki Yama stehen, hielt lauschend den Atem
an und rechnete damit, daß oben die Tür ging und Toshio plötzlich vor ihr
stand. Aber nichts dergleichen geschah.
Als die Besucherin oben auf der Treppe stand, sah sie den ersten
Käfer.
Er war schwarz, hatte einen länglich-ovalen Körper und lange
Fühler.
Blitzschnell huschte das Insekt davon und verschwand in einem Loch
in der Treppe.
Doch das war noch nicht alles.
Die junge Frau sah noch mehr. Seltsame sechs- und achtbeinige
Insekten, die an den Wänden und der Decke entlangkrochen. Im Halbdunkeln
beobachtete sie den gespenstischen Zug, der sich über die Grastapete bewegte.
Suki Yama fiel auf, daß die Käfer helle Köpfe hatten.
Dann fiel ein Insekt von der Decke ab, ihr direkt vor die Füße.
Die heimliche Besucherin war eigenartig berührt. Sie hatte keine
Erklärung dafür, daß soviel Ungeziefer in diesem Haus herumkroch.
Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken. Darüber hinaus war es die
Stimmung, die sie bedrückte.
Sie hatte Toshio Kawasakos Haus ganz anders in Erinnerung. Es
hatte eine ausgesprochen positive und freundliche Atmosphäre ... nun wirkte es
düster und unheilvoll.
Suki Yama fröstelte.
Bildete sie sich das alles nur ein, oder war seit dem letzten Mal
wirklich eine so drastische Veränderung erfolgt?
Sie fühlte sich nicht wohl in dieser Umgebung.
Am liebsten hätte sie nach Toshio Kawasako gerufen, aber sie
unterließ es, um doch noch zu ihrer Überraschung zu kommen.
Ein Frösteln durchlief ihren Körper, als das Rascheln der dunklen,
aneinanderschabenden Chitinpanzer noch stärker wurde.
Unwillkürlich glitten ihre Blicke über die Wände. Es schien, als
befänden sich in den Wänden Hohlräume, in denen hunderte und tausende dieser
seltsamen Käfer mit den hellen Köpfen lebten.
Der Flur war so düster, daß Suki Yama Einzelheiten nicht erkennen
konnte.
Plötzlich stolperte sie. Mitten auf dem Weg lag etwas.
Ein Körper?!
Sie gab einen spitzen Schrei von sich und wich taumelnd zurück,
als sie sah, was es war.
Genau vor ihren Füßen lag die Leiche eines kleinen, fetten Mannes.
Aus dessen Ohren und Nase quollen achtbeinige Käfer mit hellen Köpfen ...
Ihr Denken setzte aus.
Sie handelte nur noch.
Suki Yama warf sich herum, stolperte und fiel zu Boden. Mehrere
Käfer krabbelten über ihre Hände, dann die Arme empor, erreichten Hals und
Gesicht.
Schreiend schlug die Frau um sich.
»Toshiooo !« brüllte sie wie von Sinnen.
Sie rollte sich über den Boden, um die zahlreichen, über sie
hinwegkriechenden Insekten zu zerdrücken. Sie hörte die knackenden
Chitinpanzer.
Suki Yama begriff
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