Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)
Mark.
»Mir ist nur ein wenig warm.« Mina hob ihren weißen Steingutbecher und nippte an ihrer Limonade. »Davon abgesehen geht es mir sehr gut. Nicht einmal einen blauen Fleck habe ich. Lord Alexander ist ein hervorragender Ballonfahrer. Ich kann seine fliegerischen Fähigkeiten nur jedem empfehlen.«
Astrid kam näher und wirbelte ihren Schläger in der Hand. »Miss Limpett, wir haben Lord Kilmartin gerade an eine Nachmittagsverabredung verloren und brauchen einen vierten Spieler. Hätten Sie vielleicht Lust?«
Mina war überrascht und erfreut. »Ja, natürlich.«
Ihr und Marks Blick trafen sich ein weiteres Mal, als sie aufstand und ihre Cousine zurück zu dem Netz begleitete, das zwischen zwei Bambuspfählen aufgespannt war. Inzwischen begann der Diener, die Reste des Picknicks abzuräumen. Nachdem er alles in dem letzten offenen Korb verstaut hatte, brachte er die Körbe zurück zur Kutsche.
»Lord Alexander«, sagte Lucinda.
»Lady Trafford.«
»Mark.«
»Lucinda.«
Sie ließ ihren Sonnenschirm unentwegt kreiseln. »Wir haben unsere Nichte außerordentlich lieb gewonnen.«
Er hatte gewusst, dass dieses Gespräch kommen würde, und seufzte. »Ich kann verstehen, warum. Sie ist eine bemerkenswerte junge Frau.«
Ihre Brauen zogen sich zusammen, und ihre Lippen zuckten, als hätte er sie mit diesem schlichten Kompliment für eine andere Frau verletzt.
»Mir gefällt dieses Spiel nicht.«
»Welches Spiel, Lucinda?«, fragte er leise. »Das einzige Spiel, von dem ich weiß, findet gleich dort drüben auf dem Rasen statt.«
Selbst jetzt, mitten in diesem lächerlichen Gespräch, konnte er den Blick nicht von Mina abwenden. Nicht von der liebreizenden Wölbung ihrer Wange oder ihrem ranken Hals. Nicht von ihrer schlanken Taille, ihren fließenden Bewegungen. Ihr Kuss hatte sein Interesse erst recht entflammt. Ja, er wollte ihren Vater wegen seiner Schriftrollen. Aber er konnte nicht leugnen, dass er auch Mina Limpett wollte. Und er würde sie bekommen. Solange er wollte.
»Es ist ganz klar, was Sie zu tun versuchen«, sagte Lucinda.
»Und das wäre?«
»Sie wollen mich eifersüchtig auf meine Nichte machen.« Ihr Schirmchen drehte sich schneller. »Die Idee ist lachhaft.«
»Besonders lachhaft, da ich ganz und gar nicht versuche, Sie eifersüchtig zu machen.«
»Was war dann das? Die Ballonfahrt? Einfach über unsere Köpfe zu fliegen und dann irgendwo zu landen, wo wir Sie nicht sehen konnten? Ganz offensichtlich ein Affront.«
»Ich habe keine Kontrolle über die Naturgewalten.« Eine wahre Aussage, sehr zu seiner Bestürzung, obwohl er eingestehen musste, bis zu einem gewissen Grad den Korb manipuliert zu haben.
Sie zischte: »Sie sind ein Lüstling.«
Er antwortete gelassen: »Ich wüsste nicht, was daran auszusetzen ist, Miss Limpett aufzumuntern. Sie hat drei sehr düstere Monate hinter sich, mit dem Wissen aller Einzelheiten über den Tod ihres Vaters. Ich war mit ihrem Vater durch seine Forschungsvorhaben bekannt. Was kann es schaden, wenn ich ihr eine schickliche halbe Stunde der Ablenkung biete?«
»Ihr Haar war zerzaust, als wir Ihnen dort auf dem Rasen entgegengekommen sind. Sie hat dieses heimliche kleine Lächeln gelächelt, das nur Frauen lächeln. Sind Sie sich sicher, dass Fliegen die einzige Ablenkung war, die sie ihr in diesem Ballon verschafft haben?«
Ihre Worte erzürnten ihn unerwarteterweise. Sie waren ein Echo jener Worte, die Leeson an diesem Morgen gesprochen hatte. Lord Alexander, der gewissenlose Verführer ? War er zu einer solchen Karikatur von einem Mann geworden?
In diesem Moment begriff er, dass es stimmte. Ihre Anschuldigung war im Kern wahr. Es war seine Absicht gewesen, Miss Limpett in dem Ballon so weit wie möglich zu verführen. Selbst jetzt grübelte er darüber nach, wie er sie bekommen konnte. Sie behalten konnte. So lange, wie es ihm gefiel.
»Ich versichere Ihnen, meine Absichten gegenüber Miss Limpett sind ehrenhaft und aufrichtig.«
Er schwor, dass es die Wahrheit war, zumindest soweit das in seiner Macht lag. Außerdem – auch wenn er Mina mit der Absicht manipuliert hatte, seinen eigenen Geist und seine Seele zu retten, würde er es ihr zehnfach vergelten, selbst wenn es bedeutete, dass er ihr einen Palast erbauen musste, der prächtiger war als der der Königin.
Tausende von Frauen würden alles für eine solche Ehre geben.
»Aber mir gegenüber waren Ihre Absichten nicht aufrichtig oder ehrenhaft, nicht wahr, Mark?«, klagte sie ihn
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