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Die Lanze des Herrn

Die Lanze des Herrn

Titel: Die Lanze des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaud Delalande
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Prolog
    Djebel Katharina, 2006
    Der Soldat neben Judith half ihr, eine kugelsichere Weste anzulegen. Unter dem wattierten blauen Kleidungsstück verschwand das kleine silberne Kruzifix, das sie um den Hals trug. Ein anderer Soldat setzte ihr Kopfhörer auf und befestigte ein Mikrofon an ihrer Brust. Sie wäre beinahe erschrocken aufgefahren, als sie es rauschen hörte wie in einem kaputten Radio. Es war der Rückkoppelungseffekt, dann wurde der Ton langsam klarer. Jetzt hörte sie deutlich eine Stimme. »One, two, three. One, two, three. Hören Sie mich?« Sie nickte, plötzlich sehr blass geworden. Was machte sie bloß hier in der Wüste, auf diesem Plateau am Rande eines Geröllfeldes, das so aussah, als würde es sich jeden Moment über sie ergießen und für immer und ewig begraben? Doch sie träumte nicht, alles war Wirklichkeit. Ein Soldat hielt ihr einen Helm hin. Sie nahm ihn, bemüht, das Zittern ihrer Hände unter Kontrolle zu bringen. Ohne von ihrer Angst Notiz zu nehmen, half er ihr, den Helm aufzusetzen und den Riemen unter dem Kinn zu befestigen. Sie sagte sich, dass sie in diesem Aufzug ganz schön lächerlich aussehen musste. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Man sage mir, dass ich träume, dass ich gleich die Augen aufmache und in meinem Bett liege, dachte sie.
    Das geschäftige Treiben um sie herum kam ihr plötzlich völlig unwirklich vor. Schwankend drehte sie sich um ihre eigene Achse. Die Truppen überprüften ihre Ausrüstung. Einer der Elitesoldaten hatte gerade seine beiden Revolver in der Hand, Glock 26, neun Millimeter, Halbautomatik mit je zwölf Schuss. Dann ließ er sie in die Halfter auf beiden Hüften gleiten. Scharfschützen und Soldaten ägyptischer Sondereinheiten stiegen mit Faustwaffen und Sturmgewehren bestückt etwas weiter unten aus ihren Jeeps.
    Eine warme Bö bestätigte Judith, dass sie sehr wohl hellwach war. Sie wollte protestieren, als sie fühlte, wie ihr jemand unsanft einen Gürtel um die Taille legte. Sie ließ ihren Blick über die Berge schweifen, die braunen und orangefarbenen zerklüfteten Gipfel vor dem blauen Himmel. Da tauchte plötzlich einer der Verantwortlichen der Operation, die passenderweise »Act of God« genannt worden war, vor ihr auf. Der Hauptmann, um die fünfzig, mit mattem Teint und rasiertem Schädel, sah sie durchdringend an. Er überzeugte sich, dass ihr Gürtel und ihre Weste richtig saßen, und hielt ihr anschließend einen Revolver hin.
    Judith traten fast die Augen aus dem Kopf. Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Er sagte in einfachem Englisch:
    »For your own safety! Sie werden zwar das Gelände nicht betreten, solange es nicht in unserer Hand ist. Sie bleiben schön hier oben, wo Sie geschützt sind, und warten, bis wir Ihnen grünes Licht geben. Aber man kann nie wissen. Es wird ganz schön hoch hergehen, Schwester. Und mir ist der Gedanke lieber, dass Sie sich verteidigen können, selbst wenn Sie fünfhundert Meter vom Geschehen entfernt sind. Wie gesagt, wir geben Ihnen ein Zeichen, wenn der Weg frei ist!«
    Judith hätte ihm gern erklärt, dass sie ebenso wenig Nonne war wie er Mönch. Doch es war eindeutig weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt. Der Hauptmann wusste, dass sie vom Vatikan entsandt worden war, und somit war sie für ihn automatisch eine Nonne. Er zeigte ihr, wie man die Waffe entsicherte, lud und abfeuerte. Sie begann zu zittern. Als er sah, dass sie nicht in der Lage war, die Pistole richtig in die Hand zu nehmen, schob er sie in den Halfter ihres Gürtels, ohne sie groß zu fragen. Dann sagte er:
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Wir haben Erfahrung mit solchen Operationen.«
    Act of God, ging es ihr durch den Sinn.
    Nicht weit von ihr wurden die Waffen für den Angriff von einem Militärlastwagen geladen. Judith lief ein Schauer über den Rücken. Schweiß stand ihr auf der Stirn. Sie hatte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen. Der Hauptmann erteilte inzwischen den Soldaten Befehle. Kleine Trupps schwärmten aus, Feldstecher in der Hand, und nahmen ihre Positionen ein, auf dem Nachbarfelsen oberhalb des kleinen Palmenhains oder auf dem Hügelkamm, von wo aus ihr Einsatzort sichtbar war. Der Rest der Truppe ging noch einmal die verschiedenen Etappen der Erstürmung durch. Judith saß unverändert bleich und schwindelig da, als der Hauptmann erneut zu ihr trat und sie aufforderte, alles, was sie dabeihatte, in den schlichten Pappkarton zu legen, den er ihr hinhielt.
    Sie nahm ihr Silberkreuz

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