Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)
anderes ihren Platz einnimmt. Ich habe nur Zeit, bis die nächste Energiewelle über London hinweggeht, um zu versuchen, irgendetwas herauszufinden. Ich kann nicht voraussagen, in welchem Zustand ich anschließend sein werde.«
Sie nickte. »Wir beginnen beim Telegrafenamt. Ich kenne eine Handvoll sehr enger Bekannter meines Vaters. Kontakte, die er braucht, um von einem Land ins nächste zu reisen. Geografisch sind sie so weit von London und seiner Gesellschaft entfernt, dass ich bezweifle, dass sie von seinem angeblichen Tod gehört haben.«
»Gut.« Er beugte sich vor, um ihr einen Kuss auf die Schulter zu hauchen. »Ich habe eine Frage an dich.«
»Ja?«
Mark verzog die Lippen. Er wirkte leicht beschämt. »Wer war dieser Mann draußen vor dem Haus der Traffords?«
»Welcher Mann?« Sie drehte sich von ihm weg und tat so, als betrachte sie die Auswahl an Marmeladen.
»Der auf den Stufen, als wir gestern das Haus der Traffords verließen.« Er strich eine Strähne ihres Haars nach hinten. »Hochgewachsen. Dunkelhaarig.«
Er zog an der Strähne, eine neckende, stetige Anspannung, bis sie den Kopf in den Nacken legte. Er gab ihr einen Kuss auf die Nase.
Sie lächelte reumütig. »Ich kann nichts vor dir verbergen, nicht wahr?«
»Nein. Also spare dir die Mühe, es zu versuchen.«
Sie presste die Lippen aufeinander. »Er heißt Leutnant Philander Maskelyne. Ich habe ihn gestern Nacht erwähnt. Erinnerst du dich? Bevor du mir gesagt hast, du wärst des Redens müde.«
»Er ist der englische Führer, den dein Vater für die Tibet-Expedition eingestellt hat.«
Sie nippte an ihrer Tasse, schluckte und leckte sich die Unterlippe. »Er ist ein Abenteurer. Ein sehr bekannter Bergsteiger. Und ja. Als ich ihn das letzte Mal sah« – sie schenkte ihm ein hoffnungsvolles Lächeln –, »war er mit meinem Vater zusammen.«
Mark blinzelte. »Es besteht also eine Chance, dass dieser Leutnant weiß, wo der Professor steckt.«
Sie nickte. »Entweder haben sie sich getrennt, oder mein Vater ist ebenfalls hier in London.«
»Also schön.« Marks Nasenflügel bebten. »Wo können wir diesen Leutnant Maskelyne finden?«
Sie stellte ihre Tasse auf das Tablett.
»Das ist das Problem«, flüsterte sie und umfasste seinen Arm. »Ich habe keine Ahnung. Ich habe solche Angst, dass ich alles verdorben habe. Gestern hat mich sein Erscheinen auf der Treppe überrascht. Ich wollte nicht, dass du von ihm erfährst. Gestern Morgen war zwischen uns alles anders. Ich wollte ihn selbst finden und sehen, was er über den Aufenthaltsort meines Vaters weiß. Also – jetzt ist er irgendwo da draußen in dieser riesigen Stadt, und ich habe keine Ahnung, wo. Es tut mir so leid, Mark. Ich vermute, dass er versuchen wird, mit mir in Verbindung zu treten, ich weiß nur nicht, wann.«
Mark nickte. »Ist schon gut. Wir werden ihn finden.«
»Aber wie viel Zeit bleibt uns eigentlich? Wie lange hast du, bis du … nun … bis du …«
»Zu einem rasenden Dämon wirst, der darauf erpicht ist, die Menschheit zu vernichten?«
Erschütterung stand in ihrem Gesicht. »Sag das nicht so.«
Mark brach den Stiel einer dicken rosafarbenen Rose aus einem Arrangement ab. »Aufgrund meiner Erfahrung mit der Regelmäßigkeit von früheren krakatauischen Wellen würde ich sagen, ungefähr eine Woche. Vielleicht zwei, wenn ich Glück habe.«
»Und was dann?«
»Dann … wirst du mich nicht mehr sehen.«
»Wohin wirst du gehen?«
Mark steckte die Rose hinter ihr Ohr. »Mich meiner Attentäterin stellen.«
Sie schnappte nach Luft. »Deiner Attentäterin?«
Er zuckte die Achseln, als sei seine Offenbarung unbedeutend. »So ist das eben, Mina. Die Schattenwächter werden nicht zulassen, dass ich zu einer wahren Bedrohung für sie werde. Sie werden mich vorher vernichten. Und ich werde es zulassen.«
»Oh, Mark, nein.«
Er betrachtete die Blumen, dann die Kaffeekanne. »Ich will, dass du weißt … für dich ist gesorgt. Wenn das Ganze für mich nicht gut endet, wirst du dennoch von dieser kurzen Ehe profitieren. Du wirst die wohlhabendste Witwe in England sein und in der Lage, deine eigenen Entscheidungen zu treffen.«
»Es gefällt mir, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, aber ich habe nicht den Wunsch, die wohlhabendste Witwe in England zu werden. Ich will nicht, dass du stirbst.«
»Es ist alles Teil des Risikos, das ich auf mich genommen habe, als ich mich zu der Transzendierung entschieden habe, Mina. Ich wusste um die Gefahr. Aber du
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