Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
wenig schwierig werden, jemals wieder einem Menschen etwas anzutun, denn schließlich war er tot.
Nachdem sie Sonja eröffnet hatte, was mit ihm geschehen war, war diese trotzdem bei ihrer Aussage geblieben. Becca hätte gern geglaubt, dass sie doch aufgrund von irgendwelchen Schuldgefühlen, die sie plagten, bei der Wahrheit blieb. Doch inzwischen war sie viel zu zynisch, um davon noch überzeugt zu sein. Sonja hatte bereitwillig an ihrer eigenen Zerstörung mitgewirkt. Reue war nicht erforderlich. Vielleicht war ihr normales Leben ja so schrecklich, dass ihr ein Leben im Gefängnis geradezu erstrebenswert erschien.
Die Kette mit dem kleinen goldenen Herzen hatte sich Sonja selbst gekauft. Sie hatte ihr den Namen des Juweliers genannt, und der Verkaufsbeleg, der sich noch in dessen Archiv befunden hatte, hatte dem Puzzle ein weiteres Teil hinzugefügt.
Isabel hatte die Kette bei dem Streit von Sonjas Hals gerissen. Sam Hastings von der Spurensicherung hatte inzwischen bestätigt, dass ein Glied der Kette durchgebrochen war. Deshalb hatten sie das Schmuckstück nicht am Hals des Skelettes, sondern ein Stück von ihm entfernt auf dem Fußboden entdeckt.
So viel von Sonjas Story drehte sich um Brogan, wahrscheinlich aber war das nur eine Entschuldigung, wahrscheinlich hatte er ihre Selbstzerstörung nur beschleunigt, nicht aber wirklich ausgelöst. Nach all den Jahren hatte sie ihn in der Hoffnung kontaktiert, die Beziehung zu neuem Leben zu erwecken, die vor so langer Zeit erloschen war. Als sie erkennen musste, dass er längst einen endgültigen Schlussstrich unter ihr Verhältnis gezogen hatte, hatte sie ihn aus Rache und um sich endgültig von ihm zu befreien, des Mordes an Isabel bezichtigt. Sie hatte gedacht, die Polizei nähme ihr die Geschichte ab. Denn schließlich passte Brogan viel besser zum Profil des Killers als sie selbst.
Aber der Bastard war wieder einmal davongekommen. Er hatte einfach sein Leben ausgehaucht.
War Sonja eine kaltblütige Mörderin und pathologische Lügnerin oder einfach eine kranke, gebrochene junge Frau? Das würden die Psychologen und die Gerichte beurteilen. Obwohl es in Texas für ein Plädoyer auf Unzurechnungsfähigkeit kaum Erfolgsaussichten gab.
Becca wollte nur das Leben von Isabel Marquez rehabilitieren.
Den Rest überließ sie gerne einer höheren Instanz.
Riverwalk
Innenstadt San Antonio, 22.00 Uhr
Becca ließ Diego in ihrer Wohnung wohnen, während sie bei ihrer Mutter und bei Dani war. Seine elegante Bleibe auf dem Cavanaughschen Anwesen musste er räumen, doch das hatte er sehr gern getan. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, dass er es verabscheut hatte, dort zu leben, selbst wenn der arrogante Cavanaugh nicht in der Nähe war.
Er zog ein bescheideneres Leben vor. Das Leben in dem winzigen Apartment unten am Fluss könnte kaum bescheidener sein.
Becca stand in ihrer Küche und schenkte Diego einen Schluck Weißwein nach. Sie hatte darauf bestanden, dass dieses Mal sie das Kochen übernahm. Im Licht des prasselnden Feuers im Kamin schimmerte der Chardonnay golden in dem Glas. Sie stieß einen leisen Seufzer aus und sah in Richtung Wohnzimmer, wo er gemütlich auf dem Sofa saß. An den Anblick könnte sie sich durchaus gewöhnen, dachte sie.
Er trug ein weiches Flanellhemd und bequeme Jeans, was eine völlig neue Seite an ihm war. Der Stoff des Hemds war einladend und warm, doch lange nicht so gut wie seine nackte Haut. Der Anblick seines Gesichts, das die warme Glut des Feuers spiegelte, rief heißes Verlangen in ihr wach.
Aber alles zu seiner Zeit. Erst hatte sie noch anderes zu tun.
»Du hast dich mit einem Messer in eine Schießerei eingemischt, Diego.« Sie drückte ihm sein Weinglas in die Hand, setzte sich neben ihn und schmiegte ihren Kopf an seine warme Brust. »Nächstes Mal legst du dir vielleicht einen besseren Plan zurecht.«
»Nächstes Mal?« Er stieß das laute Lachen aus, von dem sie nie genug bekommen würde, dann aber wurde seine Miene ernst. »Ich will noch nicht einmal dran denken, dass du so etwas noch einmal durchmachst.«
Er strich ihr über das Haar, und seine dunklen Augen drückten aus, was er empfand.
»Hör zu, ich habe verstanden. Du willst nicht darüber reden«, meint er. Ihm war bewusst, dass sie ihre Sensibilität hinter Humor verbarg. »Aber du bist ein großes Wagnis eingegangen, als du mir hinterhergekommen bist, Rebecca.«
»Ich dachte, dass Dani nichts mehr passieren kann, wenn sie von Drapers Männern gerettet
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