Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
jemals finden wird. Wahrscheinlich wusste sie einfach zu viel. Ich weiß nicht, wie oder wo er es getan hat, aber ich habe das deutliche Gefühl, dass er hinter dieser Sache steckt.« Dann kniff Sonja plötzlich die Augen zusammen und wollte von Becca wissen: »He, warum überhaupt all diese Fragen nach Matt Brogan? Klingt, als würden Sie mir endlich glauben, dass er ein kranker Bastard ist.«
»Nicht kränker als eine Frau, die ein Rendezvous mit einem Bastard arrangiert, von dem sie vor sieben Jahren vergewaltigt worden ist. Ein ausgedehnter Tanz auf der Matratze in einem verlausten Motelzimmer in der Nähe der Guadalupe Street klingt für mich nämlich eindeutig nach mehr als einem bloßen Gespräch. Das klingt für mich nach einer Geschichte voller Lügen und Vertuschungen.«
Sonja riss die Augen auf, ihr fiel die Kinnlade herunter, und ein nervöses Zucken huschte über ihr Gesicht.
Direkt neben ihr setzte sich Murphy rittlings auf einen umgedrehten Stuhl und legte seine Arme auf der Rückenlehne ab. »Vielleicht gehen Sie mit Hass und Groll ja einfach anders um als wir. Für mich klingt das alles nämlich weniger nach Hass als nach andauernder Leidenschaft.«
»Wollen Sie wissen, woher ich das habe, Sonja?« Becca winkte mit den Händen. »Als Matt Brogan erst einmal in Schwung war, habe ich ihn kaum noch zum Schweigen gekriegt. Es war wirklich interessant, was er zu erzählen hatte, denn er hat mir eine völlig andere Version dieser Geschichte aufgetischt. Dass Sie Murphy und mich belogen haben, ist für uns Beweis genug dafür, dass Sie etwas zu verbergen haben. Sie haben eindeutig gelogen, als ich von Ihnen wissen wollte, wie gut Sie den Mann kannten, von dem Sie angeblich vergewaltigt worden sind. Himmel, nach allem, was wir wissen, kriegt er vielleicht sogar jedes Jahr eine Weihnachtskarte von Ihnen geschickt. Was keinen Sinn ergibt, wenn das, was Sie erzählt haben, die Wahrheit ist. Nur, dass es eben nicht die Wahrheit ist, weil Sie nämlich nicht von ihm vergewaltigt worden sind.«
»Hat er Ihnen das erzählt?«
»Das und noch viel mehr. Wollen Sie also vielleicht ein paar Ihrer bisherigen Aussagen revidieren?«, fragte Becca sie.
»Matt ist hier? Gott, ist er sehr sauer auf mich?«
»Ich würde sagen, er war sicher schon mal deutlich besser drauf.« Becca legte ihren Kopf ein wenig schräg und sah die aufkommende Panik in Sonjas Gesicht.
»Wenn er weiß, dass ich etwas gesagt habe, bringt er mich um.«
»Daran hätten Sie denken sollen, bevor Sie mich belogen und ihn belastet haben.«
Dass sie so tat, als ob ein Toter noch am Leben wäre, brächte ihr sicher keine Punkte in der Kirche ein. Als Polizistin aber wandte sie alle möglichen Taktiken an, um ein Geständnis zu bekommen, auch wenn ihr Vorgehen vielleicht nicht immer völlig sauber war. Doch die Vernehmung wurde aufgezeichnet, und falls die Verteidigung behauptete, sie hätte unfaire Methoden angewandt, brächte sie dadurch erst recht Sonjas kranke Beziehung zu Matt Brogan aufs Tapet und gäbe dem Staatsanwalt dadurch die Möglichkeit, vor den Geschworenen eine alte, schwärende Wunde zu öffnen, die nicht mehr so leicht zu schließen war. Das Risiko ginge sie bestimmt nicht ein.
Sonja raufte sich die Haare und verschränkte dann die Hände hinter ihrem Kopf. Sie schien gründlich nachzudenken, ihre Möglichkeiten abzuwägen und das Labyrinth aus Lügen noch einmal durchzugehen, bevor sie ihre Arme krachend wieder auf die Tischplatte fallen ließ.
»Auch wegen der Kette haben Sie gelogen.« Becca rückte auf ihrem Stuhl nach vorn und sah, wie Sonjas Gesicht auch noch den Rest Farbe verlor. »Das hat Brogan gesagt. Wenn man bedenkt, dass Sie behauptet haben, er hätte das Ding gekauft, spricht das gegen Ihre Version der Realität. Der Typ ist ziemlich von sich eingenommen und ein echter Widerling, aber nachdem Sie mich bereits des Öfteren belogen haben, glaube ich momentan eher ihm. Was die Vergewaltigung betrifft, hat er mir erklärt, dass das nie nötig war. Weil Sie vollkommen verrückt nach ihm waren.«
»Die Vergewaltigung hat stattgefunden. Das schwöre ich.«
Zum ersten Mal rann eine Träne über Sonjas Wange. Noch einen Tag zuvor hätte Becca ihr eventuell geglaubt, dass sie zu Gewissensbissen fähig war, doch inzwischen hatte sie dafür einfach zu viel erlebt.
»Oh, Matt hat durchaus von der Vergewaltigung gesprochen.«
»Er hat es Ihnen erzählt?«, fragte Sonja sie schockiert. Sie zuckte zusammen, schlang sich die
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