Shannara I
nicht finden, aber das beruhigt mich nicht. Wenn dem Elfenkönig etwas zugestoßen ist, könnte das zu einem Krieg von unfaßbaren Ausmaßen führen. Das ganze Land wird in Flammen aufgehen!«
»Eventine!« entfuhr es Shea. »Er schützte die Nordgrenzen von Paranor für den Fall…« Shea verstummte plötzlich, aus Angst, sich verraten zu haben, aber Panamon Creel hatte weiter gesprochen und anscheinend nichts gehört.
»Das ergibt keinen Sinn - Gnomen und Elfen im Kampf hier in der Wildnis. Was kann Eventine so weit von seinem Land fortgeführt haben? Es muß um etwas Besonderes gegangen sein. Ich kann nicht ver-« Er brach plötzlich ab und starrte Shea an. »Was hast du eben gesagt? Was war das mit Eventine?«
»Nichts«, stammelte Shea. »Ich habe nichts…«
Der hochgewachsene Räuber packte Shea am Rock und zog ihn mit einem Ruck zu sich heran.
»Versuch nicht, mir etwas vorzumachen, kleiner Mann!« fauchte der Scharlachrote. »Du weißt etwas - heraus damit! Ich habe mir schon die ganze Zeit gedacht, daß du mehr über die Steine und den Anlaß für die Gnomen, dich einzufangen, gewußt hast, als du zugeben wolltest. Jetzt ist Schluß mit diesen Heimlichkeiten! Heraus damit!«
Aber Shea erfuhr nie, wie er geantwortet hätte. Während er hilflos im Griff des starken Räubers zappelte, fiel plötzlich ein riesiger, schwarzer Schatten über sie und fegte mit einem machtvollen Rauschen weiter, als ein monströses Wesen vom Himmel herabstieß. Entsetzt riß Shea die Augen auf. Panamon Creel, noch immer zornig, aber nun auch verwirrt, ließ Shea los und drehte sich dem fremdartigen Wesen zu. Shea stand auf schwankenden Beinen, das Blut zu Eis erstarrt. Das Wesen war einer der furchtbaren Schädelträger des Dämonen-Lords. Es blieb keine Zeit mehr zur Flucht; sie hatten ihn endlich gefunden.
Die grausamen roten Augen des Wesens huschten über den Troll, der regungslos an seinem Platz stand, richteten sich kurz auf den scharlachroten Dieb und erreichten endlich den kleinen Talbewohner, saugten sich in ihn hinein, erforschten seine wirren Gedanken. Panamon Creel starrte verwirrt auf das Ungeheuer, geriet aber keineswegs in Panik. Er wandte sich dem bösartigen Wesen ganz zu und begann grimmig zu grinsen, während er einen Arm hob.
»Was für ein Wesen du auch sein magst, bleib mir vom Leib«, sagte er scharf. »Es geht allein um diesen Mann hier und nicht…«
Die glühenden Augen richteten sich haßerfüllt auf ihn, und er konnte plötzlich nicht weitersprechen. Er starrte das schwarze Wesen entsetzt und überrascht an.
»Wo ist das Schwert, Sterblicher?« krächzte die Stimme drohend. »Ich spüre seine Gegenwart! Gib es mir!«
Panamon Creel glotzte das schwarze Monstrum verständnislos an, dann warf er einen Blick auf das angstvolle Gesicht Sheas. Zum ersten Mal wurde ihm klar, daß die gräßliche Kreatur aus irgendeinem Grund der Feind des Talbewohners war.
»Es ist nutzlos, zu bestreiten, daß du es hast!« zischte die Stimme. »Ich weiß, daß es hier unter euch ist, und ich muß es haben. Es ist aussichtslos, sich gegen mich zu wehren. Euer Kampf ist zu Ende. Der letzte Erbe des Schwertes ist längst gefaßt und vernichtet. Ihr müßt mir das Schwert geben!«
Panamon war sprachlos. Er wußte nicht, wovon das schwarze Ungeheuer sprach, begriff aber, daß es keinen Sinn hatte, ihm das klarmachen zu wollen. Das geflügelte Monster war entschlossen, sie alle zu töten, und für Erklärungen blieb keine Zeit mehr. Der Räuber hob die linke Hand und fuhr mit dem Eisenhaken über seinen Schnurrbart. Er lächelte tapfer und warf einen kurzen Blick auf seinen riesenhaften Begleiter. Sie wußten beide instinktiv, daß das ein Kampf bis auf den Tod werden würde.
»Seid nicht töricht, Sterbliche!« krächzte das Wesen. »Ihr kümmert mich nicht - nur das Schwert. Ich kann euch leicht vernichten - selbst bei Tag.«
Plötzlich entdeckte Shea einen Hoffnungsschimmer. Allanon hatte einmal gesagt, die Macht der Schädelträger lasse mit dem Licht des Tages nach. Vielleicht waren sie nicht unbesiegbar, wenn die Sonne schien. Vielleicht hatten die beiden kampferfahrenen Räuber eine Chance. Aber wie konnten sie hoffen, etwas zu töten, das nicht sterblich war, sondern nur der Geist eines Toten, ein Gespenst, in physischer Form verkörpert? Augenblicke lang regte sich nichts, dann trat das Wesen plötzlich einen Schritt vor. Panamon riß sofort sein Breitschwert heraus und duckte sich. Keltset trat gleichzeitig
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