Shannara I
mitleidig, aber lachte innerlich, als Panamon behauptete, er sei noch immer auf der Suche nach ihr.
Etwa zwei Stunden später erreichten sie den Paß, eine Lücke zwischen den zwei Bergzügen, breit und leicht zugänglich. Shea wußte, daß das Charnal-Gebirge, die Heimat der Berg-Trolle, nördlich von ihnen lag und die rechte Bergkette ein Ausläufer davon sein mußte. Die trostlosen und nahezu unerforschten Gipfel waren seit Jahrhunderten eine riesige Wildnis, bewohnt allein von den grimmigen und kriegerischen Trollen. Die Berg-Trolle waren die größte Gattung dieser Art, und es gab noch mehrere andere, die in diesem Teil des Nordlandes lebten. Wenn Keltset zu den Berg-Trollen gehörte, vermutete Shea, daß sie intelligenter sein mußten, als die Südländer annahmen. Es erschien ihm seltsam, daß seine eigenen Landsleute so wenig über eine andere Rasse wußten, die ihre Welt mit bewohnte. Selbst die Schulbücher hatten die Trolle als unwissende und unzivilisierte Völker bezeichnet.
Panamon gebot am Zugang zum breiten Paß Halt und ging einige Schritte voraus, wachsam auf die hohen Hänge zu beiden Seiten blickend. Nach einigen Minuten schickte er Keltset voraus. Der Riesentroll setzte sich in Bewegung und verschwand zwischen den Felsen. Panamon schlug Shea vor, sich zu setzen, und lächelte selbstzufrieden angesichts seiner Schlauheit, die ihn hieß, eine mögliche Falle von Sheas Freunden rechtzeitig auszumachen. Redselig begann der Scharlachrote, von einem neuen Abenteuer zu erzählen, das Shea wie die anderen unglaublich und maßlos übertrieben fand. Er dachte an seine Freunde, die er schnell würde finden müssen, wenn er hoffen wollte, in diesem Gebiet zu überleben. Der Dämonen-Lord und seine Gehilfen würden überall nach ihm suchen, und wenn sie ihn entdeckten, bevor er bei Allanon und den anderen Zuflucht gefunden hatte, war sein Tod gewiß. Immerhin, es bestand die Möglichkeit, daß sie inzwischen die Druidenfestung eingenommen und das kostbare Schwert von Shannara an sich gebracht hatten.
Keltset tauchte plötzlich im Paß auf und winkte ihnen. Sie eilten zu ihm und gingen mit ihm weiter. Es gab im Paß wenig Deckung, die einen Hinterhalt ermöglicht hätte, und sie sahen bald, daß an dieser Stelle wohl kaum Gefahr drohte. Die drei Wanderer brauchten fast eine Stunde, um den langgezogenen Paß zu überwinden, aber der Weg war angenehm, und die Zeit verging schnell. Als sie das nördliche Ende erreichten, sahen sie Ebenen weit hinausreichen und dahinter wieder eine Bergkette aufragen, die nach Westen zu verlaufen schien. Sie marschierten hinaus auf das ebene Gelände, das auf drei Seiten von Bergen und Wäldern umgeben war und sich nach Osten öffnete. Die Ebene war bewachsen mit einem dünnen, hellgrünen Gras, das in zottigen Büscheln aus der trockenen Erde ragte. Es gab kleine Gebüsche, alle nur kniehoch für Shea, dürre und krumme Gewächse. Anscheinend wurden die Ebenen sogar im Frühling nicht saftig grün, und es existierte hier wenig Leben.
Shea wußte, daß sie sich ihrem Ziel näherten, als Panamon die kleine Gruppe nach Westen führte, einige hundert Meter nördlich des Waldes und Gebirges zu ihrer Linken, um gegen Überraschungsangriffe gesichert zu sein. Als Shea den Scharlachroten fragte, wo Paranor liege, lächelte der Dieb nur und sagte, sie kämen immer näher darauf zu. Shea gab es auf, Fragen zu stellen, und betrachtete stattdessen seine Umgebung, die für ihn eine ganz neue Welt darstellte. Er hatte zwar Angst um sein Leben, war aber entschlossen, sich nichts entgehen zu lassen. Das war die fabelhafte Odyssee, von der Flick und er früher immer geträumt hatten.
Bis es Spätnachmittag wurde, schwitzten alle drei stark, und die Laune wurde in der unbarmherzigen Hitze immer schlechter. Keltset schritt ein wenig abseits von den anderen dahin, das plumpe Gesicht ausdruckslos. Panamon war verstummt und schien nur noch darauf bedacht zu sein, den Weg hinter sich zu bringen und Shea loszuwerden, den er als Bürde zu betrachten begonnen hatte. Shea war müde und litt an Schmerzen. Die drei Männer gingen geradewegs der Sonne entgegen, ungeschützt im freien Gelände, die Augen zusammengekniffen vor dem grellen Glanz. Es wurde immer schwerer, das Land vor sich zu erkennen, als die Sonne zum westlichen Horizont hinab sank, und Shea gab es schließlich auf und verließ sich auf Panamons Geschicklichkeit, sie nach Paranor zu bringen. Die Wanderer näherten sich dem Ende der
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