Shannara I
Fluß unterwegs gewesen war. Die Spur war schon einige Stunden alt, und er sah, daß es mehr als eine Person gewesen sein mußte. Menion eilte weiter, und kurz, bevor die Sonne ganz hinter dem Horizont versank, entdeckte er östlich von sich eine Gestalt, welche die Richtung wechselte. Menion rief den Mann an, der zu erschrecken schien und sich entfernen wollte. Menion hastete ihm nach und rief ihm zu, er wolle ihm nichts Böses. Nach einigen Minuten holte er den Mann ein, der sich als Hausierer erwies und Kochgerät an entlegen wohnende Familien verkaufte. Der Hausierer, arg erschrocken -, starrte den hochgewachsenen Hochländer entsetzt an. Menion beeilte sich, ihm zu versichern, daß er nur zwei Freunde suche, von denen er während der Wanderung durch die Schwarzen Eichen getrennt worden sei. Durch die Schwarzen Eichen!! Das war das Schlimmste überhaupt, was er dem Mann hätte sagen können, der nun endgültig davon überzeugt war, daß sein Gegenüber den Verstand verloren haben mußte. Menion überlegte, ob er sich als Prinz von Leah zu erkennen geben sollte, entschied sich aber dagegen. Der Hausierer erklärte schließlich, er habe zwei Wanderer, die der Beschreibung entsprächen, am Nachmittag in geraumer Entfernung gesehen. Menion wußte nicht, ob der Mann das nur sagte, weil er um sein Leben fürchtete und sich gut mit ihm stellen wollte. Es blieb ihm aber nichts anderes übrig, als sich damit zufrieden zu geben, und er verabschiedete sich von dem kleinen Mann, der hastig das Weite suchte.
Menion mußte einsehen, daß es schon zu dunkel war, um der Fährte seiner Freunde noch zu folgen, und er hielt Ausschau nach einem geeigneten Lagerplatz. Er fand zwei Fichten, die den besten Schutz zu bieten schienen, und blickte zum klaren Nachthimmel hinauf. Das Licht reichte aus, um dem Wesen aus dem Nordland die Suche nach den Talbewohnern zu erleichtern, und er hoffte inbrünstig, seine Freunde möchten besonnen genug sein, sich ein gutes Versteck zu suchen. Er kroch unter die tiefhängenden Zweige und verschlang den Rest seiner Vorräte, dann wickelte er sich in seine Decke und schlief ein, das Schwert neben sich.
Am nächsten Tag erhob sich Menion mit einem neuen Plan. Wenn er quer durch das Gelände nach Nordosten ging, würde er die Brüder leichter einholen können. Er war überzeugt davon, daß sie am Silberfluß entlang östlich zum Anar gehen würden, so daß sein Weg und der ihre sich weiter flussaufwärts treffen mußten. Menion gab also die Verfolgung der Fährte auf und lief nach Osten, pfiff vor sich hin und freute sich schon auf die Wiederbegegnung mit Shea und Flick.
Unterwegs dachte er über die Ereignisse der letzten Tage nach und versuchte ihre Bedeutung zu ergründen. Er wusste wenig von der Geschichte der Großen Kriege und der Herrschaft des Druiden-Rates, vom rätselhaften Erscheinen des sogenannten Dämonen-Lords und seiner Niederlage gegen die vereinigten Kräfte von drei Nationen. Am meisten störte ihn, daß er fast gar nichts über die Legende des Schwertes von Shannara wußte, jener Wunderwaffe, die seit so vielen Jahren ein Symbol für Freiheit durch Tapferkeit darstellte. Nun gebührte es einem unbekannten Waisenjungen, halb Mensch, halb Elf. Der Gedanke war so absurd, daß er sich Shea in dieser Rolle immer noch nicht vorstellen konnte. Er begriff instinktiv, daß im Bild noch etwas fehlte, etwas so Grundlegendes, daß die Freunde, ohne es zu kennen, das Rätsel des Schwertes nicht zu lösen vermochten.
Menion erkannte auch, daß er nicht allein um der Freundschaft willen an diesem Abenteuer teilnahm. In dieser Beziehung hatte Flick gewiß recht. Selbst jetzt konnte Menion nicht genau sagen, warum er sich zu dieser Reise hatte überreden lassen. Er wußte, daß sein Interesse für andere nicht tief genug reichte und er seine Mitmenschen nie hatte wirklich kennenlernen wollen. Er hatte sich nie bemüht, die wichtigen Probleme des gerechten Regierens in einer Gesellschaft zu verstehen, wo das Wort des Monarchen das einzige Gesetz war. Trotzdem spürte er, daß er sich im Grunde mit jedem messen konnte.
Das ebene, grasbewachsene Tiefland verwandelte sich in rauhes, unfruchtbares Gelände, das sich in kleine Hügel und tiefe, grabenartige Täler zerklüftete, so daß er nur noch langsam vorankam. Menion suchte besorgt nach ebenerem Terrain, aber selbst von den steilen Erhebungen aus konnte man nicht weit sehen. Er stapfte unbeirrt weiter, verfluchte jedoch innerlich seinen Entschluß,
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