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Shannara I

Titel: Shannara I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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verlegenen Schweigens, als sie einander gegenüberstanden, dann begannen die Ohmsfords gleichzeitig, einander zu begrüßen, mit einem Stimmengewirr, das die ursprüngliche Anspannung löste. Shea lächelte Flick an, konnte den Blick jedoch nicht von der eindrucksvollen Gestalt vor ihm wenden. Shea war ein wenig kleiner als sein Bruder und stand deshalb noch mehr im Schatten des Fremden als vorher Flick, wirkte aber weniger nervös als dieser. Curzad Ohmsford sprach mit ihm über seinen Botengang, und Shea's Aufmerksamkeit wurde vorübergehend abgelenkt, als er auf die drängenden Fragen seines Vaters antwortete; aber dann wandte er sich wieder an den Fremden:
    »Ich glaube nicht, daß wir uns schon begegnet sind, trotzdem scheint Ihr mich von irgendwoher zu kennen, und ich habe das merkwürdige Gefühl, daß ich Euch ebenfalls kennen sollte.«
    Das dunkle Gesicht über ihm nickte, wobei wieder das spöttische Lächeln darüber hinweghuschte.
    »Vielleicht solltest du mich kennen, auch wenn es nicht verwunderlich ist, daß du dich nicht erinnerst. Aber ich weiß, wer du bist. Ich kenne dich sogar gut.«
    Shea war verblüfft von dieser Antwort, wußte nichts darauf zu erwidern und starrte den Fremden an. Dieser hob die schlanke Hand ans Kinn, um sich den schwarzen Bart zu streichen. Er ließ den Blick über die drei Männer vor ihm wandern. Flick öffnete den Mund, um die Frage auszusprechen, die alle drei Ohmsfords bewegte, als der Fremde hinaufgriff und die Kapuze zurückstreifte. Endlich wurde das dunkle Gesicht sichtbar. Es war umrahmt von langen schwarzen Haaren, die bis zu den Schultern reichten und die tiefliegenden Augen verdeckten, welche in den Schatten unter den dichten Brauen noch immer nur als schwarze Schlitze zu sehen waren.
    »Mein Name ist Allanon«, sagte er leise.
    Einen Augenblick herrschte völlige Stille, als die drei Ohmsfords ihn in sprachloser Verwunderung anstarrten. Allanon - der geheimnisvolle Wanderer in den vier Ländern, Geschichtsschreiber der Rassen, Philosoph und Lehrer und, wie manche behaupteten, Adept der mystischen Künste. Allanon - der Mann, der überall gewesen war, angefangen von den dunkelsten Häfen des Anar bis zu den verbotenen Höhen der Charnal-Berge. Sein Name war den Bewohnern selbst der abgelegensten Gemeinden im Südland vertraut. Nun stand er unerwartet vor den Ohmsfords, von denen keiner in seinem Leben öfter als ein paarmal aus ihrem Tal hinausgekommen war.
    Allanon lächelte zum erstenmal freundlich, aber innerlich empfand er Mitleid mit ihnen. Das ruhige Dasein, das sie so viele Jahre gekannt hatten, war vorbei, und in gewisser Beziehung trug er dafür die Verantwortung.
    »Was führt Euch hierher?« fragte Shea endlich.
    Der hochgewachsene Mann sah ihn scharf an und ließ ein tiefes, leises Lachen hören, das sie alle überraschte.
    »Du, Shea«, murmelte er. »Ich habe dich gesucht.«

Kapitel 2
    Shea erwachte am nächsten Morgen früh und verließ die Wärme seines Bettes, um sich in der feuchten Kälte der Morgenluft hastig anzuziehen. Er war so früh aufgestanden, daß, wie er entdeckte, im ganzen Haus noch niemand wach war, weder ein Gast noch einer von der Familie. Er ging von seinem kleinen Zimmer an der Rückseite des Hauptgebäudes zum großen Gastzimmer, wo er mit vor Kälte klammen Fingern im Kamin ein Feuer anzündete. In den frühen Morgenstunden, bevor die Sonne über die Hügel heraufkam, war es im Tal immer noch besonders kühl, selbst in der wärmsten Jahreszeit. Shady Vale - das Schattental - war wohlgeschützt, nicht nur vor den Augen der Menschen, sondern auch vor der Unbill schlechten Wetters, das vom Nordland herunterzog. Während aber die schweren Stürme des Winters und Frühlings das Tal verschonten, ließ sich die bittere Kälte des frühen Morgens das ganze Jahr über ringsum in den hohen Hügeln nieder und hielt sich bis weit in den Tag hinein. Meist konnte erst die Wärme der Mittagssonne den kalten Hauch vertreiben.
    Das Feuer knackte und prasselte, als Shea in einem der hohen Sessel die Beine ausstreckte und über die Ereignisse des vergangenen Abends nachdachte. Wie konnte Allanon ihn erkannt haben? Er hatte das Tal selten verlassen und hätte sich an den anderen gewiß erinnert, wäre er ihm bei einer seiner vereinzelten Wanderungen begegnet. Allanon hatte sich geweigert, die ganzen Geheimnisse, die ihn umgaben, zu lüften. Er hatte stumm weitergegessen, erklärt, das Gespräch habe Zeit bis zum nächsten Morgen, und war wieder

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