0326 - Burg der tausend Schrecken
Das Bild der Burg blieb noch für die Dauer einiger Sekunden, und Zamorra vernahm einen Namen.
Castillo Ferreira!
Dann verlosch das Bild endgültig.
Zamorra sah in die Gesichter der Wirtshausbesucher, die sich neugierig seinem Tisch genähert hatten und ihn und Nicole gespannt ansahen.
»Es ist nichts«, sagte Zamorra. »Ich habe nur einen kleinen Zaubertrick für meinen nächsten Auftritt erprobt, Señores. Alles ganz harmlos.«
Aber er wußte, daß es alles andere als harmlos war!
***
Später, als sie ihr Zimmer im Obergeschoß des kleinen Gasthauses aufgesucht hatten, warf sich Nicole mit ausgebreiteten Armen rücklings auf das Bett, verschränkte die Arme dann unter dem Kopf und sah Zamorra auffordernd an.
»Was war mit diesem Castillo?«
»Hast du es nicht auch gespürt?« fragte er zurück und erzählte, was er empfunden und empfangen hatte. Nicole erhob sich wieder. »Castillo Ferreira«, wiederholte sie. »Das ist seltsam. Castillo heißt Burg. Ferreira müßte demnach der Name dieser Burg sein.«
»Vielleicht sollten wir einmal feststellen, wo sich diese Burg befindet«, schlug Zamorra vor. »Dann sehen wir weiter. Irgend etwas geschieht dort, das unsere Anwesenheit erfordert, sonst hätte das Amulett sich nicht so bemerkbar gemacht. Und ich schätze, daß dieses Castillo in der Nähe ist.«
»In Zweifelsfällen dürfte also der Alkalde oder der Wirt oder der Dorfpolizist oder sonstwer Bescheid wissen«, sagte Nicole. »Trotzdem… versuchen wir’s mal hiermit.« Sie kramte an Kartenwerk hervor, was sie besaßen - ein Autoreiseatlas von Frankreich, der die angrenzenden Pyrenäen und ein Stück von Spanien zeigte. Anhand dieser Karte hatten sie sich bei ihrem gerade abgeschlossenen Fall orientiert, und in den Pyrenäen, in einem kleinen Dorf am Roncesvalles-Paß, befanden sie sich auch jetzt noch, nachdem der Werwolf und die Dämonendiener ausgeschaltet worden waren. Werwölfe, hatte Zamorra gemurmelt, schienen zu einer spanischen Spezialität zu werden - immerhin hatten sie vor einiger Zeit schon einmal mit einem Werwolf zu tun gehabt, allerdings in der Nähe von Barcelona, und da war es nicht so ein stinknormales Biest gewesen, sondern ein MÄCHTIGER, der in dieser Gestalt auftrat.
In der Umgebung war kein Castillo Ferreira verzeichnet.
Zamorra hatte einen Verdacht. Er klappte den Atlas um, schlug die große Europa-Seite auf und hielt das Amulett über Spanien. Er konzentrierte sich auf das, was ihm die silbrige Scheibe gezeigt hatte, und versuchte sie wieder zu aktivieren. Merlins Stern reagierte sofort.
Dort, wo sie sich befanden, flammte die Karte auf. Es war, als sei das Sonnenlicht durch ein Brennglas verstärkt worden und habe ein Feuer entzündet. Das Feuer fraß sich blitzschnell über die gesamte Doppelseite. Nicole schrie auf und wollte das Feuer löschen, aber Zamorra stoppte sie mit schnellem Griff.
Solange der Atlas auf dem Tisch lag, konnte kein Zimmerbrand entstehen, wenn man das flammende Ding mit gekonntem Schwung ins Waschbecken der Waschnische warf. Höchstens die Tischdecke konnte ein Fall für die Zimmerrechnung werden.
Aber Zamorra wollte wissen, warum ihm das Amulett auf eine so aggressive Weise den Standort der Burg zeigen wollte.
Das Feuer breitete sich aus. Es begann die gesamte Doppelseite zu zerfressen und sparte nur ein bestimmtes Muster aus. Linien, die einen Umriß ergaben… aber innerhalb dieses Umrisses brannte es fröhlich weiter. Eine bräunliche, hauchdünne Papierasche blieb als gewellte Folie zurück.
Dann erloschen die Flammen.
Von der Europa-Doppelseite waren nur die ausgesparten Konturen übriggeblieben - und ein winziger Fleck. Kleiner als ein Fingernagel.
»Und da soll Castillo Ferreira liegen?« staunte Nicole.
»Diese Umrisse… das ist eine Zeichnung«, sagte Zamorra verblüfft. »Oder irre ich mich da? Das stellt doch eine Figur dar. Hier der Kopf… der Körper… wie ein Mnesch, der eine Kutte trägt…«
»Oder ein bodenlanges Kleid«, sagte Nicole. »Das scheint eine Frau zu sein.«
»Ich sehe es so, daß diese Frau etwas mit dem Castillo zu tun hat«, überlegte Zamorra. »Und hier… da muß sich dieses Castillo befinden. Schade, daß der Rest der Karte verbrannt ist. So können wir es nur ungefähr lokalisieren.«
»Fragen wir den Wirt. Der wird doch eine Karte seines Heimatlandes haben, und dann können wir feststellen, wo sich diese Burg befindet.«
Zamorra nickte.
Er hatte sich gemerkt, wo auf der spanischen Karte sich der
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