Shannara V
Zeit zu Zeit einen verstohlenen Blick auf sein dunkles Gesicht warf, konnte sie die Ruhe sehen, die sich in seinen Augen zeigte. Sie wunderte sich, daß ihr großer Freund alles so vollständig ausschließen konnte. Ihre eigenen Augen suchten unaufhörlich den Nebel ab, denn sogar jetzt war sie sich noch immer nicht sicher, wie sehr die Wesen, die sich dort verbargen, die Elfensteine fürchteten, wie lange die Magie sie in Schach halten würde. Ihre Finger irrten unentwegt über ihre Tunika und den darunter liegenden Lederbeutel, um sich zu vergewissern, daß ihr Schutz noch immer da war.
Der Tag ging langsam zu Ende. Sie kamen durch Wälder aus Koaakazien und Banyans, die alt waren und von Moos und Weinranken struppig, an Berghängen entlang, an denen das Lavagestein gesprungen und in lose Brocken zerbrochen war, die zerbarsten und davonrollten, wenn sie versuchten, einen Halt zu finden. Sie stiegen in Schluchten hinab, in denen das Gestrüpp dornig war, und bahnten sich ihren Weg durch Täler, über die sich schwere Wolken als undurchdringliche Decke aus Grau gelegt hatten. Dabei kletterten sie unaufhörlich weiter und bahnten sich ihren Weg die Hänge des Killeshan hinauf, wobei sie durch Löcher im Vog kurze Blicke auf den Vulkan werfen konnten, dessen Gipfel fortstrebte und niemals näher zu kommen schien.
Sie begannen mehr und mehr die Gefahren der Insel zu erkennen. Es gab bestimmte Pflanzen, bunt gefärbt und kompliziert geformt, die Fallen waren, die alles fingen, was in ihre Reichweite kam. Es gab Senkgruben, die einen im Handumdrehen verschlingen konnten, wenn man so unglücklich war, hineinzutreten. Es gab fremdartige Tiere, die sich kurz zeigten und dann wieder verschwanden, Jäger, schuppig und mit Stacheln versehen, mit Klauen und scharfen Zähnen. Es zeigten sich keine Monster, aber Wren vermutete, daß sie da waren, sie beobachteten und warteten, denn sie hörte die Geister ihnen aus dem Dunst zuflüstern.
Die Nacht kam, und sie schliefen, und dieses Mal näherten sich die Schatten nicht, sondern hielten sich sorgfältig versteckt. Eine Moorkatze schlich heran, und Garth blies auf einem dicken Grashalm, so daß ein Pfeifgeräusch entstand, das die große Katze aber anscheinend nicht kümmerte, und dann verklang. Wren träumte von ihrer Heimat, vom Westland, als sie noch jung war und alles neu um sie herum, und sie erwachte mit deutlichen und strahlenden Erinnerungen.
»Garth, ich habe die Elfensteine erneut gebraucht«, teilte sie ihm beim Frühstück mit, während sie sich beide gegen die düstere Kälte zusammenkauerten. »Vor zwei Nächten, als die Schatten das erste Mal auftauchten.«
Ich weiß, erwiderte er, und seine Augen suchten ihre, während er sprach. Ich war wach.
»Wieviel hast du gesehen?« flüsterte sie und schüttelte ungläubig den Kopf.
Genug. Die Magie ängstigt dich, nicht wahr?
Sie lächelte sinnend. »Alles, was wir tun, ängstigt mich.«
Sie gingen durch die Stille der Dämmerung, in Gedanken versunken. Das Land vor ihnen wurde flacher, und der Dschungel wich von ihnen zurück. Der Vog war hier dichter und lag beständig und unbeweglich vor ihnen. Die Luft war ruhig. Sie überquerten einen offenen Platz und fanden sich am Rande eines Sumpfes wieder. Vorsichtig gingen sie an seinem schilfbewachsenen Rand entlang und suchten nach festerem Untergrund. Als sie ihn fanden, kamen sie weiter voran. Der Sumpf blieb. Immer wieder waren sie gezwungen, die Richtung zu wechseln und nach einem sicheren Übergang zu suchen. Der Sumpf war ein dumpfer, flacher Schimmer von Feuchtigkeit, der sich über Unmengen von Gras und Unkräutern erstreckte. Bäume reckten sich daraus hervor wie die Beine ertrunkener Riesen. Fliegende Insekten summten glitzernd und irisierend darüber hinweg. Garth braute eine übelriechende Salbe, einen Schutz gegen Bisse und Stiche, mit der sie ihre Gesichter und Arme bedeckten. Schlangen glitten durch den Schlamm. Spinnen krabbelten überall herum, einige davon größer als Garths Faust. Spinnweben und Moos und Weinranken hingen von Zweigen und Gestrüpp herab und drohten mit tödlicher Umklammerung. Fledermäuse flogen durch das domhohe Laubgewölbe der Bäume, und ihr Kreischen klang schrill und bedrohlich.
Irgendwann stießen sie auf ein riesiges Spinnennetz, das über ihnen versteckt hing und wie eine Falle angebracht war, die auf alles, was darunter vorbeiging, fallen würde. Weniger erfahrene Jäger hätten es vielleicht nicht bemerkt und wären
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