Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
lächelte zwar leicht, aber es sah so aus, als sei nur sein Mund an diesem Akt beteiligt. Morgan überdachte, was der Mann von sich selber gesagt hatte, und versuchte, einen Sinn darin zu finden. Ich kann Orte betreten und verlassen, ohne daß man mich bemerkt? Ich kann Sachen wegrücken, die sich nicht bewegen lassen wollen? Ich lasse Leute verschwinden? Was war das für ein zweideutiges Gerede?
    Das Feuer brannte herunter, und alle um ihn herum schliefen. Morgan dachte an die Vergangenheit, an seine Freunde, die tot oder verschollen waren, an den unaufhaltbaren Lauf der Ereignisse, die ihn mitschwemmten. Und vor allem dachte er über das Mädchen nach, das behauptete, die Tochter des Königs vom Silberfluß zu sein. Quickening.
    Was würde sie von ihm verlangen?
    Was würde er zu geben in der Lage sein?
    Walker Boh erwachte bei Sonnenaufgang, tauchte aus dem schwarzen Abgrund der Bewußtlosigkeit. Er schlug die Augen auf und sah das Mädchen, das auf ihn hinunterblickte. Ihre Hände lagen auf seinem Gesicht. Ihre Finger fühlten sich kühl und sanft auf seiner Haut an, und es war, als hebe sie ihn mit ebensowenig Anstrengung hoch, wie es braucht, um eine Feder zu heben.
    »Walker Boh.« Freundlich nannte sie ihn beim Namen.
    Sie kam ihm seltsam bekannt vor, obwohl er sicher war, daß er sie noch nie gesehen hatte. Er versuchte zu sprechen, doch er konnte nicht. Irgend etwas hinderte ihn daran, ein Staunen über ihre exquisite Schönheit, über die Gefühle, die sie in ihm weckte. Er empfand sie wie die Erde, voll fremdartiger Magie, die gleichzeitig einfach und komplex war, ein Gefäß von Elementen, Erde, Luft und Wasser, Teil von allem, das Leben gibt. Er sah sie anders als Morgan Leah und Pe Ell, doch das konnte er noch nicht wissen. Er fühlte sich nicht als Liebhaber oder als Beschützer zu ihr hingezogen, er hatte nicht den Wunsch, sie zu besitzen. Statt dessen bestand eine Zuneigung zwischen ihnen, die Leidenschaft und Sehnsucht transzendierte. Ein Band unmittelbaren Verstehens einte sie, wie Gefühle es niemals konnten. Walker erkannte das Vorhandensein dieses Bandes, auch ohne es beschreiben zu können. Dieses Mädchen war etwas von dem, was er sein Leben lang zu sein sich abgemüht hatte. Dieses Mädchen war ein Spiegel seiner Träume.
    »Schau mich an«, sagte sie.
    Er fixierte sie mit den Augen. Sie nahm ihre Finger von seinem Gesicht und bewegte sie zu den zersplitterten Resten seines Armes, zu dem steinernen Stumpf, der leblos aus seiner Schulter ragte. Ihre Finger tasteten sich unter seine Kleidung, strichen über seine Haut und wanderten zu der Stelle, wo die Haut sich zu Stein verhärtete. Er zuckte unter ihrer Berührung zusammen, wollte nicht, daß sie die Krankheit in ihm fühlte oder die Zerstörung seines Fleisches entdeckte. Doch ihre Finger harrten aus, ihre Augen schauten nicht weg.
    Und dann stöhnte er auf, als alles in weißglühendem Schmerz unterging. Für einen Moment sah er die Halle der Könige wieder, die Grüften der Toten, die Steinplatte mit den Runen, das schwarze Loch darunter und die schnelle Bewegung des Asphinx, als er zubiß. Danach schwebte er, und nur noch ihre Augen waren da, schwarz und unendlich, die ihn auf einer Welle süßer Erleichterung trugen. Der Schmerz schwand, entfleuchte als roter Dunst aus seinem Körper und löste sich in der Luft auf. Er fühlte, wie ihm ein Gewicht abgenommen wurde, und er fand Frieden.
    Er mochte anschließend etwas geschlafen haben, aber er war nicht sicher. Als er die Augen wieder aufschlug, war das Mädchen neben ihm und schaute ihn an, und das Dämmerlicht war fahl und fern hinter den Baumwipfeln. Er schluckte gegen die Trockenheit in Mund und Kehle an, und sie gab ihm Wasser aus einem Balg. Ihm wurde bewußt, daß Morgan Leah ihn mit offenem Mund anstarrte, sein schmales, gebräuntes Gesicht eine Maske des Unglaubens. Neben ihm stand ein anderer Mann, den er nicht kannte, mit hartem, spöttischem Gesicht. Sie waren beide dagewesen, als das Mädchen ihn fand, erinnerte er sich. Was sahen sie jetzt, das sie so sehr erstaunte?
    Dann merkte er, daß etwas anders war. Sein Arm fühlte sich leichter an, freier. Er hatte keine Schmerzen. Mit dem bißchen Kraft, das er hatte, hob er den Kopf und schaute an sich hinunter. Seine Kleider waren von seiner Schulter gezogen worden und enthüllten rosige, geheilte Haut, wo der steinerne Stumpf entfernt worden war.
    Sein Arm war fort.
    Und damit auch das Gift des Asphinx.
    Was fühlte er? Seine

Weitere Kostenlose Bücher