Shannara V
sorgfältig, was es auslösen würde. Er warf ein Netz getuschelter Warnungen über die Soldaten, einen Hinweis auf etwas, das das Abwasser weiter vorn aufwühlte, eine schemenhafte Bewegung. Er durchtränkte sie mit dem Drang, sich zu sputen, wenn sie es erwischen wollten.
Die Soldaten fingen fast gleichzeitig an zu rennen und hasteten an ihnen vorbei, ohne zu schauen. Der Talbewohner und das Mädchen drückten sich an die Tunnelwand und hielten den Atem an. Einen Augenblick später waren die Soldaten fort.
Langsam kamen Damson und Par wieder auf die Füße. Dann streckte Damson die Arme aus und umarmte den Talbewohner impulsiv. »Du bist wieder gesund, Par Ohmsford«, flüsterte sie und küßte ihn. »Hier entlang. Wir sind beinahe frei.«
Sie eilten den Gang entlang, überquerten einen Zufluß und gelangten in eine trockene Rinne. Die Lampen und Stiefel und Stimmen waren in der Ferne verklungen. Eine Leiter führte nach oben. Damson stieg voran, hielt oben inne und drückte eine Falltüre auf. Zwielicht drang durch den Spalt. Sie lauschte, lugte hindurch und stieg dann hinaus. Par folgte ihr.
Sie standen in einem Bretterverschlag. Eine Tür führte nach draußen. Damson öffnete sie vorsichtig und trat mit Par im Gefolge hinaus.
Um sie herum erhob sich die Stadt Tyrsis. Festungsmauern, spiralige Türme, zusammengewürfelte Gebäude aus Stein und Holz. Die Luft war geschwängert von Gerüchen und Geräuschen. Es war früher Abend, und die Stadtbewohner befanden sich auf dem Heimweg. Das Leben war langsam und träge in der windstillen Sommerhitze. Über ihnen wandelte sich der Himmel in schwarzen Samt, und Sterne übersäten ihn wie verstreute Kristallsplitter. Ein wundervoll heller Vollmond strahlte kaltes Licht über die Welt.
Par Ohmsford lächelte. Die Schmerzen waren vergessen, die Ängste für den Augenblick zurückgelassen. Er rückte das Gewicht des Schwertes von Shannara auf seiner Schulter zurecht. Es war gut, am Leben zu sein.
Damson nahm seine Hand und drückte sie sanft.
Zusammen bogen sie in eine Straße ein und verschwanden in der Nacht.
Kapitel 12
Quickening blieb mit ihrer kleinen Gruppe mehrere Tage in Hearthstone, damit Walker Boh wieder zu Kräften kommen konnte. Er erholte sich schnell. Der Heilungsprozeß wurde gleichermaßen von den kleinen Berührungen und dem häufigen Lächeln des Mädchens, von ihrer bloßen Gegenwart, wie von der Hand der Natur beschleunigt. Magie war überall um sie herum, eine unsichtbare Aura umgab sie, die alles berührte, mit dem sie in Kontakt kam, und die alles mit einer Geschwindigkeit und einer Gründlichkeit erneuerte und wiederherstellte, die einfach verblüffend waren. Walker wurde fast über Nacht wieder kräftig, die Wirkung des Giftes gehörte der Erinnerung an, und bis zu einem gewissen Grade gesellte sich der Schmerz über den Verlust von Cogline und Ondit dazu. Die Besessenheit schwand aus seinem Blick, und er war in der Lage, seine Wut und seine Angst in einer kleinen, dunklen Ecke seines Bewußtseins einzusperren, wo sie ihn nicht behelligen würden und doch nicht in Vergessenheit gerieten, wenn die Zeit gekommen wäre, sich daran zu erinnern. Seine Entschlossenheit kehrte zurück, sein Selbstvertrauen, sein Zielbewußtsein und seine Entschiedenheit, und er glich eher wieder dem Dunklen Onkel alter Zeiten. Seine eigene Magie half ihm bei seiner Genesung, doch es war Quickening, die mit einer Wärme, die die Sonne in den Schatten stellte, in jedem Augenblick den Anstoß dazu gab.
Sie tat noch mehr. Die Lichtung, auf der die Hütte gestanden hatte, wurde von ihren Wunden und Brandspuren gereinigt, und die Zeugnisse des Kampfes mit den Schattenwesen schwanden langsam. Gras und Blumen erblühten und füllten die Öde, Farbkleckse und duftende Polster trösteten und taten wohl. Sogar die Ruinen der Hütte wandelten sich zu Staub und schwanden schließlich ganz. Es war, als ob sie, wenn immer sie wollte, die Welt erneuern könnte.
Morgan Leah begann sich mit Walker zu unterhalten, wenn Pe Ell nicht in der Nähe war. Der Hochländer fühlte sich nach wie vor nicht wohl und gestand Walker, daß er nicht sicher sei, wer der andere wirklich war und warum Quickening ihn mitgebracht hatte. Morgan war erwachsen geworden, seit Walker ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Dreist und selbstgefällig war er gewesen, als er zum ersten Mal nach Hearthstone gekommen war. Jetzt erschien er ihm wie ein gebändigter, kontrollierter, achtsamer Mann, dem es jedoch
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