Shaos Todeswelt
Vorstellungskraft und entbehrte jeglichen Beweises.
Shao drehte sich vom Fenster weg. Der Tee war jetzt okay. Shao schloss das Fenster und schenkte die hohe, aber hauchdünne Tasse ziemlich voll. So hatte sie lange etwas von ihrem aromatischen Getränk.
Shao ging zurück in den Wohnraum. Ihr Gesicht zeigte dabei keine Entspannung. Es wirkte angestrengt, auf der Stirn war eine steile Falte zu sehen. Shao war eine Frau, die über gewisse Dinge nachdachte, dabei aber zu keinem Ergebnis kam.
Im Wohnraum stand auch der Computer. Shao hatte die CD-ROM neben den Computer gelegt. Sie schaute sich das Bild an.
TOTENWELT!
Schon der Titel klang reißerisch. Die Unterzeile ebenso. Sie versprach eine mörderische Horror-Reise durch ein Labyrinth des Schreckens.
Shao gehörte zwar nicht zu den Menschen, die Tage und Nächte vor dem Computer verbrachten und ihre Videospiele dabei eingelegt hatten, aber sie wusste schon, wie man damit umging. Sie kannte auch Kniffe und Tricks, um weiterzukommen und Fallen zu umgehen.
Nicht nur die Diskette steckte in der Verpackung. Shao holte auch eine Beschreibung hervor und schlug sie auf. Sie wollte wissen, worum es bei diesem Spiel ging und ob es überhaupt so etwas wie eine Geschichte hatte.
Die Chinesin beschäftigte sich mit der Kurzfassung. Zu finden war das Grab eines mächtigen Dämons, das irgendwo in dieser Totenwelt versteckt lag. Wenn das Grab nach zahlreichen Hindernissen und Gefahren endlich gefunden war, dann würde der Spieler eine große Überraschung erleben. Das war im Prinzip alles.
Natürlich würden Fallen aufgebaut worden sein. Man musste Hindernisse überwinden und Kämpfe bestehen. Das alles war Shao klar. Vielleicht hatte sie als Spielerin auch Rätsel zu lösen, und auf sie würden mächtige Feinde lauern, wie schon auf dem Karton zu sehen war.
Riesenvögel, Monster, alles, was sich die menschliche Phantasie ausdenken konnte. Man würde sehen…
Shao wog die Diskette in der rechten Hand. Sie hatte den Computer eingeschaltet und lauschte dem leisen Summen nach, dem einzigen Geräusch in diesem Zimmer.
Sehr oft saß sie an diesem Platz. Kein Grund für sie, nervös zu sein. Sie war es trotzdem. Ihr Herz schlug schneller als gewöhnlich. Der Mund war ziemlich trocken. Nach einem Schluck Tee fühlte sich Shao besser.
Sie schob die Diskette ein. Die Maus lag griffbereit vor ihrer rechten Hand. Abwarten.
Musik erreichte sie, dumpf und bedrohlich klingend. Noch im Hintergrund, aber sie schwoll an. Mit den lauter werdenden Tönen löste sich auch ein Bild, das herbeischwebte. Die Schrift schälte sich hervor -zitternd und blutrot.
Shao setzte sich bequemer hin und hatte ihren Rücken gegen die Lehne gepresst. Die Hand hatte zwar Kontakt mit der Maus bekommen, aber Shao wollte erst warten, bis die Schrift verschwunden war. Die wurde kleiner, bis sie letztendlich in einer dichten Wolke explodierte, als wäre schon jetzt die gesamte Welt in Fetzen geflogen.
Das aber passierte nicht. Die Welt entstand. Shao gelang es, zum ersten Mal einen Blick in diese virtuelle Szenerie zu werfen. Und sie war beeindruckt, denn die Welt vor ihr baute sich dreidimensional auf.
Da kam etwas rüber von der Düsternis. Den großen, grauen Schatten, die das Verhängnis ankündigten. Als sie nach der Maus griff und diese bewegte, da wanderte auch die Welt weiter. Sie drehte sich, zeigte neue Perspektiven, und Shao verfolgte den Pfeil auf dem Monitor, der sich selbständig gemacht hatte. Sie spielte noch nicht mit ihm, sie ließ ihn wandern, lauschte der dumpfen Musik und schaute sich die Welt an.
Die bestand aus dunklen Farben. Braun und Grau herrschten vor. Diese Welt lag im Nirgendwo, denn es gab keine Grenzen, keinen Himmel, auch keine Erde. Es wurde dem Spieler nur ein erster Eindruck mit auf den Weg gegeben, damit er sich an die Welt gewöhnen konnte.
Hin und wieder, wenn der Pfeil über bestimmte Stellen glitt, veränderte er sich.
Dann wurde aus ihm ein Gebilde, das aussah wie eine fliegende Untertasse und in einer hellen Farbe leuchtete.
Es waren noch keine Personen zu sehen. Auch keine Tiere oder irgendwelche Monstren. Die Welt blieb düster und unheimlich und versenkt in den mächtigen Schatten, die vom Himmel fielen.
liier war der Spieler gefordert, um das Spiel in Gang zu bringen. Shao konzentrierte sich. Die normale Welt um sie herum war verschwunden. Nur das Spiel war wichtig.
Als sich der Pfeil wieder veränderte, drückte sie den Kontakt. Auch die Untertasse
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