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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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furchterregender sogar als dieser dunkle, wilde Ort. Sie war gewaltig – riesenhaft –, auf ihren Hinterbeinen stehend mehr als zweimal so hoch wie ein Mensch. Die zottigen Füße trugen große, gebogene Krallen, dick wie Menschenfinger, an denen Reste von abgerissenen Farnen und Baumrinden hingen. Das Maul, ein dampfender, mit weißen Pflöcken besetzter Schlund, stand offen. Die Schnauze war schnüffelnd vorgestreckt, die blutunterlaufenen Augen starrten kurzsichtig über den unbekannten Boden. Das Tier stand lange aufrecht, atmete schwer und knurrte. Dann ließ es sich schwerfällig auf alle viere nieder und schob sich vorwärts ins Unterholz; die runden Krallen – sie ließen sich nicht einziehen – kratzten an den Steinen, und es bahnte sich seinen Weg den Abhang hinab zu dem roten Felsen. Es war ein Bär – ein Bär, wie man ihn in tausend Jahren nicht zu Gesicht bekommt, stärker als ein Nashorn und so schwer wie acht starke Männer. Er kam zu der freien Stelle beim Felsen, hielt an und warf den Kopf unruhig von einer Seite zur anderen. Dann erhob er sich wieder auf die Hinterbeine, schnüffelte und gab gleich darauf ein tiefes, hustendes Bellen von sich. Er hatte Angst.
    Angst – dieser Baumzerbrecher, dessen Schritt den Boden erschütterte, wovor sollte er sich fürchten? Das in sein flaches Erdloch unter dem Felsen geduckte Stachelschwein spürte erstaunt die Furcht des Bären. Was hatte ihn zur Wanderschaft durch fremdes Gebiet, durch tiefen Wald getrieben, den er nicht kannte? Hinter ihm näherte sich ein seltsamer Geruch, ein scharfer Pulvergestank, eine schleichende Furcht.
    Eine Gruppe gelber Gibbons turnte Hand über Hand oben durch die Bäume, sie schrien und heulten, als sie über ihre Baumpfade verschwanden. Dann kam ein Paar Ginsterkatzen durch das Gestrüpp getrottet, lief ohne einen Seitenblick knapp neben dem Bären vorbei und verschwand so schnell, wie es gekommen war. Ein seltsamer, unnatürlicher Wind erhob sich, brachte die dichte Blättermasse oben auf dem Hügel in Bewegung, und daraus flogen die Vögel ins Freie – Papageien, Bartkuckucks und bunte Finken, leuchtend blaue und grüne Zuckervögel und purpurne Stärlinge, Spechte und Eisvögel –, und alle schrien und schnatterten im Wind. Der Wald war erfüllt vom Geräusch hastiger, trappelnder Bewegung. Ein Gürteltier schleppte sich, anscheinend verletzt, vorbei; ein Nabelschwein und eine lange, grün schillernde Schlange huschten vorüber. Das Stachelschwein brach, fast vor den Füßen des Bären, aus seinem Loch hervor und verschwand. Und immer noch stand der Bär aufrecht, hoch erhoben über dem flachen Felsen, schnüffelte und zögerte. Dann blies der Wind gewaltiger und brachte ein Geräusch heran, das sich von einem Waldende zum anderen zu erstrecken schien, ein Rauschen, wie von einem trockenen Wasserfall oder dem Atem eines Riesen – das Geräusch, das den furchterregenden Geruch begleitete. Der Bär wandte sich um und trottete zwischen den Baumstämmen davon.
    Das Geräusch wurde zu einem Dröhnen und immer größer die Zahl der davor flüchtenden Tiere. Viele waren schon der Erschöpfung nahe, dennoch stolperten sie vorwärts mit offenen, wütend knurrenden Mäulern und wie blind starrenden Augen. Manche strauchelten und wurden niedergetrampelt. Durch die freien Stellen im Gebüsch zog grünlicher Rauch. Bald spiegelte sich auf den menschenhandgroßen, gelbgrünen Blättern ein flackerndes, hüpfendes Licht, das heller war als alles, was je in das Halbdunkel des Waldes gedrungen war. Die Hitze wurde größer, bis kein Lebewesen – keine Eidechse, keine Fliege – mehr in der Lichtung rund um den Felsen zurückblieb. Und dann endlich erschien ein noch schrecklicherer Besucher als der Riesenbär. Eine Flamme durchstieß den Schlingpflanzenvorhang, verschwand, kam wieder und zuckte aus und ein wie die Zunge einer Schlange. Ein Zweig mit trockenen, scharf gezähnten Blättern an einem Zeltasla-Busch fing Feuer, flammte hell auf und warf einen grausigen Schein auf den Rauch, der nun wie Nebel die Lichtung erfüllte. Gleich darauf wurde die ganze Blätterwand auf der Anhöhe wie von einem Flammenmesser vom Boden her aufgerissen, und sofort lief das Feuer der Länge nach über den Baum, den der Bär gefällt hatte. In wenigen Augenblicken war der Ort mit all seinen Merkmalen, mit allem, was ihn zu einer Stelle gemacht hatte, die man riechen, spüren und sehen konnte, für immer vernichtet. Ein toter Baum, der ein halbes

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