Sharon: die Frau, die zweimal starb
an.
»Willst du noch etwas von mir bekommen?«, fragte ich. »Nicht hungrig?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe gerade gegessen, bevor du kamst.«
Er sah mich lange an. »Schön. Reich mir’s rüber.«
Als er die halbe Forelle aufgegessen hatte, sagte er: »Okay, erzähl mir, was dich ärgert.«
Ich überlegte, ob ich ihm von Robin erzählen sollte. Stattdessen sprach ich von Sharon und hielt dabei mein Versprechen, das ich Leslie Weingarden gegeben hatte, und ließ die Verführung der Patienten aus.
Er hörte zu, ohne einen Kommentar abzugeben. Stand auf, suchte im Kühlschrank nach einem Nachtisch und fand einen Apfel, den er mit vier Bissen verputzte. Dann wischte er sich das Gesicht ab. »Trapp, hm? Bist du sicher, dass er es war?«
»Man kann ihn kaum übersehen mit diesem weißen Haar und der Haut.«
»Ja, die Haut«, sagte er. »Irgendeine seltsame Krankheit. Ich habe sie Rick beschrieben, und er hat mir den Namen gesagt, aber ich habe ihn wieder vergessen. Autoimmune Kondition - der Körper greift sich selbst an, indem er sein eigenes Pigment auffrisst. Kein Mensch weiß, woher sie kommt, aber in Trapps Fall habe ich eine Theorie: Arschloch so voller Gift, dass sein eigenes System es nicht mehr aushält. Vielleicht haben wir Glück, und er löst sich völlig auf.«
»Was sagst du dazu, dass er bei dem Haus war?«
»Schwer zu sagen. Ich würde nichts lieber tun, als was Belastendes über diesen Drecksack zu finden, aber das hier riecht nicht nach großem Skandal. Vielleicht hatten er und deine verstorbene Freundin etwas miteinander, und er ist noch mal zurück und hat nachgeschaut, ob keine Beweise gegen ihn liegen geblieben sind. Schleimige Art, aber nicht strafbar.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn sie’s mit ihm getrieben hat, muss sie echt’ne Macke gehabt haben.«
»Und der schnelle Verkauf des Hauses?«, fragte ich. »Und die Zwillingsschwester? Ich weiß, dass es sie gibt - oder gab -, weil ich sie vor sechs Jahren getroffen habe. Wenn sie noch lebt, wäre sie Sharons Erbin.«
»Sechs Jahre ist’ne lange Zeit, Alex. Und wer sagt, dass man sie nicht gefunden hat? Del hat recht - das ist Sache des Notars. Natürlich, klar, es sieht nach Tarnung aus, es soll was vertuscht werden, aber das heißt nicht, dass es sich um einen saftigen Skandal handelt, mein Freund. So läuft das immer, wenn du mit den Geldleuten zu tun hast. Gerade letzten Monat hatten wir einen Kunstdiebstahl oben in Bel Air. Dreizehn Millionen Dollar Versicherungswert, französische Impressionisten, einfach futsch.« Er schnalzte mit dem Finger. »Der Privatkoch hatte es gemacht und rüber nach Monaco. Wir legten die Fahndung im Aktenordner ab; die Familie beauftragte Privatdetektive. Sie fanden die Bilder wieder; paar Monate später hatte der Chef einen Unfall mit kochendem Wasser.
Und da wir von Unfall reden, letzten April wurde die Teenagertochter von’nem prominenten Hersteller sauer auf die Putzfrau, weil sie eine ihrer Zeitschriften weggeschmissen hatte, und klemmte der armen Frau die Hand in den Müllschlucker. Bye-bye fünf Fingerchen, aber die Angestellte überlegte es sich anders und stellte keinen Strafantrag. Ging früh in Rente - zehntausend pro Finger - und heim nach Guatemala. Dann gibt’s noch die bekannte Talkshow, der Moderator ist ein unheimlich witziger und charmanter Junge. Seine Marotte ist, dass er sich einen ansäuft und Frauen krankenhausreif prügelt. Der Sender legt noch zwei Millionen im Jahr auf sein Gehalt drauf, um die Opfer zu entschädigen. Schon mal was davon gelesen? Jemals in den Sechsuhrmeldungen gesehen? Reiche Leute in ungemütlichen Situationen, Alex. Fegen es unter den Teppich und passen auf, dass nichts vor Gericht kommt. So läuft das die ganze Zeit.«
»Du willst mir also sagen: ›Vergiss das Ganze.‹«
»Nicht so schnell, einsamer Cowboy. Ich habe nicht gesagt, dass ich’s vergessen wollte. Ich verfolge es. Aber aus persönlichen Gründen - die Chance, was Belastendes über Trapp in die Hände zu kriegen. Und an der Filmgeschichte weckt etwas meinen Spürsinn: Harvey Pinckley, der Kerl, der den Anruf abgefangen hat. Er war einer von Trapps Jungs, als Trapp in Hollywood war. Arschkriecher erster Klasse.«
»Del erweckt den Eindruck, als ob er okay wäre.«
»Del kannte ihn nicht. Aber ich. Außerdem: Del ist ein lieber Kerl, aber unsere Beziehung ist in letzter Zeit etwas frostig geworden.«
»Revierpolitik?«
»Eheprobleme - seine Frau macht ihm Kummer. Er ist
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