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Sharpes Lösegeld

Sharpes Lösegeld

Titel: Sharpes Lösegeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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die nun, zu Weihnachten, an ihre Haustür geklopft hatten. Sie hielt ihr weinendes Kind fest, schloss die Augen und betete.

    Der Fuchs hatte einen Satz in die Luft gemacht, als er getroffen wurde, ein letzter Reflex, mit dem das Tier dem Schuss durch einen Sprung entkommen wollte, dann fiel es zu Boden und hinterließ eine blutige Spur im frostigen Gras.
    »Einer weniger«, sagte Sharpe zu Nosey. »Noch nicht, Junge.« Er drängte den Hund von dem Kadaver weg und fragte sich, ob er ihm den Balg abziehen sollte, dann aber beschloss er, das Fell Fell sein zu lassen, und begnügte sich damit, die Lunte abzuschneiden, damit er sie ans Scheunentor nageln konnte. An dem großen Tor hingen schon gut zwei Dutzend andere Fuchsschwänze. Sie sollten die Füchse von Château Lassan vertreiben, doch aus irgendeinem Grund wirkte die uralte Magie nicht.
    Sharpe schlitzte dem Fuchs den Bauch auf und ließ Nosey fressen, dann drehte er sich um und blickte ins Tal. Eigenartig, dachte er, dass die Gruppe Fußwanderer noch immer nicht auf der Straße hinter dem Hof erschienen war.
    Der vertraute Pulvergeruch hing in der Luft, während er ins Tal starrte. Vielleicht hatten die Reisenden es eilig gehabt und waren bereits hinter den Birken auf der anderen Seite des Hangs? Doch die Bäume waren kahl, und er sah keine einzige Bewegung dort, wo die Straße unter ihren Ästen anstieg.
    Verdammt noch eins, dachte er, sie sollten aber zu sehen sein, und plötzlich prickelte der alte Sinn für Gefahr. Er rief Nosey bei Fuß, hängte sich das Gewehr über und machte sich auf den Weg hinunter ins Tal. Dabei versicherte er sich, dass er albern war. Auf der Welt herrschte Frieden, morgen war Weihnachten, und die Menschen hatten ein Recht, den Landstraßen zu folgen, ohne das Misstrauen eines Rifleman im Ruhestand zu wecken, doch Sharpe las genauso wie Lucille die Zeitung.
    In Montmorillon war erst vergangenen Monat eine Gruppe von ehemaligen Soldaten in das Haus eines Anwalts eingedrungen, hatte ihn und seine Frau ermordet, ihre Wertsachen geraubt und die Töchter verschleppt. Die beiden Mädchen, vierzehn und sechzehn Jahre alt, waren wiederholt geschändet und dann in einen See geworfen worden. Die Jüngere hatte überlebt und konnte erzählen, was geschehen war. In ganz Frankreich ereignete sich Ähnliches. Es gab keine Arbeit, die Ernte war schlecht gewesen, und auf die Männer, die aus dem Krieg zurückkehrten, warteten kein Zuhause, kein Geld und keine Hoffnung. Zugleich aber verfügten sie alle über Erfahrung im Plündern und Furagieren, Fertigkeiten, zu denen Napoleon seine Soldaten stets ermuntert hatte.
    Sharpe war sich mittlerweile sicher, dass die Wanderer nicht die Straße zum Dorf eingeschlagen hatten, was bedeutete, dass sie entweder auf demselben Weg umgekehrt oder zum Hof gegangen waren. Und vielleicht gingen sie aus einem bestimmten Grund dorthin? Vielleicht waren sie Bettler, denn nicht alle Soldaten, die der Krieg entwurzelt hatte, schlossen sich zu Räuberbanden zusammen. Die meisten durchstreiften einfach das Land und bettelten um Essen. Sharpe hatte genug von ihnen in den letzten Monaten durchgefüttert, und gewöhnlich genoss er diese Begegnungen mit seinen alten Feinden. Ein solcher Bettler hatte auf den Mauern von Badajoz gestanden, einer spanischen Festung, die von den Briten angegriffen worden war. Er hatte damit geprahlt, wie viele Engländer er im Graben am Fuße der mittleren Bresche getötet habe, und Sharpe hatte kein Wort davon gesagt, dass er im selben Graben gewesen war und in einem Sturm aus Blut und Feuer die Bresche erklommen und die Franzosen in die Flucht geschlagen hatte.
    Es war vorbei, sagte er sich, es war vorbei und vergessen, und er vermisste nichts davon.
    Also waren es vielleicht wirklich nur Bettler, dachte er, aber trotzdem gefiel es Sharpe nicht, dass Lucille, Patrick und Marie allein vor einer Gruppe hungriger Männer standen, die vielleicht versucht waren, sich mehr zu nehmen, als ihnen freiwillig gegeben wurde. Er vergaß den zweiten Fuchs und eilte nach Hause. Er nahm den kurzen Weg über die Kuppe des Hügels und den steilen Hang hinab zu der Stelle, wo auf dem verstopften Mühlgraben das Eis glänzte.
    Sharpe überquerte die Grabenbrücke, die ebenfalls erneuert werden musste, und blieb stehen, um von jenseits des Grabens auf den Hof zu blicken. Nichts bewegte sich dort.
    Rauch stieg aus dem Küchenschornstein. Die Fenster waren von Eisblumen überzogen. Alles sah aus, wie es aussehen

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