Sharpes Lösegeld
Inbrunst.
»Madame«, sagte Malan galant, wischte sich über den Schnurrbart und machte eine ungeschickte Verbeugung vor ihr.
»Was geht da oben vor?«, rief Maître Lorcet vom unteren Ende der Treppe. Er hatte einen lauten Knall gehört, als Sharpe sich auf Challon gestürzt hatte, und einen noch lauteren, als Malan gesprungen war, und er fragte sich, welche Misshandlungen Challon der armen Frau angedeihen ließ. »Was machen Sie da?«
Sharpe öffnete die Schlafzimmertür. »Lorcet?«, rief er. »Hier spricht Major Sharpe. Ich habe vier Ihrer Männer gefangen genommen, ich habe meine Frau wieder und meinen Jungen, und neben mir steht ein Kaiserlicher Gardist, der gern jemanden töten möchte, und es hat nie Gold gegeben. Jetzt komme ich die Treppe herunter. Wenn Sie kämpfen möchten, soll mir das recht sein, aber wenn Sie leben wollen, legen Sie den Rubin auf den Tisch und setzen sich wie ein braver kleiner Anwalt.«
Jacques Malan zerrte den wimmernden Challon die Treppe hinunter, und Sharpe schloss den Sergent, Lorcet und die beiden verbliebenen Husaren in der unbenutzten Kapelle ein. Dort konnten sie ihre Sünden bereuen, bis sich Sharpe am Morgen um sie kümmerte, doch jetzt hatte er Wichtigeres zu tun. Er schickte Jacques, das Tor zu entriegeln, und ging in den großen Saal, um im Kamin ein Feuer zu entfachen, denn die Dorfbewohner, die draußen gesungen hatten, waren nun bis auf die Knochen durchgefroren.
Als das Feuer brannte, gingen er und Jacques Malan in den Keller und holten staubige Flaschen heraus, die dort noch vor der Revolution eingelagert worden waren.
Sharpe lauschte auf das Gelächter. Er hätte gern gewusst, wie Lucille im Haus so viel zu essen gefunden hatte, und er wusste, dass er wohl doch in der Normandie bleiben würde. Es war Weihnachten, er hatte endlich Nachbarn, und er war zu Hause.
Nachwort
»Sharpes Weihnacht« und »Sharpes Lösegeld« sind zwei Kurzgeschichten, die beide für die »Daily Mail« geschrieben worden sind, die zweimal hintereinander ihr Blatt über die Festtage hat füllen müssen. In diesem Zusammenhang muss ich amerikanischen Lesern zunächst einmal erklären, dass britische Zeitungen die ganze Weihnachtswoche als Ferienzeit betrachten. Natürlich schaffen es auch zu dieser Zeit echte Nachrichten in die Zeitung, aber die meisten Redakteure sind daheim und stopfen sich mit Truthahn, Plumpudding und Brandy voll. Deshalb müssen viele Seiten mit etwas anderem gefüllt werden. Die »Daily Mail« war sehr spezifisch: Jedes Jahr wollten sie eine Geschichte von zwölftausend Wörtern Länge, sorgfältig dreigeteilt, damit sie jeden Tag vierhundert Zeilen drucken konnten, und ich bin stolz darauf, diese Anforderungen exakt erfüllt zu haben - plus/minus zwei Wörter. Jetzt sind beide Geschichten natürlich länger, da ich befreit von diesen Restriktionen die Gelegenheit genutzt habe, um sie noch einmal zu überarbeiten.
Schon als ich die Anfrage der »Daily Mail« erhielt, kam mir das ein wenig seltsam vor. Sharpe - Gott segne ihn - ist nicht gerade ein Mann des Friedens. Gutwillig? Ja - zumindest jenen gegenüber, die er mag -, aber Sharpe und Weihnachten, das will so gar nicht zusammenpassen, denn immerhin ist Weihnachten das Fest, an dem Frieden auf Erden herrschen soll. An Weihnachten geht es um Hirten und Babys, um Engel und Wunder, um Geschenke und Feiern, während es sich bei Sharpe eigentlich nur um Konflikte dreht, gewalttätige noch dazu. Der Gegensatz ist fast vollkommen, doch die Anfrage faszinierte mich, und ich versuchte, zwei Geschichten zu schreiben, die zum einen den Geist der Weihnacht ausdrückten, zum anderen Sharpes kriegerische Natur aber auch nicht ignorierten.
Für jene, die wissen wollen, wo sich diese Geschichten in Sharpes Karriere einfügen: »Sharpes Weihnacht« findet nach »Sharpes Regiment« statt. Es spielt 1813, gegen Ende des Spanischen Unabhängigkeitskrieges, doch die Geschichte entstand kurz nach der Fertigstellung von »Sharpes Feuerprobe«, das 1799 in Indien spielt, im Vierten Mysore-Krieg. Einiges in »Sharpes Weihnacht« bezieht sich auf die Ereignisse von 1799, als Sharpe kurz (und mit offiziellem Segen) in einer kleinen französischen Einheit diente, die versuchte, den britischen Angriff auf Seringapatam zurückzuschlagen. Eine meiner Freuden beim Schreiben war es dann auch, Colonel Gudin noch mal einzuführen, jenen Franzosen, der als einer der ersten Offiziere Sharpes Potenzial erkannt hat.
Die zweite Geschichte,
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