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Sharpes Sieg

Titel: Sharpes Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sich über ihn, und Sharpe befürchtete, er wolle ihm die Kehle durchschneiden, doch stattdessen begann er, die Taschen von Sharpes Uniform aufzuschlitzen. Er fand den großen Schlüssel, der Seringapatams Hauptmagazin geöffnet hatte, ein Schlüssel, den Sharpe auf dem Basar hatte kopieren lassen, sodass er nicht stets das Formular im Wachzimmer der Waffenkammer hatte ausfüllen müssen. Der Mann, der ihn durchsuchte, warf den Schlüssel fort, schlitzte eine andere Tasche auf, fand nichts von Wert und widmete sich dann einer anderen Leiche. Sharpe starrte durch Lidspalten zur Sonne empor.
    Irgendwo in der Nähe stöhnte ein Sepoy der Garnison, und fast sofort wurde er mit dem Bajonett getötet. Sharpe hörte das röchelnde Ausatmen, als der Mann starb, und das saugende Geräusch, mit dem der Mörder die Klinge wieder aus dem Körper zog.
    Es war alles so schnell geschehen! Und Sharpe fühlte sich verantwortlich, obwohl er wusste, dass es nicht seine Schuld war. Nicht er hatte die Killer in die Festung gelassen, doch er hatte ein paar Sekunden gezögert, seinen Tornister und die Patronentasche ins Feuer zu werfen, und jetzt machte er sich Vorwürfe, weil er diese paar Sekunden genutzt haben könnte, um seine sechs Männer zu retten. Doch die meisten waren bereits tot oder im Sterben gewesen, als Sharpe erkannt hatte, dass es ein Massaker geben würde.
    Sharpe hatte seine Blase an der Rückwand des Küchenbaus erleichtert, als eine Musketenkugel durch die Wand aus Rohrmatten geschlagen war. Ein, zwei Sekunden hatte er nur ungläubig dagestanden und konnte kaum die Schüsse und Schreie glauben, die seine Ohren wahrnahmen. Er hatte sich nicht mal die Zeit genommen, seine Hose zuzuknöpfen, sondern war einfach herumgefahren, hatte das niedergebrannte Lagerfeuer gesehen und seinen Tornister hineingeworfen. Als er dann seine Muskete gespannt hatte und dorthin zurückgerannt war, wo seine Männer auf das Mittagessen warteten, war der Kampf fast vorüber gewesen. Die Musketenkugel hatte seinen Kopf zurückgerissen, und plötzlich hatte sein Schädel heftig geschmerzt, und als Nächstes hatte er erst wieder wahrgenommen, dass er mit verkrustetem Blut auf dem Gesicht am Boden gelegen hatte und Fliegen in seinen Mund gekrochen waren.
    Aber vielleicht hätte er seine Männer dem Tod entreißen können. Er quälte sich mit dem Gedanken, dass er Davi Lal und ein paar der Privates hätte retten und vielleicht den Kakteenwall überqueren und zwischen die Bäume hätte flüchten können, doch Davi Lal und alle sechs Privates waren tot, und Sharpe konnte die Killer lachen hören, als sie die Munition aus dem kleinen Magazin schleppten.
    »Subadar!«, rief der große Offizier. »Reiß die verdammte Fahne vom Mast, und zwar sofort!«
    Sharpe konnte nicht verhindern, dass er wieder blinzeln musste. Zum Glück bemerkte es niemand. Dann schloss er die Augen, weil die Sonne ihn blendete, und er hätte vor Zorn, Frustration und Hass fast geheult. Sechs Männer und Davi Lal tot, und er, Sharpe, hatte verdammt nichts tun können, um ihnen zu helfen. Er fragte sich, wer der große Offizier war. Dann hörte er aus einem Ruf die Antwort heraus.
    »Major Dodd, Sahib?«
    »Subadar?«
    »Alles ist verladen, Sahib.«
    »Dann lasst uns verschwinden, bevor die Patrouille zurückkehrt. Gut gemacht, Subadar! Sag den Männern, dass sie eine Belohnung bekommen.«
    Sharpe lauschte, als die Räuber die Festung verließen. Wer, zum Teufel, waren sie? Major Dodd hatte die Uniform der East India Company getragen, ebenso all seine Männer, aber sie waren bestimmt keine Soldaten der Company. Sie waren Killer, nichts anderes, Bastarde aus der Hölle, und sie hatten in Chasalgaon mörderisch gewütet.
    Sharpe bezweifelte, dass sie bei ihrem hinterhältigen Angriff einen einzigen Mann verloren hatten, doch er blieb still liegen, während die Geräusche ihres Abzugs verklangen. Ein Baby schrie, eine Frau schluchzte, und immer noch wartete Sharpe, bis er schließlich überzeugt war, dass Major Dodd und seine Männer fort waren. Erst dann wälzte er sich auf die Seite.
    In der Festung stank es nach Blut, um das die Fliegen schwärmten. Sharpe stöhnte und richtete sich auf die Knie. Reis und Ziegenfleisch waren in dem Kessel verbrannt. Er stand auf und trat ihn von dem Dreibein.
    »Bastarde«, fluchte er flüsternd. Er sah den überraschten Ausdruck auf Davi Lals Gesicht und hätte am liebsten um den Jungen geweint.
    Eine halb nackte Frau, die aus dem Mund blutete, sah

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