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Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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du bist zu den Sternen gereist, Lew Alton?«
    Es wäre nicht gerecht, zu behaupten, die Stimme sei unfreundlich gewesen. Dafür war sie nicht menschlich genug. Sie klang, als sei die Anstrengung, mit wirklichen, lebendigen Menschen zu sprechen, für Ashara zu viel, als habe unser Kommen den kristallinen Frieden, in dem sie weilte, gestört.
    Callina, die daran gewöhnt war – jedenfalls nahm ich das an –, murmelte: »Du siehst alles, Mutter Ashara. Du weißt, was auf uns zukommt.«
    Die Spur eines Gefühls huschte über das abgeklärte Gesicht, und sie schien sich zu verfestigen , wirklicher, weniger durchscheinend zu werden. »Nicht einmal ich kann alles sehen. Ich habe außerhalb dieses Ortes keine Macht mehr.«
    Callina bat leise: »Hilf uns trotzdem mit deiner Weisheit, Mutter.«
    »Ich werde tun, was ich muss«, meinte sie ungerührt. Sie winkte. Zu ihren Füßen stand eine transparente Bank aus Glas oder Kristall. Ich hatte sie vorher nicht bemerkt. Wieso nicht? Vielleicht war sie nicht da gewesen, vielleicht hatte Ashara sie hergezaubert. Mich konnte nichts mehr überraschen. »Setz dich hin und erzähl es mir.«
    Nun wies sie auf meine Matrix. »Gib sie mir und lass mich sehen …«
    Jetzt, da ich es berichte und mich daran erinnere, frage ich mich, ob dies alles überhaupt geschehen ist oder nur ein bizarrer Traum war, der die Realität verbarg. Ein Telepath, auch ein in Arilinn ausgebildeter Telepath, tut einfach nicht, was ich damals tat. Ohne an einen Widerspruch zu denken, zog ich mir den Lederriemen, an dem meine Matrix hing, mit meiner guten Hand über den Kopf, löste mit etwas Mühe die Seiden-Umhüllung und gab Ashara den Stein. Ich legte ihn ihr einfach in die Hand.
    Und dies ist das erste Gesetz für einen Telepathen: Lasse niemanden außer deiner eigenen Bewahrerin deine Matrix berühren, und auch sie darf es erst dann tun, wenn sie die Schwingungen ihres und deines Steins aufeinander abgestimmt hat, was viel Zeit erfordert. Aber ich saß da zu Füßen der alten Zauberin und legte ihr meine Matrix in die Hand, ohne darüber nachzudenken, obwohl sich irgendetwas in mir auf einen furchtbaren Schmerz gefasst machte … Ich erinnerte mich, wie Kadarin mir meine Matrix abgerissen hatte und ich in Krämpfe verfallen war … Nichts geschah; die Matrix hätte ebenso gut noch sicher um meinen Hals hängen können.
    Und ich saß friedlich da und sah zu.
    In der blauen Tiefe der Matrix tanzten seltsame Lichter … ich erkannte das Glühen von Feuer und das unheimliche Schimmern … Sharra! Nicht das Feuerbild, das uns im Rat geschreckt hatte, sondern die Göttin selbst, in lodernde Flammen gehüllt – sie verschwand, als Ashara die Hand bewegte. »Ja, diese Matrix kenne ich von alters her«, stellte die alte Bewahrerin fest. »Und die deine ist in Kontakt mit ihr gewesen, habe ich Recht?«
    Ich senkte den Kopf. »Du hast es gesehen.«
    Callina fiel ein: »Was können wir tun? Gibt es eine Verteidigung gegen …«
    Ashara winkte ihr zu schweigen. »Nicht einmal ich kann die Gesetze der Energie und der Mechanik ändern.« Wenn ich in diesem Raum rundum blickte, war ich da nicht so sicher. Als habe sie meine Gedanken vernommen, sagte sie: »Ich wünschte, du wüsstest weniger über die Wissenschaft der Terraner, Lew.«
    »Warum?«
    »Weil du jetzt nach Gründen, nach Erklärungen suchst, irrtümlich glaubst, jedes Ereignis müsse eine ihm vorhergehende Ursache haben … die Matrix-Technik ist die erste der nichtkausalen Wissenschaften.« Sie schien sich den terranischen Fachausdruck aus der Luft oder aus meinen Gedanken zu holen. »Deine Suche nach der Struktur, nach dem Grund und der Realität produziert erst die Ursache, aber es ist nicht die echte … kannst du das verstehen?«
    »Nur ein bisschen«, gestand ich. Ich hatte gelernt, in einer Matrix eine Maschine zu sehen, eine einfache, aber leistungsfähige Maschine zur Verstärkung von Psi-Impulsen und der elektrischen Energie des Gehirns und der Gedanken.
    »Aber das lässt keinen Platz für Erscheinungen wie Sharra«, erklärte Ashara. »Sharra ist eine sehr reale Göttin … Nein, schüttle darüber nicht den Kopf. Vielleicht könnte man Sharra einen Dämon nennen, obwohl sie ebenso wenig ein Dämon ist wie Aldones ein Gott … Sie sind Wesenheiten und nicht von dieser normalen, dreidimensionalen Welt, die du bewohnst. Dein Verstand findet es einfacher, von ihnen als Göttern und Dämonen zu denken und von deiner Matrix und der Sharra-Matrix als

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