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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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zurückkehrten. Sie fühlte, wie ihr Selbst verschwand. Der Himmel über ihr war wieder dunkel und das Feld wurde von weit entfernten Sternen beschienen. Zoe schloss die Augen, einen Arm auf dem kühlen Gras.
    Jemand flüsterte ihren Namen und sie glaubte, Will zu sehen, der sich weinend über sie beugte. Hinter ihm stand Asia. »Ich wäre für dich gestorben«, hörte sie Will sagen, doch sie konnte nur schwer den Sinn dieser Worte erfassen. Ich hätte ihn niemals sterben lassen. Niemals.
    Sie fühlte sich noch immer dahinschwinden wie ein Funken am Nachthimmel.
    Ich sterbe, dachte sie, und es war noch genug von ihr übrig, um Ruhe und sogar eine Spur von Freude zu verspüren, als sich ihre Augen schlossen und alles dunkel wurde.

Epilog
    »Komm schon, Will!«, brüllte Angus und winkte ihm vom Eis aus zu. Unter seiner offenen Jacke blitzte ein kariertes Hemd hervor, er hatte sich die Mütze tief in die Stirn gezogen und darunter standen seine Locken in alle Richtungen ab. Seine langen, wilden Gliedmaßen ließen es nur noch komischer aussehen, als er mehr oder weniger anmutig über das Eis glitt. »Na los, zeig uns deine Disney on Ice-Moves« ,drängte er und fuhr einen langsamen Schlenker.
    »Gegen Goofy kommt keiner an«, entgegnete Will.
    Mafer kreischte auf, als Angus in sie hineinfuhr. Beide kullerten lachend über das Eis.
    Zoe blinzelte in den blauen Himmel hinauf. Wattewolken trieben scheinbar unbekümmert und ohne Eile über die weite Fläche. Sie saß auf einer Bank neben dem See. Will bewegte sich neben ihr, als beginne er langsam zu frieren. Er legte einen Arm um Zoe und zog sie an sich.
    Sie trug nur eine leichte Cordjacke und keine Mütze. Ihr langes Haar ergoss sich über ihren Rücken, so weiß wie der Neuschnee, der den Boden bedeckte, und wie die Wolken über ihnen. Lächelnd sah sie zu, wie Angus und Mafer herumalberten, doch sie verspürte nicht den Drang, sich dazuzugesellen. Sie war glücklich und zufrieden auf ihrer Bank.
    Will zog seine Jacke aus und wollte sie ihr um die Schultern legen, aber sie schüttelte ihn ab. Immer noch lächelnd drehte sie sich zu ihm um. »Die brauch ich nicht.«
    Will schob den Arm wieder in den Ärmel und schlüpfte in die Jacke. »Du frierst immer noch nicht.«
    Zoe schüttelte den Kopf.
    Er strich ihr mit einer behandschuhten Hand über die Wange. Sie legte ihre eigene bloße Hand über seine und schloss die Augen. Sie mochte die Vorstellung, dass sie ihn wärmte.
    Es hatte keine weiteren Feuer gegeben, schon seit Wochen nicht mehr. Ihr Zimmer war fertig, und sie und ihr Vater waren zurück in ihr eigenes Haus gezogen, das endlich anfing, sich vertraut und behaglich anzufühlen. Die Kisten im Wohnzimmer waren ausgepackt, und dank der vielen Sachen und der Bücher aus ihrer Wohnung in Manhattan sah ihr Zimmer nun aus wie ein Ort, an den sie gehörte. Es sah nach Zuhause aus.
    Selbst in der Schule war es besser geworden. Es war hart gewesen, aber Zoe hatte fast den gesamten Stoff aufgeholt, den sie in den ersten Wochen verpasst hatte. Jetzt musste sie sich darauf konzentrieren, ihre Collegebewerbungen fertigzustellen – aber das hatte noch ein wenig Zeit. Außerdem spielte sie sowieso mit dem Gedanken, ein Jahr Auszeit zu nehmen. Es gab immer noch so viel, das sie aufarbeiten musste.
    Ihre Mitschüler hatten aufgehört, ihr im Flur Seitenblicke zuzuwerfen, und selbst der Tratsch über Kirk ließ nach, nachdem er es geschafft hatte, sich einige Monate lang ganz normal aufzuführen. Und ja, ihr war immer noch warm, als trüge sie ihr eigenes Feuer in sich. Aber sie glühte nicht mehr. Sie drohte nicht mehr, bei der kleinsten Gelegenheit in Flammen aufzugehen. Sie hatte keine Ahnung, was das bedeutete. Will gefiel die Vorstellung, dass sie gewissermaßen ausgebrannt und nun eine ganz normale Sterbliche war. Auch Zoe wollte das gerne glauben und manchmal schaffte sie es sogar.
    Meistens wusste sie allerdings nicht, was sie glauben sollte. Circe, Asia – das alles kam ihr wie ein Traum vor, an den sie sich kaum noch erinnern konnte, sondern der lediglich ein vages Gefühl in ihr wachrief. Größtenteils ein Gefühl der Erleichterung, dass es vorbei war.
    Aber immer, wenn ihr Blick auf ihr Spiegelbild fiel, erschrak sie beim krassen Anblick ihrer Haare. Sie waren weiß geworden in der Nacht, als Circe sie gefunden hatte.
    Die Ereignisse jener Nacht hatten sich ihr erst im Nachhinein und dank der Hilfe von Asia vollends erschlossen. Circe hatte ihre Chance gesehen –

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