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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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eingekrallt, und seine Züge waren von irgendeiner ungeheuren Erregung so furchtbar verzerrt, dass ich kaum darauf hätte schwören können, es sei wirklich mein Freund. Ganz bestimmt war keine körperliche Verletzung irgendwelcher Art vorhanden. Aber eine falsche Angabe hat Barrymore vor der Jury gemacht. Er behauptete, es seien auf dem Boden in der Nähe der Leiche keine Spuren vorhanden gewesen. Er bemerkte allerdings keine. Aber ich sah welche – ein kleines Stück entfernt, aber frisch und deutlich.«
    »Fußspuren?«
    »Fußspuren.«
    »Von einem Mann oder von einer Frau?«
    Dr. Mortimer sah uns einen Augenblick lang mit sonderbarem Ausdruck an; dann sagte er leise, fast flüsternd:
    »Mr Holmes, es waren die Spuren eines riesengroßen Hundes.«
D RITTES K APITEL
    Ich gestehe, dass bei diesen Worten ein Schauder mich überrieselte; es lag ein eigenartiger Klang in des Doktors Stimme; offenbar war er selber tief ergriffen von seinen Worten. Holmes hatte sich erregt vorgebeugt; seine Augen hatten jenen trockenen Glanz, der stets aus ihnen sprühte, wenn ein Fall ihm besonders naheging.
    »Sie sahen es?«
    »So deutlich, wie ich Sie vor mir habe.«
    »Und Sie sagten nichts?«
    »Was für einen Zweck hätte das haben sollen?«
    »Wie kam es, dass sonst niemand die Spuren sah?«
    »Sie waren einige zwanzig Schritte vom Leichnam entfernt, und kein Mensch dachte an eine solche Möglichkeit. Ich glaube nicht, dass ich selber sie beobachtet hätte, wenn ich nicht die Sage gekannt hätte.«
    »Es gibt viele Schäferhunde auf dem Moor?«
    »Ganz gewiss, aber die Spuren waren nicht von einem Schäferhund.«
    »Sie sagten, sie wären groß gewesen?«
    »Ungeheuer.«
    »Aber das Tier war nicht an den Leichnam herangekommen?«
    »Nein.«
    »Wie war die Nacht?«
    »Feucht und rau.«
    »Aber es regnete nicht?«
    »Nein.«
    »Wie sieht die Allee aus?«
    »Sie besteht aus zwei undurchdringlichen, zwölf Fuß hohen Taxushecken. Der Weg, der die Mitte des Ganges einnimmt, ist etwa acht Fuß breit.«
    »Ist etwas zwischen den Hecken und dem Weg?«
    »Ja, an jeder Seite ein ungefähr sechs Fuß breiter Grasstreifen.«
    »Wenn ich Sie recht verstand, ist die Taxushecke an einer Stelle von einer Pforte durchbrochen?«
    »Ja, von der Lattenpforte, die auf das Moor hinausführt.«
    »Ist noch eine andere Öffnung vorhanden?«
    »Keine.«
    »Man muss also, um in die Taxusallee zu gelangen, entweder vom Haus herkommen oder durch die Moorpforte eintreten?«
    »Es gibt noch einen Zugang: durch ein Gartenhaus, das am äußersten Ende des Ganges steht.«
    »War Sir Charles so weit gekommen?«
    »Nein, er lag ungefähr fünfzig Schritt weit davon ab.«
    »Nun sagen Sie mir, Herr Doktor – und dies ist wichtig! – waren die Spuren, die Sie sahen, auf dem Weg und nicht auf dem Gras?«
    »Auf dem Gras wären Spuren überhaupt nicht zu sehen gewesen.«
    »Waren sie auf der Seite des Weges, wo sich die Moorpforte befindet?«
    »Ja; sie waren am Rande des Weges, auf derselben Seite wie die Lattenpforte.«
    »Sie interessieren mich über alle Maßen. Noch eins: War die Lattenpforte geschlossen?«
    »Geschlossen und verriegelt.«
    »Wie hoch ist sie?«
    »Ungefähr vier Fuß.«
    »Dann konnte also, wer wollte, hinübersteigen?«
    »Ja.«
    »Und was für Spuren bemerkten Sie an der Pforte?«
    »Keine besonderen.«
    »Grundgütiger Himmel! Haben Sie denn die Stelle nicht untersucht?«
    »Ja, ich untersuchte sie selbst.«
    »Und Sie fanden nichts?«
    »Der Boden war sehr zertreten. Sir Charles hatte offenbar fünf oder zehn Minuten lang da gestanden.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Weil er zweimal die Asche von seiner Zigarre abgestrichen hatte.«
    »Ausgezeichnet! Das ist ein Kollege nach unserem Herzen, Watson. Aber die Spuren?«
    »Seine eigenen Fußspuren befanden sich überall auf dem kleinen Fleck Erde; andere konnte ich nicht entdecken.«
    Sherlock Holmes schlug sich in einer Aufwallung von Ungeduld mit der Hand aufs Knie und rief:
    »Wäre ich doch nur dort gewesen! Augenscheinlich liegt ein ganz besonders interessanter Fall vor, aus dem ein wissenschaftlich geschulter Sachverständiger ungeheuer viel hätte machen können. Das Stückchen Erdreich, worauf ich wie auf einem Blatt Papier so viel hätte lesen können, es ist jetzt seit langer Zeit vom Regen durchweicht und von den Holzschuhen neugieriger Bauern bis zur Unkenntlichkeit zertrampelt. Oh, Dr. Mortimer, Dr. Mortimer! Dass Sie mich nicht hinzugezogen haben! Sie haben vielleicht eine

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