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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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hätte sprechen können, er hätte mich davor gewarnt, den Letzten des alten Geschlechtes, den Erben so großen Reichtums, in dieses Haus des Todes zu bringen. Andererseits lässt sich nicht leugnen, dass die Wohlfahrt jenes ganzen armseligen, dürren Landstriches von seiner Anwesenheit abhängt. Alles Gute, das Sir Charles getan, wird verlorene Mühe sein, wenn Baskerville Hall keinen Bewohner hat. Ich fürchte, das natürliche Interesse, das ich selber an der Sache habe, könnte mich beeinflussen, und deshalb trage ich Ihnen den Fall vor und bitte um Ihren Rat.«
    Holmes dachte eine kleine Weile nach; dann sagte er:
    »In klare Worte gefasst, liegt also die Sache so: Nach Ihrer Meinung ist eine höllische Macht am Werk und macht Dartmoor zu einem unsicheren Aufenthaltsort für einen Baskerville. So denken Sie doch?«
    »Jedenfalls möchte ich so weit gehen, zu sagen, dass einige Anzeichen vorhanden sind, es könnte so sein.«
    »Ganz recht. Aber so viel ist doch sicher: Wenn Ihre Annahme, dass übernatürliche Kräfte im Spiel seien, richtig ist, könnten diese dem jungen Mann in London ebenso leicht Böses antun wie in Devonshire. Einen Teufel mit örtlich beschränkter Macht, die etwa nur in einem bestimmten Kirchspiel gilt, den kann ich mir gar nicht vorstellen.«
    »Sie nehmen die Sache etwas scherzhaft, Mr Holmes; Sie würden das wohl nicht tun, wenn Sie mit diesen Dingen in persönliche Berührung kämen. Wenn ich Sie recht verstand, sprachen Sie also Ihre Meinung dahin aus, der junge Mann werde in Devonshire ebenso sicher sein wie in London. In fünfzig Minuten kommt er. Was würden Sie mir empfehlen?«
    »Ich empfehle Ihnen, werter Herr, eine Droschke zu nehmen, Ihren Hund abzurufen, der an meiner Haustür kratzt, und an die Waterloo Station zu fahren, um Sir Henry Baskerville abzuholen.«
    »Und dann?«
    »Und dann werden Sie ihm durchaus nichts sagen, bis ich mir über die Sache klar geworden bin.«
    »Wie lange brauchen Sie, um sich darüber klar zu werden?«
    »Vierundzwanzig Stunden. Morgen früh um zehn, Herr Doktor Mortimer, werde ich Ihnen sehr verbunden sein, wenn Sie mich hier aufsuchen wollen, und es wird mir in meinen Plänen eine wesentliche Hilfe sein, wenn Sie Sir Henry Baskerville mitbringen.«
    »So werde ich’s machen, Mr Holmes.« Er kritzelte die Verabredung auf seine Handstulpe und rannte in seiner sonderbaren, zerstreuten Art aus der Tür. Oben an der Treppe rief Holmes ihn aber zurück.
    »Nur noch eine Frage, Herr Doktor. Sie sagen, vor Sir Charles Baskervilles Tod hätten mehrere Leute das Gespenst auf dem Moor gesehen?«
    »Ja, drei.«
    »Sah jemand es nachher?«
    »Ich habe durchaus nichts davon gehört.«
    »Danke. Guten Morgen.«
    Holmes setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Sein ruhiger Blick voll innerer Befriedigung zeigte an, dass er eine seiner würdige Aufgabe vor sich sah.
    »Gehen Sie aus, Watson?«
    »Ja, das heißt, wenn ich Ihnen helfen kann ...«
    »Nein, mein lieber Junge; erst wenn es zu handeln gilt, wende ich mich an Sie um Hilfe. Na, dieser Fall ist prachtvoll, in mancher Hinsicht geradezu einzig. Wenn Sie bei Bradleys Laden vorbeikommen, wollen Sie ihm bitte sagen, er möchte mir ein Pfund von seinem stärksten Schnitttabak zuschicken? Danke. Es wäre recht gut, wenn Sie’s so einrichten könnten, dass Sie nicht vor Abend zurückkommen. Dann würde es mir viel Vergnügen machen, unsere Ansichten über das höchst interessante Problem von heute früh zu vergleichen.«
    Ich wusste, Abgeschlossenheit und Einsamkeit waren meinem Freund sehr notwendig in jenen Stunden schärfster Denkarbeit, in denen er jedes Beweisteilchen nach seinem Wert maß, verschiedene Theorien gegeneinander abwog und sich schlüssig darüber machte, welche wesentlich und welche unbedeutend waren. Ich verbrachte daher den Tag in meinem Klub und kam erst abends zur Baker Street zurück. Es war fast neun Uhr, als ich wieder unser Wohnzimmer betrat.
    Als ich die Tür öffnete, war mein erster Gedanke, es sei Feuer ausgebrochen, denn das Zimmer war so voll Qualm, dass kaum das Licht der auf dem Tisch stehenden Lampe hindurchschien. Als ich jedoch im Zimmer war, erkannte ich, dass ich mich geirrt hatte; es war nur der beizende Rauch starken Tabaks, der mir die Kehle zuschnürte, sodass ich husten musste. Durch den Dunst hindurch sah ich in undeutlichen Umrissen die Gestalt von Sherlock Holmes, der mit seiner schwarzen Tonpfeife zwischen den Lippen, mit seinem Schlafrock bekleidet, sich’s in

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