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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Ich bedaure, die Spuren des Wetters in Ihr behagliches Zimmer gebracht zu haben.«
    »Geben Sie mir Schirm und Mantel«, bat Holmes, »hier am Kamin trocknet beides schnell, Sie kommen von Süd-West, wie ich sehe.«
    »Ja, von Horsham.«
    »Die Mischung von Ton und Kalk an Ihren Stiefelspitzen läßt daran nicht zweifeln.«
    »Ich kam, mir Rat zu holen.«
    »Den sollen Sie gern haben.«
    »Auch Hilfe!«
    »Die läßt sich nicht immer so leicht gewähren.«
    »Ich hörte von Ihnen, Herr Holmes. Major Prendergast erzählte mir, wie Sie ihn aus dem Tankerville-Club-Skandal retteten.«
    »Allerdings. Irrtümlich wurde er falschen Kartenspiels beschuldigt.«
    »Er sagt, Sie bekämen alles heraus.«
    »Da sagt er zuviel.«
    »Sie ließen sich nie hinters Licht führen.«
    »Viermal ist mir das passiert – dreimal von Männern, einmal von einer Frau.«
    »Was ist das im Vergleich zu Ihren Erfolgen?«
    »Allerdings hatte ich meist Erfolg.«
    »Hoffentlich werden Sie den auch in meinem Fall haben.«
    »Bitte, rücken Sie Ihren Stuhl näher an das Feuer, und teilen Sie mir gefälligst mit, um was es sich handelt.«
    »Es ist nichts Alltägliches, was mich herführt.«
    »In gewöhnlichen Fällen wendet man sich auch nicht an mich. Ich bin die letzte Instanz.«
    »Und dennoch zweifle ich, ob Sie bei all Ihrer Berufserfahrung je einer dunkleren und unerklärlicheren Verkettung von Umständen begegneten, als die sind, welche ich aus meiner Familie zu berichten habe.«
    »Sie wecken mein Interesse«, versetzte Holmes; »bitte, nennen Sie uns die Hauptpunkte von Anfang an, dann kann ich Sie über die Einzelheiten befragen, die mir am wichtigsten erscheinen.«
    Der junge Mann rückte seinen Stuhl näher und streckte die nassen Füße nach dem Feuer aus.
    »Mein Name«, hub er an, »ist John Openshaw, doch haben meine eigenen Verhältnisse mit der entsetzlichen Geschichte, soviel ich sehe, wenig zu tun. Es handelt sich um eine Erbschaftsangelegenheit, und so muß ich etwas zurückgreifen, um Ihnen die Sachlage zu erklären: Mein Großvater hatte zwei Söhne – meinen Oheim Elias und meinen Vater Joseph. Mein Vater besaß eine kleine Fabrik in Coventry, die er zur Zeit, wo das Radfahren aufkam, vergrößerte. Er war der Inhaber des Patents für die Openshawschen Sicherheits-Räder, was ihm großen Gewinn brachte, so daß er sein Geschäft verkaufen und von seinen Renten leben konnte.
    Mein Oheim Elias wanderte in jungen Jahren nach Amerika aus und wurde in Florida Pflanzer. Es soll ihm sehr gut gegangen sein. Während des Krieges kämpfte er in Jacksons Armee, dann unter Hood, wobei er zum Obersten avancierte. Als Lee die Waffen streckte, kehrte mein Oheim auf seine Plantagen zurück, wo er drei bis vier Jahre blieb. 1869 oder 70 kam er wieder nach Europa und kaufte ein kleines Anwesen in Sussex, in der Nähe von Horsham. Er hatte drüben in den Staaten ein sehr bedeutendes Vermögen erworben, verließ jedoch Amerika, weil er die Neger verabscheute und sich mit der republikanischen Politik, die ihnen die Freiheit gab, nicht befreunden konnte. Er war ein Sonderling, von heftigem und leidenschaftlichem Wesen und auffallend menschenscheu. Ich glaube kaum, daß er während der vielen Jahre, die er in Horsham lebte, je den Fuß in die Stadt setzte. Er hatte einen Garten und einige Felder am Hause; dort machte er sich die nötige Bewegung, verließ aber oft wochenlang nicht sein Zimmer. Er trank viel Branntwein, rauchte tüchtig, wollte keinen Menschen sehen, bedurfte keiner Freunde, ja, auch nicht seines eigenen Bruders. Gegen mich hatte er nichts, ja, er fand Gefallen an mir, als er mich als ungefähr zwölfjährigen Jungen zum erstenmal sah. Es mag dies wohl im Jahre 1878 gewesen sein, und er lebte damals schon seit 8-9 Jahren in England. Er bat meinen Vater, mich bei ihm wohnen zu lassen, und auf seine Weise zeigte er sich immer gut gegen mich. War er nüchtern, so spielte er gern Backgammon oder Dame mit mir. Dienstboten und Verkäufer wies er mit ihren Anliegen stets an mich, und so war ich mit 16 Jahren Herr im Hause.
    Ich hatte alle Schlüssel, konnte tun und lassen was ich wollte, wenn ich ihn nur nicht störte. Es gab hiervon nur eine einzige Ausnahme: oben auf dem Boden war eine stets verschlossene Rumpelkammer, deren Zutritt weder mir noch sonst jemand gestattet wurde. Mit knabenhafter Neugier guckte ich oft durchs Schlüsselloch, konnte aber nie etwas anderes erspähen als alte Koffer und Bündel, wie sie meist an solchem Ort

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