Sherlock Holmes und der Fluch der Titanic (German Edition)
von Eisen und Stahl stürzten durch ein Gewirr aus Gittern, Leitern und Schotten nach unten und schlugen Löcher in die Flanken des Schiffes. Die Maschinen und die Heizräume füllten sich mit beißendem Dampf, der den hunderten Männern, die dort arbeiteten, einen schnellen, aber qualvollen Tod brachte.
Im Brüllen des entweichenden Dampfes, dem bienengleichen Summen tausender Stimmen von Menschen in Todesangst und dem Pfeifen der durch hunderte offene Luken entweichenden Luft bewegte sich die Titan langsam rückwärts und tauchte zurück in das Meer, in dem sie nun in starker Schräglage trieb. Ein sterbendes, brüllendes Monster, das eine tödliche Wunde erhalten hatte. 2
Holmes war so sehr in die Lektüre des ihm übermittelten Materials versunken, dass er das Abendessen vergessen hätte, hätten ihn nicht Mrs. Hudson und ihre Nichte bei der Arbeit unterbrochen.
»Sie sehen doch, Mrs. Hudson, dass kein Platz für ein Gedeck vorhanden ist. Ich werde mich am morgigen Frühstück schadlos halten.«
Doch die Hausfrau gab sich nicht geschlagen. »Ich sehe sehr wohl, dass der gesamte Speisetisch von Zeitungen okkupiert ist, daher laden Helen und ich Sie zu einem kleinen Mahl in unsere Wohnung ein. Sie müssen nur eine kurze Pause machen.«
Widerwillig folgte Holmes den beiden Damen ins Erdgeschoss und war überrascht, wie gemütlich und zweckmäßig das Esszimmer von Mrs. Hudson eingerichtet war. Der Tisch war festlich gedeckt, mit Stoffservietten und brennenden Kerzen. Helen Lomax servierte Bouillon mit Ei.
»Die Baker Street hat sich sehr zum Nachteil verändert, seit Sie nicht mehr hier sind, Mr. Holmes«, plauderte Mrs. Hudson drauflos. »Und jetzt ist man seines Lebens nicht mehr sicher, seitdem die Deutschen begonnen haben, Krieg gegen uns zu führen. Ich habe keine Ahnung, wohin dies führen soll.«
»Sie sagen es, Mrs. Hudson. Eine schwierige Lage«, stimmte ihr Holmes zu, um die aufgeregte Frau zu besänftigen.
»Tante Jane ärgert sich in letzter Zeit über jeden und alles«, erklärte die Nichte.
Als die alte Frau protestieren wollte, meinte Holmes: »Ärger hält die Menschen jung. Nicht wahr, Mrs. Hudson? Bei mir ist dies zumindest der Fall.
Und natürlich die köstliche Hühnersuppe. Sie bringt mich wieder in Schwung.«
»Aber nicht, dass Sie wieder die ganze Nacht durcharbeiten, Mr. Holmes! Das hat Ihnen noch nie gutgetan. Und jetzt sind Sie ohne Begleiter. Erzählen Sie mir, wie es Doktor Watson geht. Wann haben Sie ihn das letzte Mal getroffen?«
Obwohl er von dem gefüllten Huhn und dem Apfelkuchen mit Sahne angetan war, war Holmes froh, nach eineinhalb Stunden wieder in seine Wohnung und zu seiner Arbeit, zurückkehren zu können. Erneut setzte er seine Pfeife in Brand. Nun konnte er sich den Artikeln zuwenden, die der ermordete Journalist Stanley R. Evans und sein Kollege Robert M. Conolly verfasst hatten.
Die beiden behaupteten darin, dass Bruce Ismay und J. P. Morgan in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren. Das Interesse an Luxusreisen von und nach Amerika war nicht so groß, wie sie es sich erhofft hatten. Zudem war das Schwesterschiff der Titanic, die Olympic, im September 1911 in der Nähe von Southampton mit der HMS Hawke kollidiert. Die britische Navy versicherte damals, keine Schuld an dem Zusammenstoß zu haben. Somit hatten die White Star Lines die enormen Kosten für die Beschädigung zweier Schiffe allein zu tragen.
Zur selben Zeit war die Titanic fast vollständig fertiggestellt. Eine Reparatur der Olympic zu der Zeit hätte den Stapellauf verzögert. Nach Aussage der Journalisten entschlossen sich nun Ismay und Morgan, ganz einfach die Namensschilder der fast identischen Schiffe zu tauschen. Die unversehrte Titanic trug daraufhin den Namen Olympic und die beschädigte Olympic wurde als Titanic auf Jungfernfahrt geschickt mit der Absicht, sie gegen einen Eisberg fahren und sinken zu lassen und die Versicherungssumme zu kassieren. Ein doppelter Gewinn für die White Star Line .
»Eine gewaltige Anschuldigung«, überlegte der Detektiv laut. »Immerhin kamen bei der Kollision der Titanic mit dem Eisberg 1.635 Menschen ums Leben. Ismay und Morgan wären Massenmörder, hätten sie das in Kauf genommen. Und immerhin war Ismay selbst an Bord des Schiffes gewesen. Das Verhalten von J. P. Morgan andererseits war mehr als merkwürdig.«
Nach den Aussagen von Evans und Conolly war Mr. Morgan nicht wirklich krank, sondern verbrachte die entscheidenden Tage im Haus seiner
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