Sherry Thomas
Bettpfosten, wie es aussah.
»Meine Mutter hat innerhalb von zehn Jahren Ehe keinen Sohn zustande gebracht.
Außerdem kann es sich auch immer noch herausstellen, dass einer von uns beiden
oder gar wir alle beide unfruchtbar sind.«
»Und worauf genau willst du
hinaus?«
»Wir müssen eine Höchstdauer
vereinbaren für diese Abmachung. Um meinetwillen und auch wegen Lord
Frederick, den ich nicht ewig warten lassen kann.«
Was hatte Mrs. Rowland doch in ihrem
zornigen Brief an ihn geschrieben? Ich will gern zugeben, dass Lord
Frederick sehr liebenswürdig ist. Aber im Kopf hat er nur Pudding und noch dazu
die Grazie einer lahmen Ente. Was Gigi in ihm sieht, ist mir schlichtweg
unbegreiflich. Camden ließ die Gurte des Hosenträgers auf die Schultern
niederschnellen. Diesmal würde Mrs. Rowland ihre ganze Schlauheit nichts
nützen. Wie viele Männer gab es wohl in ganz England, die sich treu und
unerschütterlich zu einer Frau stellten, die gerade mitten in einer Scheidung
steckte?
»... sechs Monate«, sagte seine
Gemahlin. »Falls ich Anfang November noch nicht guter Hoffnung bin, veranlassen
wir die Scheidung. Falls doch, warten wir damit bis zur Geburt.«
Aus irgendeinem Grund konnte er sich
das Kind nicht vorstellen, nicht einmal eine Schwangerschaft. In Gedanken kam
er bis zum Bett und nicht weiter. Ein Teil von ihm ekelte sich vor der
Vorstellung irgendeiner Intimität mit ihr.
Aber eben nur ein Teil ...
»Also?«, fragte sie energisch.
»Was, wenn das Kind ein Mädchen
wird?«
»Darauf habe ich keinen
Einfluss.«
»Eine zeitlich begrenzte Vereinbarung
hat viel für sich, nur leider kann ich dir bezüglich der Details nicht zustimmen«,
sagte er. »Sechs Monate sind viel zu kurz, danach weiß man noch gar nichts.
Ich schlage ein Jahr vor und einen weiteren Versuch, falls es ein Mädchen
wird.«
»Neun Monate.«
In diesem Spiel hielt er sämtliche
Trümpfe. Es wurde Zeit, dass sie das begriff. »Ich bin nicht zum Feilschen
hergekommen, Lady Tremaine. Bisher war ich nachsichtig. Ein Jahr, oder es gibt
keine Abmachung.«
Sie hob das Kinn. »Ein Jahr ab
heute?«
»Ein Jahr nachdem wir den ersten
Versuch unternommen haben.«
»Und wann genau wird dieser
stattfinden, mein Herr und Gebieter?«
Er lachte leise über ihren
schneidenden Ton. Ganz wie früher. Kampflos gab sie sich nicht geschlagen.
»Geduld, Gigi, nur Geduld. Du wirst schon schnell genug bekommen, was du dir
so sehr wünschst.«
»Ganz genau, vergiss das besser
nicht«, entgegnete sie hochmütig wie die junge Königin Elisabeth, nachdem
sie die spanische Armada hatte versenken lassen. »Einen schönen Tag wünsche
ich.«
Er folgte ihr mit den Augen, wie sie
mit schwingenden Hüften und rauschenden Röcken das Zimmer verließ. Niemand
hätte bei ihrem Anblick geahnt, dass sie gerade eine empfindliche Niederlage
eingesteckt hatte.
Plötzlich fiel ihm wieder ein, dass
er sie einmal gemocht hatte.
Zu sehr.
Kapitel 4
Bedfordshire,
im Dezember 1882
Gigi konnte griechische Mythologie nicht
ausstehen. Ständig bestraften die Götter darin Frauen wegen angeblicher
Anmaßung. Was war denn schon falsch daran, sich ins rechte Licht zu setzen?
Warum durfte Arachne nicht laut und deutlich sagen, dass sie mehr vermochte als
Athene? Es stimmte doch! Aber nein, sie wurde dafür in eine Spinne verwandelt.
Und weshalb hatte Poseidon Andromeda einem Seeungeheuer vorgeworfen, nur weil
deren Mutter Kassiopeia zurecht behauptete, schöner zu sein als seine eigenen
Töchter?
Gigi jedenfalls hatte sich ebenfalls
der Anmaßung schuldig gemacht und wurde nun von den eifersüchtigen Göttern
bestraft. Wie sonst war Carringtons plötzlicher und sinnloser Tod zu erklären?
Andere junge Wüstlinge endeten als hochbetagte Greise, die aus geröteten Augen
die Debütantinnen anglotzten. Wieso hatte Carrington nicht dasselbe Schicksal
vergönnt sein können?
Eine kräftige Brise wehte ihr fast
den Hut vom Kopf. Sie rieb sich übers Kinn, wo das Hutband verknotet war.
Briarmeadow, der Landsitz der Rowlands, bestand aus über dreitausend Hektar
Wald und Wiesen, ausnahmslos platt wie ein Pfannkuchen, einmal abgesehen von
diesem Winkel hier, in dem es teils steile Hügel gab.
Sie war in einem anderen Haus in der
Nähe von Bedford aufgewachsen. Briarmeadow hatte man erworben, um die Heirat mit ihr attraktiver für
Carrington zu machen. Es grenzte unmittelbar an Twelve Pillars, Carringtons
eigenen Landsitz.
Gigi ging gern hier spazieren. Landbesitz
war etwas Solides,
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