Shopping and the City
wiederzusehen, nachdem ich ihn in aller Öffentlichkeit blamiert hatte. Oh ja, und seine Schwestern – ich war sicher, dass die sich auch mächtig freuen würden, mich wiederzusehen.
Um ganz ehrlich zu sein, am liebsten wäre ich zu der Party in der Galerie zurückgekehrt. Leider war da dieser nervige neue Mensch in mir, und dieser Mensch wollte aus meiner Haut fahren und mir die Wahrheit ins Gesicht schreien. Tief in meinem Herzen hatte ich nie wirklich geglaubt, dass Paolo all die Dinge getan hatte, derer ich ihn beschuldigt hatte. Dann erinnerte mich der neue Mensch in mir daran, dass Küsse niemals lügen.
Ich ging hinein.
D ie Lichter wurden gedimmt. Ich nahm gerade rechtzeitig das Programm hoch, das auf meinem reservierten Platz in der ersten Reihe lag, um zu sehen, dass das Thema der Modenschau »Glücklich verliebt« lautete. Sanfte Hintergrundmusik versetzte die Zuschauer in die richtige Stimmung. Models tauchten wie von Zauberhand aus der Dunkelheit auf und schwebten in zeitgemäßen Versionen klassischer Couture über den Laufsteg. Atemberaubend. Aber das war schließlich Glamontis Markenzeichen – nichts Trendiges, nur zum Sterben schöner, hinreißender Chic ohne jeden Schnickschnack. Es war ein Look, der niemals aus der Mode kam, sondern mit den Jahren nur eleganter wurde.
So saß ich also in der Mitte der ersten Reihe und starrte wer weiß wie lange wie gebannt auf eine wunderschöne Gestalt nach der nächsten.
Die letzte Gruppe, die über den Laufsteg defilierte, war die Hochzeitsgruppe. Die erste Braut präsentierte sich in einem schneeweißen hauchzarten Traumprinzessinnenkleid, welches so himmlisch schön war, dass es mir den Atem verschlug. Die Schleppe war mit Blütengirlanden bestickt, die sich asymmetrisch um das Kleid zogen. Ihr Schleier war mit schneeweißer Chantilly-Spitze besetzt. Als das Model näher kam, bemerkte ich, dass quer über den weiten Rock in leuchtend scharlachroter Schnörkelschrift die Worte Imogene, amore mio! gestickt waren! Das Model blieb direkt vor mir stehen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich saß einfach nur da und lief rot an. Die zweite Braut folgte ihrem Beispiel
und blieb ebenfalls direkt vor mir stehen. Auf den wallenden weißen, an eine Sahnetorte erinnernden Rock waren etwas andere Worte in leuchtend roten Lettern gestickt. Diesmal stand da, und ich zitiere: »Je t’aime, Imogene!« Die dritte und letzte Braut kam den Laufsteg entlang. Auf ihrem Rock stand »PaoloImogene.« Sie wurde von Renzo Glamonti begleitet, und die bislang ehrfürchtig eingeschüchterte Menge brach in überglückliche Jubelstürme aus! Zwischen »Bravo!«und »Bravissimo!«-Rufen verschwand er, und an seine Stelle trat Paolo. Er sah mich an, legte seine Hand auf sein Herz und lächelte die Art von Lächeln, die einen bis an Stellen erwärmte, von denen man gar nicht wusste, dass man sie besaß. Dann streckte er seine Hand zu mir aus und, na ja, ich stieg auf den Laufsteg und ergriff sie.
Ich beugte mich dicht an sein Ohr und flüsterte: »Es spielte keine Rolle, ob du ein armer Fabrikarbeiter warst, als ich dich kennenlernte, auch wenn du es nicht warst …«
»Was hat dich denn auf die Idee gebracht, mein liebstes Mädchen?«
»Du natürlich«, und dann, bevor ich ein weiteres Wort sagen konnte, küsste er mich.
Das Letzte, an das ich mich danach erinnere, ist, dass ich umgeben von einer Galaxie von aufflammenden Blitzlichtern und frenetischem Applaus auf der Bühne stand und – so erschien es mir damals wie heute – Paolo eine schiere Ewigkeit lang küsste.
Epilog
Ende gut, alles gut
Datum: 30. August
An: Tout le monde
Von: Moi, Imogene
Motto: A coeur vaillant, rien d’impossible! (Wenn man nur fest dran glaubt, ist alles möglich.)
N iemand soll je sagen, dass das Schicksal einem Mädchen wie mir nicht wohlgesonnen ist. Okay, vielleicht braucht es hier und da ein paar unerwartete Wendungen und ein bisschen emotionalen Aufruhr, aber letztendlich erreicht man sein Ziel. Wie in: Bonjour Paris ! Ja, meine Schätzchen, es ist wahr. Evie und ich sind absolument pas mehr in Greenwich!
Nachdem ich meine Schulden bei Miss Stevens abbezahlt hatte, hatte ich noch immer einen recht beachtlichen Batzen Geld über – genug, um nach Paris zu reisen!
Und als Mom den Brief von Miss Stevens las, in dem diese erklärte, dass meine Schulden voll und ganz getilgt waren, wie konnte sie da Nein sagen?
Der Vollständigkeit halber möchte ich an dieser Stelle
Weitere Kostenlose Bücher