Sich vom Schmerz befreien
natürlich noch kein Wandel, sondern eher ein Fortschritt. Doch hier setzt auch der Wandel an, da mit den gewonnenen Erkenntnissen Krankheiten aus einer anderen Perspektive
betrachtet werden können und sich neue Ideen ergeben, sie auf eine andere Art und Weise zu behandeln. Ein zentrales Thema dabei ist, nicht nur Symptome medikamentös oder operativ zu beseitigen bzw. zu betäuben, sondern sich um die »Ursachen dahinter« zu kümmern bzw. die »Selbstheilungskräfte« im Körper zu aktivieren. Dazu werden zur Behandlung von körperlichen Erkrankungen zunehmend psychische Prozesse berücksichtigt und psychotherapeutische Methoden hinzugezogen.
Umgekehrt wird in der Psychotherapie immer mehr der Körper entdeckt. In diesem Zusammenhang tauchen Begriffe wie »Energiemedizin«, »Biomedizin«, »Naturheilverfahren«, »Traditionelle Chinesische Medizin« (TCM), »Neuropsychotherapie«, »Körperarbeit«, »Körperpsychotherapie« und »Energetische Psychotherapie« auf. Neben der Entwicklung neuer Methoden sind dabei auch zum Teil jahrhundertealte fernöstliche Heilmethoden bei uns sehr »modern« geworden. Akupunktur, Yoga, Qi Gong und andere finden enormen Zulauf. Um ihre Wirkung erklären zu können, werden auch hierzu inzwischen wissenschaftliche Untersuchungen angestellt. Glücklicherweise kann dadurch dem ihnen oftmals anhaftenden Image wie »Esoterik« oder »Placebo-Effekt« entgegengewirkt werden. Manche der Verfahren werden mittlerweile sogar in unserer »offiziellen«, westlichen Medizin angewandt.
Die Motivation hinter dem Wandel ist nicht zuletzt die Erfolglosigkeit der »Schulmedizin«, wie sie oft genannt wird. So erfolgreich sie vor allem darin ist, bei akuten Schädigungen und Gefährdungen das Leben zu retten - tatsächlich gibt es immer mehr Gesundheitsprobleme, die mit ihren Methoden nicht befriedigend behandelt werden können. Dies betrifft vor allem komplexe, chronische und psychosomatische Krankheiten und Störungen, deren Ursachen nicht eindeutig zu klären und zu beheben bzw. sehr vielschichtig sind. Hierzu gehören vor allem auch (chronische) Schmerzen und Schmerzkrankheiten.
Die resultierende Unzufriedenheit führt dazu, dass auf der Basis des wissenschaftlichen Fortschritts nach alternativen Hilfen und neuen therapeutischen Möglichkeiten gesucht wird. Doch warum schleppt sich der Wandel schon über so lange Jahre dahin, welche Hindernisse stellen sich ihm in den Weg? Hier spielen sicherlich politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Faktoren eine groÃe Rolle. Die grundlegende Schwierigkeit dahinter jedoch liegt, wie bereits in der Einleitung erwähnt, in unseren Köpfen. Auch wenn in unserer Medizin längst von einem »neuen Weltbild« gesprochen wird - in der Realität tun sich alle Beteiligten schwer, mit den Methoden auch das Denken und Handeln in entsprechender Weise zu verändern. Lassen Sie mich dies anhand des Zusammenhangs von Körper und Psyche erläutern.
Sind Körper und Psyche eins?
Seit Jahrhunderten ist das sogenannte »Leib-Seele-Problem« Thema in der Philosophie und es wird darüber diskutiert, wie Körper und Psyche (bzw. Geist) zusammenhängen. Doch wie steht es damit in der Praxis? Ich behaupte, dass die schon immer geforderte »Untrennbarkeit von Körper und Geist/Psyche« in unserer Medizin - speziell in der Schmerztherapie - noch längst nicht so realisiert wird, dass man Krankheiten und Schmerzen vor allem langfristig erfolgreich behandeln kann. Wie kommt es dazu? Statt des gängigen Begriffs »Schulmedizin« verwende ich lieber den Begriff der »naturwissenschaftlichen Medizin«. An ihm lassen sich leichter konkrete Kritikpunkte festmachen. AuÃerdem wird so eine ungerechtfertigte Verurteilung der »Schulmedizin« sowie der »alternativen Medizin«, also eine ungute Polarisierung vermieden.
Naturwissenschaftliches Weltbild und Maschinenmedizin
Bei uns begann der Siegeszug der naturwissenschaftlichen Medizin im 19. Jahrhundert. Er wurde möglich, weil die Medizin, wie alle angewandten Wissenschaften, das Weltbild und die »linear-kausale Denkweise« der klassischen Physik übernommen hat. Um Krankheiten nicht mehr mit »bösen Kräften« oder der »Strafe Gottes« erklären zu müssen und um allgemein gültige Behandlungsmöglichkeiten entwickeln zu
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