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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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können, und allerlei großartige Gedanken durchzuckten mich; es schien, als hätten sich die Fesseln meines Fleisches gelöst, als sei mein Geist frei, sich zum himmlischen Reiche seines Ursprungs emporzuschwingen. Die Empfindungen, die mich durchströmten, sind unbeschreiblich. Erfüllt von neuem, klarerem Leben und fähig einer nie empfundenen Freude, schien ich aus einem Pokal tieferen Wissens zu schlürfen, als mir je beschieden war. Mein Selbst war wie verwandelt und verklärt, und sämtliche Bereiche des Möglichen lagen offen vor mir.
    Da plötzlich, während ich mich an dieser wunderbaren Kraft meines neugefundenen Selbst berauschte, drang von fernher ein unheimliches brodelndes Geräusch an mein Ohr, welches langsam zu einem Krachen und Tosen anschwoll und alles Schreckliche und alles Schöne, das einem Ton nur innewohnen kann, in sich vereinte. Näher und immer näher kam es, auf uns zurollend, wie alle Donnerräder des Himmels hinter den Pferden des Blitzes, und mit ihm die strahlend helle Wolke vielfarbigen Lichtes, die eine Weile, langsam sich um sich drehend, vor uns stehenblieb und dann, begleitet von dem Donnerlärm – wohin, weiß ich nicht – entschwand.
    So überwältigend war dieser Anblick, daß wir uns alle, bis auf ›Sie‹, die aufrecht dastand und ihre Hände dem Feuer entgegenstreckte, davor niederwarfen und die Gesichter im Sand verbargen.
    Als es verschwunden war, sprach Ayesha.
    »Endlich, Kallikrates«, sagte sie, »ist der große Augenblick gekommen. Wenn die Flamme wiederkehrt, mußt du in ihr baden. Wirf deine Kleider von dir, denn sie würde sie verbrennen, obgleich sie dich selbst nicht verletzen wird. Du mußt in der Flamme stehen bleiben, solange deine Sinne es ertragen, und wenn sie dich umarmt, sauge das Feuer tief bis zu deinem Herzen ein und laß es jeden Teil von dir umspielen, so daß kein Hauch von seiner Kraft verlorengeht. Hast du mich verstanden, Kallikrates?«
    »Ja, ich habe verstanden, Ayesha«, erwiderte Leo, »doch, obwohl ich wahrlich kein Feigling bin, fürchte ich dieses schreckliche Feuer. Wie kann ich wissen, ob es mich nicht gänzlich zerstören wird, so daß ich mich und auch dich verliere? Trotzdem will ich es tun«, fügte er hinzu. Ayesha dachte einen Augenblick nach und sagte dann: »Es wundert mich nicht, daß du dich fürchtest. Sage mir, Kallikrates: Wenn du mich in der Flamme stehen und unversehrt aus ihr hervortreten sähest, würdest du dich ihr auch anvertrauen?«
    »Ja«, antwortete er, »ich will es tun, selbst wenn sie mich tötet! Ja, ich will es tun!«
    »Und ich will es auch!« rief ich.
    »Ei, mein Holly!« lachte sie laut. »Ich dachte, du wolltest nichts von langem Leben wissen? Hast du dich eines anderen besonnen?«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete ich, »doch eine innere Stimme ruft mir zu, von der Flamme zu kosten und aus ihr Lebenskraft zu schöpfen.«
    »Das höre ich gern«, sagte sie. »So bist du also doch nicht ganz der Torheit verfallen. Seht, ich will ein zweites Mal in diesem Lebensquell mich baden. Vielleicht kann ich dadurch meine Schönheit und meine Lebensspanne noch vergrößern. Und sollte dies nicht möglich sein, so kann es mir doch gewiß nicht schaden.
    Doch es gibt noch einen anderen Grund«, fuhr sie nach kurzer Pause fort, »warum ich noch einmal in das Feuer tauchen will. Als ich das erstemal von seiner Kraft kostete, war mein Herz voll Leidenschaft, voll Haß auf diese Ägypterin Amenartas, und deshalb sind trotz allen Strebens, mich davon zu befreien, Leidenschaft und Haß seit jener traurigen Stunde meiner Seele eingeprägt geblieben. Jetzt aber ist es anders. Jetzt bin ich glücklicher Stimmung, und reinste Gedanken erfüllen mich, und so soll es für immer sein. Darum, Kallikrates, will ich noch einmal in die Flamme tauchen und mich reinigen und läutern, auf daß ich deiner noch mehr würdig bin. Darum auch verbanne du, wenn du in dem Feuer stehst, alles Böse aus deinem Herzen und lasse milden Frieden in deine Seele ziehen. Entfalte die Schwingen deines Geistes, gedenke deiner Mutter Kuß und beschwöre in dir das Höchste herauf, das je auf silbernen Schwingen durch die Stille deiner Träume schwebte. Denn aus dem Keime dessen, was in diesem erhabenen Augenblick du bist, wird die Frucht dessen erwachsen, was du hinfort für alle Zeiten sein wirst.
    Nun rüste dich, nun sei bereit, als nahe deine letzte Stunde, als solltest du ins Land der Schatten treten und nicht durch der Glorie Pforten in das Reich

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