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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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muß schon sehr alt sein. Dennoch gefällt mir dieser Pavian, und ich frage mich, woher er wohl seine Fertigkeit hat. Ich hoffe nur, ›Sie‹ wird ihn nicht behexen. Armer Pavian! Er ist sicher sehr erschöpft von diesem Kampf, und ich will lieber gehen, um ihn nicht zu wecken.«
    Ich wartete, bis er sich abgewandt hatte und auf Zehenspitzen fast bis zum Eingang geschlichen war; dann rief ich: »Bist du es, mein Vater?«
    »Ja, mein Sohn, ich bin's; doch laß dich nicht stören. Ich wollte nur nachsehen, wie es dir geht, und dir sagen, daß jene, die dich töten wollten, mein Pavian, bereits unterwegs zur Herrscherin sind. ›Sie‹ möchte, daß auch ihr sogleich zu ihr kommt, doch ich fürchte, dazu seid ihr noch nicht imstande.«
    »Nein«, sagte ich, »zuerst müssen wir uns ein wenig erholen; doch ich bitte, mein Vater, laß mich hinaus ins Freie tragen. Hier drinnen ist mir gar nicht wohl.«
    »Das glaube ich«, sagte er, »es ist ein unheimlicher Ort. Da fällt mir ein – als ich ein Junge war, fand ich hier einmal eine tote Frau. Sie lag dort, wo du jetzt liegst, ja, auf eben dieser Bank. Sie war so schön, daß ich immer wieder mit einer Lampe hier hereinschlich und sie anschaute. Wären ihre Hände nicht kalt gewesen, so hätte man denken können, sie schlafe nur und werde eines Tages erwachen; so schön und friedlich lag sie da in ihrem weißen Gewand. Auch ihre Haut war weiß, und ihr Haar war blond und reichte fast bis zu ihren Füßen. Dort, wo ›Sie‹ wohnt, liegen noch viele gleich ihr in den Gräbern, denn jene, die sie beisetzten, verstanden sich auf die Kunst, die Toten vor dem Verfall zu schützen.
    Ja, Tag für Tag kam ich hierher und schaute sie an, bis ich mich schließlich – lache mich nicht aus, Fremdling, ich war ja damals ein törichter Junge – in jene Tote verliebte, in jene Hülle, die einst ihre entwichene Seele umschlossen hatte. Ich kroch zu ihr und küßte ihr kaltes Antlitz und fragte mich, wie viele Menschen wohl seit ihrer Zeit gekommen und gegangen waren und wer sie wohl in jenen längst entschwundenen Tagen geliebt und umarmt haben mochte. Ich glaube, dieser Toten verdanke ich eine große Weisheit, mein Pavian, denn sie lehrte mich, wie kurz das Leben ist und wie lang der Tod und daß alles unter dieser Sonne den gleichen Weg geht und dereinst dem Vergessen anheimfällt. Ich betrachtete also diese Tote und dachte nach, und es schien, als erfülle sie mich mit dieser Weisheit, bis eines Tages meine Mutter, welche meine Veränderung bemerkte, mir folgte. Als sie die schöne weiße Tote sah, fürchtete sie, sie habe mich behext, womit sie ja nicht so unrecht hatte. So nahm sie, halb in Furcht, halb in Zorn, die Lampe, hob die Tote von der Bank auf, stellte sie an die Wand und zündete ihr Haar an. Sie ging sofort vom Kopf bis zu den Füßen in Flammen auf, denn die so erhaltenen Toten brennen wie Zunder. Dort oben an der Decke, mein Sohn, kannst du noch den Ruß sehen.«
    Ich blickte zweifelnd hinauf – und wirklich, an dem Fels befand sich ein großer rußiger Fleck. Von der Wand war der Ruß natürlich im Lauf der Jahre abgerieben worden, doch an der Decke war er noch deutlich zu sehen.
    »Sie verbrannte«, fuhr er nachdenklich fort, »bis auf die Füße, doch ich kam rechtzeitig zurück, um die Füße selbst zu retten. Ich schnitt das verbrannte Fleisch herunter, wickelte sie in ein Stück Leinwand und versteckte sie unter der Steinbank. Kaum zu glauben, aber ich erinnere mich so gut daran, als ob es erst gestern gewesen wäre. Wenn niemand sie gefunden hat, sind sie vielleicht noch da. Ich selbst habe diese Kammer seit jenem Tag nie mehr betreten. Warte, ich will einmal nachsehen!« Er kniete nieder und tastete mit seinem langen Arm unter der Steinbank herum. Plötzlich erhellte sich seine Miene, und er zog mit einem freudigen Aufschrei einen mit dickem Staub bedeckten Gegenstand hervor. Er klopfte den Staub ab, entfernte die zerfallene Leinenhülle, und meinem erstaunten Blick enthüllte sich ein schön geformter, nahezu weißer Frauenfuß, der so frisch und fest aussah, als habe man ihn eben erst dorthin gelegt.
    »Siehst du, mein Sohn«, sagte er mit trauriger Stimme, »ich habe dir die Wahrheit gesagt. Ein Fuß ist noch da. Nimm ihn, mein Sohn, und sieh ihn dir gut an.«
    Ich nahm dieses kalte Fragment in die Hand und betrachtete es, schwankend zwischen Staunen, Furcht und Faszination, im Licht der Lampe. Der Fuß war leicht, zweifellos viel leichter als zu der

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