Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
Damit wollte Feynman demonstrieren, daß die Explosion der Raumfähre seiner Meinung nach durch die bei kaltem Wetter unzulänglich funktionierenden Dichtungsringe verursacht wurde - ein Sachverhalt, der später durch eingehende Untersuchungen bestätigt wurde.
In seinem Gutachten für den amerikanischen Kongreß zeichnete Feynman kein rosiges Bild der NASA-Organisation. Seiner Meinung nach waren es letztlich die nicht mehr überschaubare Bürokratie und die mangelnde Effizienz der Organisation, die zu dem Unglück geführt haben. Feynman schreibt: »Die Challenger-Katastrophe war das letzte Glied einer Kette von Zwischenfällen, bei denen jedesmal Warnzeichen auftraten. Das Problem mit den Dichtungsringen wurde zehn Jahre lang diskutiert. Getan wurde aber nichts, denn niemand hatte detaillierte Informationen. Diese waren nur auf der niedrigsten Ebene vorhanden, bei den Ingenieuren. Warum die Ingenieure auf der niedrigsten Ebene der Entscheidungsprozesse eingestuft wurden, weiß ich nicht, aber dies scheint ein allgemeines Gesetz zu sein: Jene, die etwas über die wirkliche Welt wissen, bilden in diesen großen Organisationen die unterste Stufe, und jene, die nur wissen, wie man andere Leute beeinflussen kann, indem man ihnen sagt, wie schön die Welt im Idealfall sein könnte, sind an der Spitze.« Soweit Feynman zur Organisation der NASA. Mir gegenüber hat er oft ähnliche, manchmal drastischere Worte gebraucht, um vergleichbar große Organisationen, einschließlich der modernen Staatsgebilde, zu charakterisieren.
Feynman wurde am 11. Mai 1918 geboren. Obwohl er seit mehr als 30 Jahren in Kalifornien lebt, hat er seinen typischen New Yorker Akzent beibehalten. Nach seinem Studium am Massachusetts Institute of Technology und an der Princeton University ging er 1941 als frisch promovierter Physiker nach Los Alamos, um am Manhattan-Projekt mitzuarbeiten. Nach dem Ende des Weltkrieges wurde Feynman Professor für Theoretische Physik an der Cornell University im Staat New York. Im Jahre 1950 wechselte er an die berühmteste Technische Hochschule des Westens, an das »California Institute of Technology«. Seit 1959 hat er am Caltech den Richard-Chace-Tolman-Lehrstuhl für Theoretische Physik inne.
Physikern braucht man Feynman nicht vorzustellen Seine anschaulichen Vorlesungen sind in aller Welt berühmt.
Seine Bücher, die »Feynman Lectures«, sind nahezu in alle bedeutenden Kultursprachen übersetzt und jedem Student der Physik bekannt. Als kleiner Beleg dafür kann der denkwürdige Besuch Feynmans 1978 an der neu gegründeten Universität Wuppertal dienen, übrigens sein erster Besuch Deutschlands überhaupt. Ich hatte als Mitglied der Physikfakultät die Einladung an Feynman ausgesprochen. Daß der Besuch schließlich zustande kam, ist auch der großzügigen Unterstützung durch den Kanzler der Universität, Dr. Klaus Peters, zu verdanken. Der Vortrag sollte im größten Hörsaal der Universität stattfinden. Wir hatten mit vielen Hörern - vor allem auch aus den umliegenden Universitäten Nordrhein-Westfalens - gerechnet. Was wir jedoch nicht wissen konnten, war, daß viele Stunden vor dem Feynman-Vortrag ganze Wagenkolonnen mit Physikstudenten weit entfernt gelegene Universitätsstädte wie München, Heidelberg oder Hamburg verließen, weil die Studenten den legendären Autor der »Feynman Lectures« einmal persönlich erleben wollten. So kam es, daß bereits lange vor Vortragsbeginn der Hörsaal überfüllt war und so viele der Wuppertaler Studenten das Nachsehen hatten.
Zu vielen Forschungsgebieten der modernen Physik, insbesondere zur Kernphysik, Teilchenphysik und Festkörperphysik, hat Feynman wichtige Beiträge geleistet. Den Nobelpreis erhielt er zusammen mit seinem Landsmann Julian Schwinger und dem Japaner Tomonaga für seine Untersuchungen auf dem Gebiet der fundamentalen Wechselwirkung zwischen elektrisch geladenen Teilchen, der Quantenelektrodynamik. Feynmans Stärke ist seine außergewöhnliche Fähigkeit, sehr komplexe Sachverhalte auf einige wenige fundamentale Einsichten zu reduzieren. Das versetzte ihn in die Lage, die Anfang der fünfziger Jahre herrschende Konfusion über die Rolle der Quantenphänomene bei der elektromagnetischen Wechselwirkung auf eine geniale Art zu klären, insbesondere durch die Einführung anschaulicher Bilder der Wechselwirkungen. Diese nach ihm benannten Feynman-Diagramme sind aus der heutigen Physik nicht mehr wegzudenken. Feynman selbst ist recht stolz auf seine
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