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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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auch gutgeht. Doch alles, was ich noch zu sehen bekomme, ist sein Stinkefinger.
    «Charlie, warte», rufe ich über die Straße, da ich sehe, dass er bereits in den Wagen steigt.
    Als ich bei ihm bin und ans Fenster der Fahrerseite klopfe, kurbelt er mit mürrischer Miene die Scheibe runter.
    «Was ist?»
    «Das frage ich dich», entgegne ich keuchend. «Warum bist du so überstürzt aufgebrochen? Was ist los? Du wolltest mir doch sicher keinen Höflichkeitsbesuch abstatten, oder?»
    Trotzig blickt er mich von unten an. «Nein, ich wollte dir erzählen, dass Marie schwanger ist und ich Vater werde! Aber deine Familie interessiert dich ja nicht mehr.»
    Ehe ich die ganze Tragweite von Charlies Worten kapiere, startet er den Motor und braust davon. Fassungslos starre ich dem Panda hinter, bis er an der nächsten Kreuzung verschwunden ist.

[zur Inhaltsübersicht]
    2
    K opfschüttelnd schlurfe ich ins Haus zurück. In der Gästetoilette lege ich einen kurzen Stopp ein.
    Irgendwie kann ich nicht glauben, was mein Sohn mir da eben verkündet hat.
    Ich werde Oma?
    Am Waschbecken versuche ich mit kaltem Wasser meinen Puls zu kühlen. Die Neuigkeit hat meinen Blutdruck kräftig in die Höhe getrieben, mein Herz rast, und die Ohren dröhnen, als würde ein Staubsauger durch meine Gehörgänge sausen.
    Großmutter wird man doch frühestens mit siebzig oder so. Und ich bin noch nicht mal fünfzig!
    Geschockt betrachte ich mich im Spiegel. Mein Haar hat zwar nicht wie durch Zauberhand die alte Fülle behalten, aber wenn es frisch gewaschen ist, sieht es trotz der vereinzelten Silberfäden noch ganz passabel aus. Bisher brauche ich auch weder zum Lesen noch zum Autofahren eine Brille, und mich als alte Oma zu bezeichnen, wäre echt gemein.
    Wieso überhaupt die Eile? Charlie und Marie kennen sich gerade mal ein Jahr. Sie wohnen in einem winzigen Appartement mit puppenstubengroßer Snack-Küche im Flur. (So nennt man das heute wohl.) Und beide studieren noch. Wo und wie passt da bitteschön ein Baby in ihr Leben? In der Wohnung ist ja kaum Platz für das Notwendigste, geschweige denn für ein Babybett, eine Wickelkommode und was man sonst noch alles für ein Neugeborenes braucht. Und wenn sie zur Uni müssen, wohin dann mit …
    Schlagartig wird mir klar, warum Charlie heute scheinbar grundlos bei mir aufgetaucht ist. Jetzt durchschaue ich auch das Gerede um seine ach so wertvollen Kindheitserinnerungen, die Abwehr gegen den Hausverkauf und den Versuch, mir einzureden,
ich
bräuchte unbedingt eine neue Aufgabe.
    Pah! Das hat er sich ja fein ausgedacht. Jetzt, wo Mutti wieder Zeit hat und sich um niemanden mehr kümmern muss, kann sie ja die Betreuung des Enkels übernehmen.
    Aber nicht mit mir! Ich starte neu durch und …
    Plötzlich meldet sich mein Mama-Gewissen. Der arme Junge ist sicher vollkommen verzweifelt. Und in seiner Not wendet er sich nicht zuerst an seinen Vater, sondern er kommt zu mir. Das zeugt doch von unserem sehr guten Verhältnis, oder?
    Ach, ich hätte meinem Sohn besser zuhören sollen und ihm meine Hilfe anbieten müssen.
    Halt! Nein! Charlie ist erwachsen, ermahne ich mich. Also hör auf, dich wie eine Superglucke zu benehmen, Rosemarie Wittgenstein.
    Das kalte Wasser scheint zu wirken. Allmählich beruhige ich mich mit dem Gedanken, dass die Geburt meines ersten Enkelkinds ja wohl kaum in der nächsten Stunde losgehen wird. Sobald John das Haus besichtigt und sich verabschiedet hat, werde ich Charlie auf dem Handy anrufen. Wir finden schon eine Lösung.
    Aber jetzt muss ich mich erst mal um den Besuch kümmern.
    «Kummer mit den Kindern?», fragt John, als ich auf die Terrasse zurückkehre. Er hat sich inzwischen das Jackett ausgezogen und die Ärmel des schilfgrünen Shirts hochgeschoben. Seine Collegetasche lehnt an dem Stuhl neben ihm, und auf dem Tisch liegt ein silberner Fotoapparat.
    Liebend gerne würde ich jetzt mit jemandem über den Schock sprechen. Aber es handelt sich doch um ein sehr familiäres Ereignis, und ich bezweifle, dass John dafür der Richtige ist. Zum einen ist er ja quasi ein Fremder, und zum anderen weiß ich nichts über seine familiäre Situation. Vielleicht hat er auch Kinder und sogar schon Enkel und versteht das Problem am Ende gar nicht.
    «Hast du Kinder?», antworte ich mit einer Gegenfrage.
    «Leider nein.» Seine Stimme drückt ernsthaftes Bedauern aus. «Im Moment lebe ich auch allein. Ich habe mich gerade von meiner Freundin getrennt. Sie wollte Karriere und keine

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