Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)
den Scheiben schossen. Splitter flogen umher. Pfeile surrten im Holz. Die schwarzen Punkte der Einschußlöcher übersäten bald das ganze Haus. Immer neue Salven erschollen. Das Krachen und Knallen fand kein Ende. Der ganze Wald roch nach Schwefel und verschossenem Pulver.
Die Hütte war gespickt mit Pfeilen. Immer neue surrten heran.
Schon kauerten Hopi-Krieger an den Hauswänden unter den zerschossenen Fenstern, blitzende Revolver in den Händen. Sie schnellten hoch, feuerten in die Hütte und kauerten sich wieder nieder.
Plötzlich entstand eine große Stille. Alles hielt inne. Die Krieger rührten sich nicht. Big Sam hörte den Wind in den Wipfeln rauschen. Im Haus regte sich nichts mehr. Er trottete los, gebückt, die kurze Parker-Schrotflinte im Anschlag. Dicht hinter ihm folgte Reverend Sequoiah Watts. Auch seine Fäuste hielten ein Gewehr. Zu ihrer Linken und Rechten begleiteten sie junge Hopi-Krieger mit gespannten Bogen.
Mit einem Satz sprang Big Sam auf die Veranda. Die mit Pfeilen und Löchern übersäte Haustür war nur angelehnt. Er drückte sie vorsichtig auf.
In der Hütte bewegte sich nichts.
Wachsam trat Big Sam ein. Unter seinen Stiefeln knirschten Glassplitter. Er sah sich um. Munition lag auf dem Boden verstreut. Im dunklen Eck hinter der Tür saß mit aufgerissenen Augen und gebrochenem Blick der Bandido Nogales, Revolver in beiden Händen. Sein blaues Unterhemd war blutbefleckt. Er war tot, getroffen von zahlreichen Kugeln.
Big Sam blickte auf den Rücken von Fallensteller Rowdy Randall. Der lag in der Tür zwischen den beiden Räumen der Hütte, die Fellmütze auf dem Kopf. Seine starren Hände griffen ins Leere. Durch seine ledernen Trapperkleider sickerte Blut und bildete eine schwarze Pfütze.
Big Sam blieb stehen und senkte die Parker.
Reverend Sequoiah huschte an ihm vorbei. Er stieg über den toten Randall und trat ins hintere Zimmer. An der Wand lag der dicke Alte mit der Melone. Er hatte Sequoiah den Rücken zugewandt. Sein rechter Arm lag unter seinem Kopf. Er sah aus, als schliefe er. Doch als der Cherokee den Fuß auf ihn setzte und ihn rüttelte, blieb er reglos.
Reverend Sequoiahs Herz begann zu klopfen, als er den Comanchen sah. Der saß unter einem Fenster. Die Augen im narbigen Gesicht waren geschlossen. Auch er rührte sich nicht. Du hast Zachary getötet, dachte der Reverend. Nun bist du tot. Wer Wind sät, wird Sturm ernten.
"Samuel!" sagte der Cherokee und wandte sich um.
Ein leises Schleifgeräusch erscholl, wie das Ziehen eines Messers aus einem Stiefelschaft.
Reverend Sequoiah schoß herum.
Die Hand des Comanchen fuhr hoch, bereit, das lange Messer zu schleudern. Blitzschnell trat der Cherokee gegen die Faust mit der Klinge. Das Messer landete klirrend in den Scherben.
Bloody Arrow starrte Reverend Sequoiah überrascht ins Gesicht. In seinen Augen wuchs das Verstehen. Der Mann vor ihm sah aus wie der Junge, den er auf der Sampson Homestead mit einem Pfeil hingerichtet hatte. Der Vater war gekommen, den Sohn zu rächen.
"Hör auf!" hörte Bloody Arrow den Vater des toten Jungen sagen. "Der Kampf ist vorbei. Ergib dich, Comanche, und du bekommst einen fairen Prozeß."
Einen Prozeß?
Bloody Arrow blinzelte verständnislos. Warum drückte der Vater des toten Jungen nicht einfach ab? Welcher Narr wollte einen Prozeß, wenn er seinen Gegner mühelos abknallen konnte? Der Vater des toten Jungen war ein Tor. Ein gerechter Tor. Bloody Arrow haßte solche Menschen.
Das Gesicht des Comanchen wurde zur Grimasse, denn er war von den Hopi-Kriegern getroffen worden. Schmerzen aus tausend Quellen rasten durch seinen Körper. Er lehnte sich vor. Seine Rechte tastete nach Doc Snakes Revolver, ergriff ihn, hob ihn hoch und zielte.
Vier Pfeile, abgefeuert von vier Hopi-Braves, surrten heran und durchbohrten die Brust des Comanchen. Einer fuhr in sein Herz. Röchelnd sackte Bloody Arrow zusammen. Er schloß die Augen. Grelle Blitze explodierten hinter seinen Lidern, bis er in einen schwarzen Abgrund stürzte.
Reverend Sequoiah starrte ihn aus weiten Augen an. Wer Wind sät, sagte er sich wieder, wird Sturm ernten. Nun hatte der Sturm den Mörder weggefegt. Zacharys Killer würde nie mehr einen Menschen töten. Er hatte sich gegen einen Prozeß entschieden. Nun war er tot. Er hatte sein Schicksal selbst gewählt.
Der Wind pfiff durch die zerschossenen Fenster. Reverend Sequoiah Watts stand da und schloß die Augen. Er begann eine Melodie zu summen, Amazing Grace.
Big
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