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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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scheint.
    Renny verlangsamt das Tempo, und allmählich dämmert es uns. Da steht eine Barrikade, und davor drängt sich eine gewaltige Masse Untoter. Wie wir versuchen auch sie, nach Liberty Village zu kommen. Die massive Ansammlung von lebenden, atmenden Menschen muss sie angezogen haben wie Scheiße die Fliegen. Die Barrikade sieht aus, als hätte man eine Art Brücke an beiden Seiten gesprengt und quer über die Straße fallen lassen, um die Flut der Untoten zu zerteilen. Der obere Rand der Barrikade brennt, bildet eine Barriere aus Flammen, eine flackernde Wand aus Feuer und Rauch.
    »Das müssen Hunderte sein«, flüstert Renny.
    »Erwarten die, dass wir da durchkommen sollen?«, fragt Ted.
    »Vielleicht tun sie das gar nicht«, sage ich. »Scheiße.«
    »Es muss einen Weg drum herum geben«, sagt Julian.
    »Und wenn nicht?«, frage ich.
    »Genau. Nachdem wir so weit gekommen sind, lasst uns ohne weitere Versuche aufgeben!«
    »Maul halten!« , brüllt Renny. »Alle beide.«
    Sie stoppt den Wagen ein gutes Stück vor der Barrikade, aber schon nah genug, um das Brüllen der Menge zu vernehmen. Wir starren auf die wogende Flut willenloser Untoter, die uns den Weg versperrt. Ich fasse in meine Tasche und hole den Notizzettel heraus.
    Ich sehe dich bald in Liberty Village!
    Als ich sechs war, bestand meine Mutter darauf, dass ich schwimmen lernte. Ich war nie besonders gut darin, und das hat sich in meinem weiteren Leben nicht geändert. Aber sie wollte unbedingt, dass ich es versuche, damit ich es kann, nur für den Fall … Ich erinnere mich, wie ich mir die Seele aus dem Leib ruderte, keuchend, Chlorwasser schluckend, und mein Bestes gab, das Brustschwimmen zu imitieren. Sie stand vorgebeugt am Ende des Beckens und klatschte auf die Wasseroberfläche, während sie mich anfeuerte. »Du bist schon so nah dran!«, rief sie, und jedes Mal, wenn mein Kopf aus dem Wasser kam, hörte ich sie: »Du bist nah dran!«
    Damals gab es kein besseres Gefühl, als es einmal durch das ganze Becken geschafft zu haben. Die Fingerspitzen an den gegenüberliegenden Rand zu drücken und zu sehen, wie meine Mom voller Stolz auf mich herunterblickte. Wäre sie jetzt auch stolz auf mich? Wird sie stolz sein?
    So nah dran.
    Plötzlich sind Wasserflecken auf dem Zettel, kleine Tropfen verschmieren die Tinte.
    »Gott, verdammt .«
    Ich blicke von der Notiz auf und fühle, dass mich jemand beobachtet. Julian starrt mich durch den Spalt zwischen Sitz und Tür an. Etwas geschieht zwischen uns, etwas überträgt sich … Er lässt seinen Gurt ausrasten, der in seine Halterung zurückschnellt, ein wenig hin und her baumelt. Ich weiß, was er denkt, und meine Hände schießen nach vorn, um ihn zu packen, aber schon schwingt die Beifahrertür auf.
    Ding-ding-ding … Der Wagen teilt uns höflich-mechanisch mit, dass die Beifahrertür offen steht.
    »Julian, nicht!«
    »Was zur Hölle macht er da!«, ruft Ted.
    »Ich schätze, das ist unser Stichwort«, sagt Renny und tritt aufs Gaspedal.
    »Nein! Bist du wahnsinnig geworden? Wir können das nicht zulassen!«, schreie ich und klettere auf den Beifahrersitz.
    »Er hat seine Wahl getroffen«, sagt Renny. »Da ist eine Rampe, siehst du. Er sorgt dafür, dass wir durchkommen. Willst du sein Opfer etwa verschwenden?«
    »Scheiß auf dich, wie kannst du es wagen …«
    »Ich mein’s ernst. Verschwende nicht diese Chance.«
    So nah dran.
    »Allison! Allison, komm, steig wieder in die verdammte Karre!«
    Ihre Stimme wird leiser und leiser, denn ich renne. Ich ignoriere meinen schmerzenden Knöchel. Ich lasse nicht zu, dass das geschieht. In der Ferne türmen sich dunkle Wolken mit glühenden Rändern auf. Es sieht nach bedrohlichem Regen aus. Regen nach Tagen mit nichts als Trockenheit.
    Der Spinner ist bemerkenswert schnell für einen Einbeinigen. Ich bin außer Atem, als ich ihn erreiche. Er ist der Menge der Zombies entgegengelaufen, hat sich nach links gewandt, wahrscheinlich, weil er sich ausgerechnet hat, dass er so dem Wagen einen Weg frei macht. Als er sieht, dass ich ihm folge, wirft er die Hände in die Luft und kommt taumelnd zum Stehen.
    »Du bist nicht besonders gut in Sachen Pläne durchziehen, was?«, fragt er und setzt das Wort Pläne in Anführungszeichen, indem er ihm mit einer Hand Gänsefüßchen verpasst.
    »Fick dich, du Vollidiot! Was soll das werden? Du wirst dich hier nicht opfern. Das lasse ich nicht zu.«
    »Willst du deine Mom wiedersehen oder nicht?«, brüllt er. Aus dem

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