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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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zwölf Fuß hoch oder mehr, so daß es unmöglich war, in irgendeine Richtung mehr als einen Meter weit zu sehen. Hier wurden die vor uns herziehenden Amahagger unsere Rettung, denn ohne ihre Führung wären wir alle umgekommen. Durch das gigantische Sumpfgebiet verlief nämlich eine Straße – eine uralte Straße, wie ich vermute, da ich an einigen Stellen Steinbefestigungen sah, die von Menschenhand gefertigt sein mußten. Doch war es keine Straße, der man ohne einen Führer hätte folgen können, da sie fast völlig von Schilf überwuchert war. Der einzige Unterschied zwischen ihr und dem sie umgebenen Morast bestand darin, daß auf der Straße der Untergrund relativ fest war, man versank nur selten mehr als knietief, während links und rechts davon der Morast bodenlos erschien.
    Das stellten wir fest, kurz nachdem wir in den Sumpf gelangt waren, da Robertson, der mit der grimmigen Entschlossenheit vorwärtsdrängte, die ihn zu verzehren schien, sein Auge nicht auf die Fährte gerichtet hielt und von der Straße abkam auf einen Boden, dessen Oberfläche sich durch nichts von ihr unterschied. Sofort begann er in dem zähen, schleimigen Morast zu versinken. Umslopogaas und ich waren keine zwanzig Meter hinter ihm, doch als wir seine Hilferufe hörten und ihn erreichten, war er bereits bis zur Brust versunken und wurde so rasch weiter in die Tiefe gezogen, daß er innerhalb einer Minute ganz verschwunden wäre. Nun, wir haben ihn herausziehen können, jedoch unter großen Schwierigkeiten, da der Schlamm ihn festhielt wie die Fangarme eines Kraken.
    Und diese Straße verlief nicht in gerader Richtung; im Gegenteil, sie beschrieb zahlreiche Kurven und bog stellenweise im rechten Winkel ab, zweifellos, um solchen Stellen des Sumpfes auszuweichen, über die es den Alten nicht möglich gewesen war, sie zu führen, oder weil sie dem Verlauf einer härteren Bodenschicht folgen wollten. Die Schwierigkeiten, mit denen wir in diesem entsetzlichen Sumpf fertigwerden mußten, waren unbeschreiblich. Zunächst einmal gab es da ein Gras, das zwischen den Wurzeln des Schilfs wuchs, und dessen Kanten rasiermesserscharf waren. Da Robertson und ich Gamaschen trugen, litten wir nicht so sehr darunter, doch die armen Zulus mit ihren nackten Beinen wurden furchtbar zerschnitten, so daß einige von ihnen bald lahmten.
    Dann die Moskitos, die es hier zu Millionen gab und die alle darauf aus waren, uns zu stechen; außerdem wimmelte es hier von einer bestimmten, tödlichen Schlangenart. Einer der Zulus wurde von einer dieser Schlangen gebissen und starb innerhalb von drei Minuten, denn das Gift schien direkt zu seinem Herzen zu dringen. Als wir seinen Leichnam in den Sumpf warfen, verschwand er binnen Sekunden.
    Schließlich der entsetzliche Gestank und die unerträgliche Hitze, da nicht der kleinste Windhauch diesen Wald von Schilf durchdringen konnte, während die unzähligen Blutegel, die sich an unseren Körpern festsaugten, ein geringeres Übel darstellten. Wenn man darauf achtete, konnte man sie an den Unterseiten der Blätter kleben sehen, den Kopf herausgestreckt, bereit sich auf alles zu stürzen, das vorbeikam. Da Wanderer hier jedoch nicht sehr zahlreich sein konnten, fragte ich mich, wovon sie während der letzten paar Jahrtausende gelebt haben mochten. Übrigens stellte ich bei dieser Gelegenheit fest, daß Paraffin, von dem wir einen kleinen Vorrat für unsere Handlampen mitführten, in die Haut eingerieben, einen gewissen Schutz gegen diese Parasiten darstellt, und auch gegen die Moskitos, obwohl man stinkt wie ein verdrecktes Ölfaß.
    Während des Tages herrschte im Sumpf Totenstille – bis auf das Rascheln eines Iguanas {*} oder irgendeines anderen Reptils, oder das Rauschen von Flügelschlägen, wenn ein Schwarm Wildvögel über uns hinwegstrich. Nachts war es anders: dann begannen die Ochsenfrösche ihr unaufhörliches Gequake, und die großen Sumpfeulen und andere Nachtvögel stießen ihre unheimlichen Schreie aus. Außerdem gab es da ständig seltsame glucksende Geräusche, die zweifellos von versinkenden Pflanzenteilen herrührten, und das Platzen mit fauligem Gas gefüllter Blasen. Seltsame Lichterscheinungen ebenfalls. Irrwische werden sie, glaube ich, genannt, die die Zulus in Angst versetzten, da sie sie für die Geister von Toten hielten. Vielleicht hat dieser Aberglaube etwas mit ihrer Stammeslegende zu tun, nach der der Mensch bei seiner Erschaffung ›aus dem Schilf gerissen‹ wurde. Wenn dem so war,

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