Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
Vom Netzwerk:
offenbar genauso exakt gearbeitet, da der andere Mann nur einmal mit seinen langen Beinen ausstieß und mich dabei ans Knie traf, und dann ebenfalls absolut reglos lag. Kurz gesagt: beide waren mausetot und würden diesseits des Jüngsten Tages keine Geschichten mehr erzählen.
    Nachdem ich meine Axt wieder an mich gebracht hatte, kroch ich zum Zelt und zog die Felle oder Decken – ich konnte nicht feststellen, was es war – beiseite, mit denen Inez zugedeckt war. Ich hörte, daß sie sich rührte. Die Bewegung hatte sie aufgeweckt, da Gefangene einen leichten Schlaf haben.
    »Machen Sie kein Geräusch, Inez!« flüsterte ich. »Ich bin es, Allan Quatermain, und ich bin gekommen, um Sie zu retten. Stehen Sie auf und folgen Sie mir! Haben Sie mich verstanden?«
    »Ja«, flüsterte sie und begann sich zu erheben.
    In diesem Augenblick zerriß ein markerschütternder Schrei Erde und Himmel, ein Schrei, bei dessen Erinnerung ich selbst noch jetzt erschauere, wo ich dies niederschreibe, viele Jahre nachdem die Echos dieses Schreis verklungen sind.
    Janee hatte diesen Schrei ausgestoßen, die plötzlich aufgewacht war und vor dem Hintergrund des Himmels Hans über sich gebeugt stehen sah, der wie ein gelber Teufel aussah, ein langes Messer in der Hand, das er, wie sie glaubte, gleich dazu verwenden würde, um sie zu ermorden.
    Da es ihr an Selbstdisziplin mangelte, schrie sie also gellend – denn ihre Lungen waren kerngesund – und damit war das Spiel aus.
    Sofort waren alle Männer, die um das Feuer schliefen, auf den Beinen und liefen in die Richtung, aus der Janees Schrei ertönt war. Es war unmöglich, Inez aus ihrem Zelt zu bringen oder sonst etwas zu tun, als ihr zuzuflüstern: »Tun Sie so, als ob Sie schliefen und von nichts wüßten. Wir folgen Ihnen. Ihr Vater ist bei uns.«
    Dann rannte ich zu dem Gebüsch zurück, das Hans bereits erreicht hatte.
    Kurz darauf, als wir den Lärm und die Aufregung der Amahagger hinter uns gelassen hatten und uns unserem Lager näherten, sagte Hans salbungsvoll: »Die Große Medizin hat gut gewirkt, Baas, aber nicht gut genug; doch welche Medizin kann schon etwas gegen die Torheit einer Frau ausrichten?«
    »Es war unsere Torheit, die wir dafür verantwortlich machen sollten«, sagte ich. »Wir hätten wissen sollen, daß dieses hysterische Mädchen schreien würde und entsprechende Vorsorge treffen müssen.«
    »Ja, Baas, wir hätten sie ebenfalls töten sollen, denn nichts sonst hätte sie veranlaßt ruhig zu bleiben«, stimmte mir Hans fröhlich bei. »Jetzt müssen wir für diesen Fehler bezahlen, denn die Jagd geht weiter.«
    In diesem Augenblick begegneten wir Robertson und Umslopogaas, die, wie alles andere Lebende in einem Umkreis von einer Meile oder zwei Janees Schrei gehört hatten. Wir berichteten kurz, was geschehen war. Als Robertson hörte, wie nahe daran wir gewesen waren, seine Tochter zu retten, stöhnte er auf.
    Umslopogaas aber sagte nur: »Nun, dann sind es eben zwei Menschenfresser weniger, mit denen wir fertig werden müssen. Trotzdem hat dich deine Weisheit diesmal im Stich gelassen, Macumazahn. Als du das Lager entdeckt hattest, hättest du zurückkommen sollen, damit wir es gemeinsam angreifen. Wenn wir das vor Tagesanbruch getan hätten, wäre nicht einer von ihnen übriggeblieben.«
    »Ja«, antwortete ich. »Meine Weisheit hat mich heute im Stich gelassen. Aber kommt! Vielleicht können wir sie noch erwischen.«
    Also gingen wir vor, Hans und ich an der Spitze, um den anderen den Weg zu zeigen. Doch als wir die Stelle erreichten, war es zu spät; alles, was von den Amahaggern übriggeblieben war, und auch von Inez und Janee, waren die beiden Männer, die wir umgebracht hatten, und bei der Dunkelheit war an eine Verfolgung nicht zu denken. Also gingen wir zu unserem Lager zurück, um uns auszuruhen und den Tagesanbruch abzuwarten und dann der Fährte zu folgen, doch im Lager erwartete uns eine böse Überraschung: Alle Strathmuir-Mischlinge, die wir als unnütz zurückgelassen hatten, hatten sich unsere Abwesenheit und die der Zulus zunutze gemacht und waren geflohen. Sie waren auf unserer Spur zurückgelaufen und in dem Meer von Busch untergetaucht. Was aus ihnen geworden ist, weiß ich nicht, da wir keinen von ihnen je wiedersahen, doch nehme ich an, daß diese Feiglinge alle zugrunde gegangen sind, jedenfalls hat keiner von ihnen Strathmuir erreicht.
    Zu unserem Glück waren sie jedoch in solcher Eile gewesen, daß sie alle Traglasten

Weitere Kostenlose Bücher