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Sieben Siegel 02 - Der schwarze Storch

Sieben Siegel 02 - Der schwarze Storch

Titel: Sieben Siegel 02 - Der schwarze Storch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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des Streichholzes sah sie, wie die helle Kugel auf den Dämon zuraste – geradewegs in den offenen Schnabel.
    Die Kiefer klappten zu. Ein Reflex, vielleicht. Selbstschutz.
    Stattdessen bewirkten sie das genaue Gegenteil.
    Der morsche Schädel wurde von dem Schnabel zermalmt, zerplatzte in einer Wolke aus Staub und mürben Knochensplittern.
    Ein Heulen hob an, aber es kam nicht von dem Dämon. Es klang wie ein Sturm, der durch die Ritzen eines Turmzimmers jault, klang wie Fingernägel, die über eine Schultafel kratzen, wie die Schreie von Millionen verlorener Seelen.
    Etwas, das aussah wie ein Wirbelsturm, wuchs rund um den Dämon aus dem Boden empor, hüllte ihn ein.
    Riss ihn davon.
    Kyra sah, wie der rote Schnabel aus den Wänden des Wirbels ragte und um sich selbst rotierte.
    Dann, von einem Atemzug zum nächsten, war der Storch fort.
    Ebenso der Wirbel.
    Plötzlich herrschte Stille. Das Licht flackerte.
    » Autsch! «
     

Kyra fuhr herum und sah Nils umherhüpfen und seine Hand schütteln – das heruntergebrannte Streichholz hatte ihm die Fingerspitzen versengt. Jetzt lag das Hölzchen am Boden, die Flamme zuckte noch einmal und erlosch.
    Erneute Finsternis.
    »Kyra? Nils?«
    Aber das war doch … Chris’ Stimme!
    »Seid ihr hier irgendwo?«, fragte gleich darauf auch Lisa irgendwo im Dunkeln.
    Poltern ertönte, dann fluchten alle beide.
    »Wir sind hier«, sagte Kyra mit schwacher Stimme. »Wir sind … hier!«
    Nils riss das nächste Streichholz über die Schachtel, und diesmal gelang es ihm endlich, alle drei Kerzen zu entzünden.
    Chris und Lisa blinzelten. Beide waren über und über mit Ruß und Spinnweben bedeckt. Sie standen vor dem offenen Kamin und schauten sich irritiert um.
    »Wo ist –«, begann Lisa, aber Kyra fiel ihr ins Wort: »Fort.« Sie zog sich auf die Füße und taumelte zu Nils, half ihm beim Aufstehen. Chris und Lisa eilten auf die beiden zu.
    Nils starrte Kyra an. »Wie hast du das gemacht?«
    Sie berichtete allen dreien vom Schädel des Barons.
    »Woher hast du gewusst, welche Wirkung das auf das Biest haben würde?«, fragte Chris.
    »Ich hab’s nicht gewusst.«
    Nils fuhr sich entnervt mit beiden Händen durchs Haar. Ruß stob auf. »Sie hat’s nicht gewusst. Na, wunderbar.«
    Kyra lächelte ihn an. »Als ich das Gerippe im Zentrum des Pentagramms liegen sah, ist mir klar geworden, dass es ein Teil des Rituals gewesen sein musste. Versteht ihr? Der Baron hat sich selbst geopfert, um den Dämon heraufzubeschwören. Er hat seinen eigenen Tod in Kauf genommen – wohl in der Hoffnung, der Dämon würde ihn aus Dankbarkeit wieder zum Leben erwecken.« Sie zuckte grinsend die Achseln. »Für jemanden, der sich sein ganzes Leben mit Dämonologie beschäftigt hat, war er ganz schön gutgläubig.«
    »Verkalkt«, korrigierte Chris. »Der Kerl war … wie alt? Hundertdrei?«
    Lisa nickte. »So stand’s in Großvaters Aufzeichnungen.«
    Kyra fuhr fort: »Das Skelett war Teil des Rituals. In dem Moment, da der Schädel zerstört wurde, war die Beschwörung zunichte gemacht. Der Dämon wurde dorthin zurückgerissen, woher er gekommen war.«
    »Aber er ist nicht vernichtet, oder?«
    »Er ist fort. Das ist die Hauptsache«, sagte Kyra und fügte nach einem Moment etwas leiser hinzu: »Hoffentlich.«
    Nils wandte sich ab und ging über das Pentagramm zu den Überresten des Gerippes. Mit beiden Füßen begann er, die Knochen blindwütig zu Staub zu zertrampeln.
    Die anderen starrten ihn aus großen Augen an.
    »Nur zur Sicherheit«, meinte er atemlos.
    Noch immer sagte keiner ein Wort.
    Nils räusperte sich und schabte den Staub mit den Füßen zu einem Haufen zusammen.
    Dann fragte er verlegen: »Hat irgendwer hier unten einen Besen gesehen?«
     
    Zwei Tage später saßen Chris und Kyra in Tante Kassandras Teeladen. Von draußen drang plötzlich ein Scheppern herein.
    Lisa und Nils ließen ihre Fahrräder auf den Bordstein fallen und stürmten durch die Tür. Das Glöckchen über dem Eingang läutete Sturm.
    »Sie sind zurück!«, platzte Nils heraus.
    Kyra und Chris wurden stocksteif. »Die Dämonen?«
    Lisa lachte. »So ähnlich. Unsere Eltern.«
    Kyra warf Chris einen Blick zu. Beide seufzten erleichtert.
    Tante Kassandra kam mit einer dampfenden Teekanne aus dem Hinterzimmer. »Dachte ich mir doch, dass ihr zwei heute noch hier auftaucht. Ich hab extra ein paar Tassen mehr gekocht.« Wie üblich gab sie vor, den gequälten Gesichtsausdruck der Geschwister nicht zu bemerken. Ihre

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