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Sieben Siegel 10 - Mondwanderer

Sieben Siegel 10 - Mondwanderer

Titel: Sieben Siegel 10 - Mondwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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einer Freundin dieses Theater hier jeden Tag mitmachen muss, bin ich, ehrlich gesagt, ganz froh, dass ich noch keine hatte.«
    Lisa schluckte. Offensichtlich war sie gerade dabei, eine ziemliche Idiotin aus sich zu machen. Aber sie war nun mal so verdammt wütend! Und wenn es etwas gab, das sie im Moment nicht ertragen konnte, dann waren das altkluge Ratschläge von einem Jungen.
    Andererseits – dieser Junge war immerhin Chris! Der Chris, in den sie verknallt war, seit er zum ersten Mal in Giebelstein aufgetaucht war, damals, als sie alle die magischen Sieben Siegel empfangen hatten. Derselbe Chris, den sie schon eine halbe Ewigkeit heimlich anhimmelte – wäre da nicht ihre beste Freundin Kyra, für die Chris schwärmte. Zumindest glaubte Lisa das.
    Warum aber war er dann hergekommen? Chris wusste doch, dass ihr Bruder Nils krank im Bett lag und keinen Besuch bekommen durfte. Und Kyra war auch nicht hier. Bedeutete das vielleicht, Chris hatte sie – Lisa – allein treffen wollen?
    Sie straffte sich, räusperte sich kurz und setzte sich wieder mit angezogenen Knien auf den großen runden Stein, der an der Auffahrt zum Hotelvorplatz lag. Vor einer halben Stunde hatte sie hier noch lautstark mit Toby gestritten. Wenigstens waren sie dabei unbeobachtet geblieben. Und was noch wichtiger war: Niemand hatte sie belauschen können, weder Nils noch ihre Eltern, denen das Hotel auf dem Hügel südlich von Giebelstein gehörte.
    Hier, auf diesem Stein, hatte Toby sie einfach sitzen lassen – ganz buchstäblich übrigens, denn sie war nicht aufgestanden, als er wütend auf sein Rad gesprungen und im Nebel verschwunden war.
    Überhaupt, der Nebel. Sie konnte sich nicht erinnern, etwas Ähnliches schon einmal erlebt zu haben. Die Sicht reichte kaum drei Meter weit, dahinter verschwand alles in waberndem, milchigem Grau. Derart dichten Nebel kannte sie nur aus Filmen. Der Findling, auf dem sie saß, hätte ebenso gut auf dem Gipfel des Mount Everest liegen können – man sah weder das Hotel noch sonst irgendeinen Teil der Umgebung. Nur den großen runden Stein, ein paar Schritte von der Auffahrt und einige Quadratmeter Schotter rund um sie herum. Hätte sie sich nicht so geärgert, wäre ihr das vermutlich ziemlich bedrohlich vorgekommen. Jetzt aber fand sie das Wetter eigentlich ganz passend zu ihrer Stimmung. Und außerdem lieferte der Nebel einen guten Grund, das Thema zu wechseln. Schließlich hatte sie keine Lust, die Einzelheiten ihres kindischen Streits mit Toby vor Chris auszubreiten. »Wie kannst du bei der Suppe eigentlich mit dem Fahrrad fahren?«, fragte sie. »Man sieht ja kaum die Hand vor Augen.«
    Er grinste. »Glücksspiel.«
    »Ganz schön gefährlich.«
    »Gar nicht«, widersprach er. »In Giebelstein stehen die Autos still. Auf den Straßen fährt kein einziger Wagen. Alle haben Angst, dass sie bei der schlechten Sicht einen Unfall bauen.«
    »Und mit dem Fahrrad kann das nicht passieren?«, fragte sie zweifelnd.
    »Da hättest du erst mal sehen müssen, mit welchem Affenzahn Toby die Pappelallee runtergedonnert kam.«
    Sie keuchte. »Könnten wir dieses Thema vielleicht sein lassen?«
    »Sicher.«
    »Wo steckt eigentlich Kyra?«
    Chris seufzte. »Wo wohl? Im Stadtarchiv. Sie ist Herrn Fleck so lange auf die Nerven gegangen, bis er ihr erlaubt hat, in dem Buch ihrer Mutter zu lesen.«
    Lisa verdrehte die Augen. Seit Kyra in England erfahren hatte, dass ihre Mutter Dea noch am Leben war – wenn auch unerreichbar für sie in der Anderswelt –, tat sie alles, um so viel wie möglich über Deas tausendjährigen Kampf gegen Hexen und Dämonen zu erfahren. Ein Schlüssel dazu waren Deas eigene Aufzeichnungen, von denen Auszüge im Giebelsteiner Stadtarchiv aufbewahrt wurden. Mittlerweile verbrachte Kyra einen Großteil ihrer Freizeit im Bücherlabyrinth unter dem Marktplatz. Sie hatte großes Glück, dass Herr Fleck, der Archivar, bestens über Giebelsteins mysteriöse Vergangenheit Bescheid wusste.
    Und noch etwas hatte sich verändert: Seit Kyras Rückkehr aus der Anderswelt, wo sie an der Seite ihrer Mutter gegen die grausame Zauberkönigin Morgana gekämpft hatte, besaß Kyra keinen Schatten mehr. Beim magischen Wechsel von einer Welt in die andere war er spurlos verschwunden. Ganz gleich, wo Kyra sich auch aufhielt, ob unter einer Straßenlaterne oder im grellen Sonnenschein – ihr Körper warf nicht den Hauch eines Schattens.
    »Wie geht’s denn Nils?«, fragte Chris.
    »Seine Windpocken blühen und

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