Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman
Bachert ist?«, fragte sie ihn.
»Ich glaube, ich habe das Wort schon einmal irgendwo gelesen«, erwiderte Lukas und dachte angestrengt nach.
»Ich will nicht, dass wir uns trennen.«
»Zofia, wir haben die Hölle auf den Fersen. Wir haben nur noch bis morgen Zeit und keinen Zufluchtsort mehr. Lass uns hier die Zeit genießen, die uns noch bleibt.«
»Nein, ich beuge mich ihrem Willen nicht. Ich bin keine Figur in ihrem Schachspiel, und ich will den Schritt vollziehen, den sie nicht geplant haben. So aussichtslos die Sache auch scheinen mag – nichts ist unmöglich.«
»Aber was du da sagst, ist ein Wunder, und das ist wirklich nicht mein Fach …«
»Es sollte meines sein!«, sagte sie und erhob sich, um dem Zimmerkellner zu öffnen.
Sie unterschrieb die Rechnung, schloss die Tür und rollte den Teewagen ins Zimmer.
»Ich bin jetzt zu weit von ihrer Gedankenwelt entfernt, als dass sie mich hören könnten«, sagte sie und schenkte sich Kaffee ein.
Sie griff nach der Schale mit Müsli und gab drei Tütchen Zucker darüber.
»Willst du wirklich keine Milch?«, fragte Lukas.
»Nein, danke, dann wird alles weich.«
Sie sah aus dem Fenster auf die Stadt, die sich in der Ferne erstreckte, und spürte Zorn in sich aufsteigen.
»Ich kann diese Mauern um mich herum nicht betrachten und mir sagen, dass sie fortan unsterblicher sind als wir. Das macht mich rasend vor Wut.«
»Willkommen auf der Erde, Zofia!«
Lukas stand auf und ließ die Tür zum Badezimmer einen Spaltbreit offen. Zofia schob gedankenverloren das Tablett zurück. Sie erhob sich, lief im Wohnzimmer auf und ab, kam ins Schlafzimmer zurück und legte sich aufs Bett. Das kleine Buch auf dem Nachttisch erregte ihre Aufmerksamkeit, und sie sprang auf.
»Ich kenne einen Ort!«, rief sie Lukas zu.
Er steckte den Kopf durch die Tür.
»Ich kenne auch eine Menge Orte!«
»Ich scherze nicht, Lukas!«
»Ich auch nicht«, meinte er mit schelmischer Miene, »aber erzähl mir etwas davon.«
»Ich kenne einen Ort auf Erden, an dem ich für uns eintreten kann.«
Sie wirkte so traurig, so verwirrt und so zerbrechlich in ihrer Hoffnung, dass Lukas sich Sorgen zu machen begann.
»Und wo ist dieser Ort?«, fragte er mit ernster Stimme.
»Das wirkliche Dach der Welt, der heilige Berg, wo alle Kulturen zusammenleben und sich respektieren, der Berg Sinai. Ich bin sicher, dort oben kann ich noch mit meinem Vater sprechen und Er kann mich hören.«
Lukas sah auf die Uhr des Videorekorders.
»Erkundige dich nach den Flügen, ich ziehe mich an und bin gleich wieder da.«
Zofia stürzte sich auf das Telefon und wählte die Nummer der Flugauskunft. Das Band informierte sie, dass gleich ein Mitarbeiter für sie bereitstehe. Ungeduldig sah sie aus dem Fenster und bemerkte eine Möwe, die sich in die Lüfte schwang. Eine Weile später – noch niemand hatte ihren Anruf entgegengenommen – trat Lukas hinter sie, schlang die Arme um sie und murmelte:
»Mindestens fünfzehn Flugstunden, und dazu kommt noch der Zeitunterschied … wenn wir ankommen, können wir uns nicht einmal mehr am Flughafen verabschieden, sie werden uns längst getrennt haben. Es ist zu spät, Zofia, das Dach deiner Welt ist zu weit von hier entfernt.«
Der Telefonhörer sank auf die Gabel zurück. Sie drehte sich um, tauchte den Blick in den seinen, und sie küssten sich zum ersten Mal.
*
Ein ganzes Stück weiter im Norden ließ sich die Möwe auf einer anderen Balustrade nieder. In ihrem Krankenhauszimmer hinterließ Mathilde eine Nachricht auf Zofias Mailbox und legte auf.
*
Zofia wich einen Schritt zurück.
»Ich weiß einen Weg!«
»Du gibst nicht auf!«
»Die Hoffnung? Niemals! Ich bin darauf programmiert. Mach dich schnell fertig und vertrau mir.«
»Ich tue nichts anderes!«
Zehn Minuten später traten sie auf den Hotelparkplatz, und Zofia wurde klar, dass sie einen Wagen brauchten.
»Welchen?«, fragte Lukas und warf einen Blick auf die parkenden Autos.
Auf Zofias Bitte hin fand er sich damit ab, den unauffälligsten »auszuleihen«. Sie bogen sogleich auf den Highway 101, diesmal in nördliche Richtung. Lukas wollte wissen, wohin sie fuhren, Zofia aber, die in ihrer großen Handtasche nach ihrem Handy suchte, antwortete nicht. Sie hatte nicht die Zeit, die Nummer von Inspektor Pilguez zu wählen, um ihm zu sagen, er solle sich nicht bemühen, denn es läutete schon, und die Mailbox meldete sich:
»Ich bin’s, Mathilde. Ich wollte dir sagen, dass du dir keine Sorgen
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