Sieh mich an, Al Sony
waren das hier wirklich Ein-Megabit-Chips, aber auf der Packung sah ich nur eine Seriennummer und ein vertrautes Firmenlogo.
»Ich habe natürlich Rabatt bekommen«, sagte Charlie. »Zehn Cents auf den Dollar.«
»Und das hat er angenommen?«
»Der Typ war am Gewinnen. Er brauchte das Geld.«
»Wenn er am Gewinnen war, wieso hat er dann verloren?«
»Zweifel, meine Liebe. Ich habe die Saat des Zweifels in seinem Herzen gesät. Am Ende ist er zusammengeklappt.«
»Und wer war der arme Hund?«
»Ein Japaner. Nannte sich Al Sony. Muß auf einen Sprung von der Elektronikmesse herübergekommen sein.«
»Sony ist kein japanischer Name.«
»Mein Walkman sagt was anderes.«
»Morita hat den Namen vom lateinischen Sonus abgeleitet, als Markennamen für den westlichen Markt, und das >y< hat er drangehängt, weil es wie >Sunny< klingt. So, wie wenn du dich >Mr. Pepsi< nennst.«
»Hmmm. Das gefällt mir. Ah so. Ah... So... ny. Vielleicht hatte der arme Hund ja Humor, ’n Bier? Oder ’n Gin Tonic?«
»Bier.«
Charlie ging in die Küche und kam mit zwei Dosen Budweiser und ohne Gläser zurück. Er riß die Ringe ab, und wir stießen mit den Dosen an.
»Und, hast du Käufer?« fragte ich dann.
»Den Typen aus dem Flugzeug. Pal Kuthy.«
»Das soll wohl ein Witz sein.«
»Er sagte, er ist in der Elektronikbranche bei einem Laden namens AO Elektronix. Ich sagte: »Brauchen Sie Drams?< Er sagte: >Und wie.<«
»Wo sitzt er?«
»In Budapest.«
»Das schlag dir aus dem Kopf.«
»Wieso?«
»Du weißt, wieso. Cocom-Liste. Ostblock. Solche Chips sind Embargogüter.«
»Wo bist du gewesen, George? Das ist doch Quatsch. Wir haben Perestroika, wir haben Glasnost. Die ganze Welt verändert sich rasant. Reagan fährt nach Moskau.«
»Der ist auch kein High-Tech-Produkt.«
»Kuthy ist okay, verstanden?«
»Wie die Dinge liegen, könntest du die ganze Ladung per Anzeige verkaufen. Wieso das Risiko?«
»Ich sagte doch, er ist okay. Er verkauft PCs in Ungarn, und das ist legal. Er hat eine Filiale in Kalifornien, und er montiert in Fernost. Was ist da anders als bei anderen?«
»Mach, was du willst.«
»Mach’ ich auch.«
Ich ließ es gut sein, und das Schweigen kühlte unsere Gemüter.
»War es ein legales Spiel?« fragte ich schließlich.
»Ja.«
»Warum bist du nicht in Vegas geblieben und auf die Elektronikmesse gegangen, um sie da zu verkaufen?«
»Könntest du mal zuhören? Ich hatte keine Lust, mit Drams im Wert von einer Million in dieser Stadt rumzuhängen, während überall die Makler ihre Schwestern dafür eintauschen. Nenn es Angst, nenn es Abneigung. Ein paar von diesen Typen sind... ziemlich schwere Jungs. Jetzt kann ich sie an Kuthy verkaufen, Kinderspiel, während der Kurs weiter steigt..., und je schneller ich die Chips verkaufe, desto eher kriegst du dein Geld zurück.«
»Das hättest du mir schon früher zurückgeben können, bei dem, was du verdienst.«
»Ich hatte nicht nur bei dir Schulden.«
»Und ich stand vermutlich ganz unten auf der Liste.«
»George, das Schlimmste, was du mir an tun konntest, war, daß du gelegentlich vorbeikamst und meckertest, wenn du ein paar getrunken hattest. Aber du würdest dir niemals wertvolle Teile meiner Anatomie abschneiden.«
»Für die würde ich dir aber auch keine zwei Shilling leihen«, erwiderte ich. Charlie klappte den Deckel seines Aktenkoffers zu und schob ihn unter das Sola. Wir redeten eine Weile nicht, sondern tranken nur und taten, als sei alles in bester Ordnung.
»Deine Sicherheitsmaßnahmen sind beschissen«, sagte ich und brach erneut das Schweigen. Charlie stand auf und griff in die Gesäßtasche seiner Jeans. Sein Gesichtsausdruck war geschäftsmäßig.
»Ich hatte noch keine Zeit für entsprechende Arrangements. Aber jetzt hör zu. Hier ist meine Karte, und auf der Rückseite steht eine Nummer. Das ist ein Bankfach. Das ist der Schlüssel, und hier ist der Schlüssel zu meiner Wohnung.«
»Wieso gibst du die mir? Gib sie doch Debbie. «
Debbie war Charlies gelegentliche Freundin, eine Herstellungsassistentin in einem kleinen Verlag abseits der Poland Street, die sich meistens in verschiedenen Schattierungen von Schwarz und Weiß kleidete, eine Aufmachung, die aussah, wie ein Moderedakteur die Kleidung einer Kunststudentin interpretieren würde, wäre da nicht die Kleinigkeit eines unzureichenden Etats. Ihr Gesicht trug stets den Ausdruck schmollenden Ressentiments, als sei ihr Intellekt völlig niedergedrückt von der
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