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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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gewaltigen Last des Philistertums, das sie in der Gegenwart anderer ertragen mußte.
    »Ich will sie nicht beunruhigen«, sagte Charlie.
    »Du meinst, du traust ihr nicht.«
    »Nimm schon. Nur für den Fall, daß etwas passiert.«
    »Was soll denn passieren?«
    »Gar nichts. Nur für alle Fälle. Ich vertraue dir.«
    »Wie kommt’s?«
    »Weil ich dir fünfzigtausend schulde.«
    Früher einmal hatten die Mädels im Büro diesen Mann »süß« genannt. Viele hatten mit ihm geschlafen, weil er aussah wie ein verprügeltes Hündchen, und zu spät entdeckt, daß er nur ein Windhund war. Charlie sah zu, wie ich die letzten Tropfen aus der Dose nuckelte, und stand auf, um eine neue zu holen. Er bot mir eine Zigarette an, und ich nahm sie. Ich bemerkte, wie lässig ich zugegriffen und sie genommen hatte, nachdem ich monatelang um tabakfreie Frömmigkeit gekämpft hatte. Vielleicht gehörten das Kribbeln unter meiner Zunge und die Zigaretten zusammen. Charlie schnippte sein Edelstahl-Sturmfeuerzeug an. Ich inhalierte und atmete wieder aus, und ich hoffte, der Rauch würde den gierigen Ausdruck vernebeln, den ich mir nur mit Mühe verkneifen konnte. In mir prickelten feine Bläschen, und sie kamen nicht vom Bier. Die Spannung begann an meinen Nerven zu kitzeln. Okay, ich würde sitzen bleiben, wie man im Theater sagt, aber war die Story nun gut oder nicht?
    »Hast du keine Angst, zu verlieren? Wenn du nun eine Million verloren hättest?«
    »Ich wäre in körperliche und finanzielle Verlegenheit gekommen.«
    »Weiter nichts? In Verlegenheit?«
    Charlie sah mich an, und sein Gesicht zeigte keinen Hauch von Zweifel. »Ich habe Angst vor dem Verlieren, aber nicht davor, eine Million zu verlieren. Und ich habe ja auch nicht verloren. Al Sony hat verloren.«
    »Wie kam das?«
    »Ich habe ihn besser durchschaut als er mich.«
    Ich versetzte mich an Al Sonys Stelle. Charlie sah groß und kummervoll aus mit seinem dunklen Haar und den dunklen Augen in dem blassen Gesicht mit dem offenen Mund. Manchmal sah er aus, als ob er überhaupt kein Gehirn hätte — oder bestenfalls ein ganz kleines mit durchgebrannten Synapsen. Ja, wenn man ihn mit Strohhut, Karohemd und Latzhose ausstaffiert und Seth genannt hätte, wären einem sogleich Generationen von Inzucht in den Sinn gekommen. Aber Charlie war gerissen. Er liebte das Glücksspiel — mit Menschen, mit Märkten und auch mit Karten. Er war ein guter Journalist gewesen, aber als City-Redakteur der Technology Week hatte er seinen Job mit der unhaltbaren Position des Amateur-Fondsmanagers unseres geheimen Redaktions-Investmentclubs kombiniert. Zum Zeitpunkt des Börsenkrachs hatte er mit Elektronikaktien gehandelt und, technisch gesehen, Insider-Informationen genutzt; er hatte unser Fondskapital und noch mehr in Käufe investiert. Dann hatte er verkaufen müssen und fünfzigtausend Pfund verloren, als die Börse abgestürzt war. Dank unerwarteter Einkünfte hatte ich ihm aus der Patsche helfen können. Aber der Herausgeber, Max Winters, hatte von der Sache Wind bekommen und Charlie gefeuert. Ich hatte meine eigenen Gründe gehabt, zu kündigen. Aber seit jenen Lehrtagen hatte Charlie sehr gut für sich gesorgt, und er hatte ein paar Lektionen darüber gelernt, wie man im Geldspiel blieb und gewann und wie man zum rechten Zeitpunkt ausstieg, wie er es jetzt beim Poker getan hatte. Ich hatte noch nie etwas gewonnen — naja, zumindest nichts, was ich wirklich hatte haben wollen. Und jetzt kam Charlie und verlockte mich von neuem zu dem, was ich doch hinter mir hatte lassen wollen, nämlich zu Hinterlist und Intrige. Ich schwankte nur kurz. Ich konnte mir nicht helfen, ich wollte wissen, wer Al Sony war. Ich wollte wissen, wie er Computerchips im Wert von einer Million Dollar in die Finger bekommen und sie dann hatte verspielen können. Das war eine Story, aber es war nicht die erste, die ich schreiben würde.
    »Hast du also Glück, Charlie, oder bist du bloß gut?«
    »Ich bin gut. Verflucht gut.«
    »Wie hast du ihn geschlagen?«
    Charlie fing an zu strahlen, und seine Augen wurden ein bißchen glasig bei der köstlichen Erinnerung an jenen Augenblick; er sprach in der Gegenwart, als geschehe das alles noch einmal, als er mir detailliert beschrieb, welche Karten er gespielt hatte. Als er fertig war, nuckelte er an seinem Bier und sagte:
    »George, ich krieg ’n Ständer, wenn ich bloß dran denke.«
    »Nicht so, daß man’s merkt.«
    Charlie wartete einen Moment und stürzte sich dann

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