Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)
Lernprogramme fahren …»
Roadrunner wedelte mit der Hand in der Luft. «Das habe ich heute früh schon erledigt.»
Knurrend verschränkte Harley die gewaltigen Arme vor der Brust. «Gut, gut, dann bringen wir das also noch irgendwie unter. Hurra! Aber unterm Strich traue ich dem Typen trotzdem nicht über den Weg. Ich will nicht arbeiten müssen, während er mir über die Schulter schaut. Und ich will ihn auch nicht in meinem Haus haben.»
Roadrunner zuckte die Achseln. «Also, ich mochte ihn irgendwie.»
«Ja, aber du bist ja auch eine Pappnase.»
«Außerdem haben wir hier in dieser Küche mehr Schurkenradar versammelt als in sämtlichen Polizeidienststellen von Minnesota. Wenn der Typ nicht sauber ist, merken wir das spätestens nach einer Stunde.»
Das brachte ihm ein weiteres Harley’sches Schnauben ein. «Ach ja? Wir haben immerhin zehn Jahre gebraucht, um rauszufinden, wer uns an den Kragen will. Unsere Menschenkenntnis ist nicht gerade legendär.»
Man konnte nicht sagen, dass Grace das Gesicht verzogen hätte. Ihre Miene wurde einfach nur starr und blieb so. Als Frau, die ihr ganzes Leben damit zugebracht hatte, Gefahren zu wittern und abzuwehren, wurde sie nur ungern daran erinnert, dass sie einmal die ganze Welt ausgesperrt, die Gefährlichsten von allen aber in ihrer unmittelbaren Nähe behalten hatte. Es hatte sie damals alle fast das Leben gekostet, und daran war sie schuld gewesen. Sie allein. «Wann kommt er denn?»
«In einer Stunde.» Harley nahm einen braunen Umschlag vom Frühstückstresen und hielt ihn Annie hin. «In der Zwischenzeit sind Roadrunner und ich ein bisschen über die Websites gesurft, die die Schwachköpfe bei dem Seminar für uns markiert haben. Das haben wir heute früh auf einer davon gefunden.»
Annie öffnete den Umschlag und zog einen ausgedruckten Screenshot heraus. «Ach du guter Gott! Ist das eine echte Leiche?»
Harley zuckte die Achseln. «Kann man nicht sicher sagen. Wir haben nach Spuren von Photoshop-Bearbeitung gesucht und keine gefunden, aber das heißt noch nicht, dass das Ganze nicht inszeniert ist. Mensch, das haben wir doch damals für Serial Killer Detective auch so gemacht, und selbst die Bullen sind drauf reingefallen. Wir haben Smith benachrichtigt, damit er das Ding kassiert und es an die Cyberkriminalisten und die ganzen Nerds, die er angeheuert hat, weitergibt, aber es sieht nicht gut aus. Die ISPs wechseln viel zu schnell, um sie zurückzuverfolgen.»
«Genau wie bei den geposteten Morden aus den fünf Städten», sagte Roadrunner.
«Deswegen muss das hier noch lange nicht echt sein», wandte Grace ein. «Die Fetisch- und Pornoseiten verstecken sich auch von Tag zu Tag besser. Manche dieser Netzwerke sind so ausgeklügelt, dass jedes militärische Manöver daneben alt aussieht.»
Annie hielt ihr das Foto mit spitzen Fingern hin, als wäre es ein giftiger Pilz. «Echt oder nicht, das ist doch einfach krank. Jemand muss dafür sorgen, dass das aufhört.»
Grace nickte. «Ja. Und zwar wir.»
Kapitel 6
Als es um fünf nach neun klingelte, schoss Harley Davidson wie eine Interkontinentalrakete von seinem Stuhl, um den Unhold vom FBI abzufangen, der da vor seiner Haustür stand.
«Meine Güte, Harley, nun beruhig dich mal», schimpfte Annie ihm hinterher. «Du bist ja nervöser als eine Katze mit langem Schwanz unterm Schaukelstuhl. Nachher glaubt der Mann noch, du bist auf Meth.»
Harley warf einen bösen Blick über die Schulter. «Kein Wort von Drogen», zischte er.
«Jetzt hast du eindeutig den Verstand verloren. Du Idiot hast doch nicht mal eine Schachtel Aspirin im Medizinschrank, und soweit ich weiß, gilt der Besitz von Multivitaminpräparaten nicht als Straftat.»
Harley schnitt eine Grimasse und öffnete dann die beiden gewaltigen Türflügel. John Smith trug den obligatorischen blauen Anzug und eine geschäftsmäßige Miene. Sein furchiges Gesicht war nicht sonderlich gut gealtert, es ließ ihn ein wenig bedrohlich wirken und sehr viel älter als siebenundfünfzig, das Alter, in dem man beim FBI zwangspensioniert wurde. «Guten Morgen, Mr Davidson.» Sein Blick streifte die leere Bierflasche, die Harley in der Hand hielt, er sagte jedoch nichts dazu. Das verabscheute Harley besonders an Bullen und FBI-Schnüfflern: Ihre Augen waren immer viel zu übereifrig.
Er deutete mit dem Daumen in die geräumige Diele. «Wir sind drüben im Frühstücksraum und schauen uns ein paar Sachen von den verdächtigen Sites an, auf die Sie
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