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Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Titel: Sieh mir beim Sterben zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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fühlte sie sich nie richtig sicher. Harley wusste das und rief ihr hin und wieder in Erinnerung, dass er ein Fallgitter vor der Einfahrt hatte und genügend Waffen, um einen Kleinstaat damit auszurüsten. Aber er hatte nicht genug Überwachungskameras und kein Pressure-Pad-Alarmsystem auf der Veranda, und er trug nicht einmal mehr ständig eine Waffe oder hielt Ohren und Augen ununterbrochen auf alles gespitzt, was auch nur ansatzweise aus dem Rahmen fiel.
    Harley kam einfach nicht los von der absurden Vorstellung, dass die meisten Menschen im Grunde gut waren. Er hielt den UPS-Boten nicht für einen Terroristen und den Briefträger nicht für einen Psychopathen. Das tat keiner von ihnen. Nur Grace.
    Aufgrund dieser unterschiedlichen Sichtweisen saß Grace an diesem Morgen auch an ihrem Computer und rechnete mit dem Schlimmsten, während Harley, Roadrunner, Annie und Special Agent John Smith wie die Wilden darum rangelten, den Hauptpreis zu erhaschen und das Gute doch noch über das Böse triumphieren zu lassen. Sie konnten eben nicht anders, als daran zu glauben, dass sie eine Chance hatten. Dass sie mit ein bisschen Zeit schon herausfinden würden, wer Berts Bardame in einer Stadt der Rosen nicht weit vom Tier war, bevor die Betreffende einem Mörder zum Opfer fiel.
    «Okay, okay.» Harleys donnernde Stimme hallte durch den Raum. «In Portland gibt es schon mal keinen Bert mit einer Schanklizenz, was aber noch nichts heißen muss. Vielleicht handelt es sich ja um eine vererbte Lizenz, und der Laden läuft nicht auf den aktuellen Eigentümer … Annie, kannst du mal in der Gastwirtverordnung für Portland nachsehen, wie das da mit den Lizenzen ist?»
    «Schon dabei.» Annie hämmerte mit flachen Fingerkuppen auf ihre Tastatur ein, um sich die Nägel nicht abzubrechen. Trotz des heutigen rotbraunen Seiden-Ensembles waren sie noch perlmuttfarben lackiert, ein Überbleibsel des gestrigen Gatsby-Outfits, trauriges Zeugnis dafür, wie wenig Zeit Annie geblieben war, sich zurechtzumachen, als Roadrunner sie in heller Panik geweckt hatte. Sie trug ein kurzes federbesetztes Jäckchen zur weiten, flatternden Hose und hatte glücklicherweise noch daran gedacht, ihre Riemchensandalen überzustreifen, sonst hätte sie völlig derangiert gewirkt. Jetzt war sie ganz auf ihre Aufgabe konzentriert und blendete die Kommandos aus, die Harley den anderen zubellte.
    «Portland war immer die Rosenstadt, aber vielleicht ist das ja zu einfach. Assoziieren wir doch noch ein bisschen. Wenn wir die offiziellen Beinamen mal weglassen – an welche Städte muss man bei Rosen noch denken?»
    «Pasadena», ließ sich Agent John Smith vernehmen. «Die Rosenparade.»
    «Genau. Gehen Sie da mal die Lizenzen durch und schauen Sie, ob Sie einen Bert finden. Sonst noch was? Roadrunner?»
    «Austin, so komisch das jetzt klingt. Da wimmelt es doch von Rosenzüchtern.»
    «Scheiße!» Harley schlug sich an die Stirn. «Sämtliche Rosen, die ich für den Garten bestellt habe, waren von Jackson und Perkins. Wo zum Teufel sitzen die? Ich hab’s. Medford in Oregon. Kannst du dich darum kümmern, Grace?»
    «Ich bin hier gerade an was anderem dran», sagte Grace, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen.
    «Gut, dann mach ich das selbst …»
    Und sie arbeiteten alle weiter.
    Zehn Minuten später klatschte Harley in die Hände und posaunte: «Halleluja! Hier ist ein Bert mit einer Schanklizenz in Medford. Chesterfield’s heißt der Laden.»
    «Haben Sie die Nummer der Polizeidienststelle in Medford?» John Smith hatte bereits sein Handy gezückt und tippte die Ziffern ein, die Harley herunterrasselte.
    Grace schob seufzend ihren Schreibtischstuhl zurück, schaute dabei aber immer noch auf den Bildschirm. «Moment noch. Erst solltet ihr euch das hier ansehen.»
    Und FBI-Agent John Smith beobachtete verwundert, wie sich alle anderen langsam von ihren Plätzen erhoben und sich um Graces Schreibtisch scharten. Keine Fragen, kein Zögern. Wenn Grace MacBride ihnen sagte, dass sie sich etwas ansehen sollten, ließen sie sofort alles andere stehen und liegen. Der Bildschirm ihres Computers war schwarz. Sie sah alle der Reihe nach an, die Hand an der Maus. «Seid ihr so weit? Es ist kein schöner Anblick.»
    «Los», sagte Smith.
    Der Film war auffallend scharf und kaum verwackelt; anscheinend war er nicht mit einer billigen Handkamera aufgenommen. Ein Kameraschwenk zeigte einen menschenleeren Parkplatz, rings umgeben von dichtem Fichtenwald. An einem Mast war

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